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01 - Nacht der Verzückung

01 - Nacht der Verzückung

Titel: 01 - Nacht der Verzückung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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war, und sie wusste genau, was das zu bedeuten hatte. Ohne
Einwände nahm sie seinen Arm und erlaubte ihm, sie in den Speisesaal zu führen,
wo er das Glück hatte, zwei Plätze an einem Tisch zu finden, der sich etwas
abseits von den anderen Gästen befand. Er ließ sie Platz nehmen und brachte ihr
ein Tablett mit Essen und eine Tasse Tee.
    »Lily«,
sagte er, als er sich neben sie setzte und dem Impuls widerstand, ihre Hand zu
nehmen, »wie geht es dir?«
    »Es
geht mir sehr gut, danke, Mylord«, sagte sie. Ihre Augen, die ihn während des
Tanzes unentwegt angelächelt hatten, waren starr auf sein Kinn gerichtet.
    »Du
siehst bezaubernd aus«, teilte er ihr mit. »Aber um dein Haar könnte ich
weinen.«
    Daraufhin
hob sie den Blick und in dem Amüsement, das ihre Augen erhellte, konnte er die
alte Lily erkennen. »Dolly hat geweint, das dumme Mädel«, sagte sie, »bis ich
ihr versprach, dass ich ihre Dienste auch in Zukunft noch benötigen würde. Sie
pflegte sich Stunden mit meinem Haar zu beschäftigen. Allerdings hat sie noch
immer alle Hände voll zu tun. Ich bügle meine Kleider nicht mehr selbst und
mache auch keine Änderungen oder Ausbesserungen mehr.«
    »Und du
machst auch nicht mehr selbst dein Bett oder hilfst, Kartoffeln zu schälen und
Zwiebeln zu schneiden?«, fragte er.
    »All
diese Dinge«, stimmte sie zu. »Eine Dame tut so etwas nicht.«
    »Es sei
denn, dass sie sich dazu entschließt«, sagte er lächelnd.
    »Sie
ist zu beschäftigt mit anderen Dingen«, ließ sie ihn wissen.
    »Ist
sie das?«, fragte er. »Zum Beispiel?«
    Aber
sie wollte ihm nicht erzählen, was sie während des letzten Monats so
beschäftigt hatte - abgesehen davon, dass sie ihr Haar geschnitten und
gelernt hatte, wie eine Dame zu tanzen und sich auch so zu verhalten. Sie
wechselte das Thema.
    »Ich
danke Euch, Mylord, dass Ihr das Geld, das ich mir von Captain Harris geborgt
hatte, zurückgezahlt habt«, sagte sie, »obwohl Ihr dazu nicht verpflichtet
wart. Ich war einige Male bei ihnen. Elizabeth sagte, dass sie gern auf mich
verzichtet, wenn ich sie besuche.«
    »Ist
sie eigentlich eine strenge Lehrmeisterin?«, fragte er.
    »Natürlich
nicht«, sagte sie. »Würde ich Euch beleidigen, Mylord, wenn ich mich anbiete
zurückzuzahlen, was Ihr Captain Harris geschickt habt, sobald es mir möglich
ist?«
    »Es
würde mich beleidigen, Lily«, sagte er und fügte eine weitere Wahrheit hinzu.
»Ich wäre verletzt, mein Liebes.«
    Sie
nickte. »Ja«, sagte sie. »Das dachte ich mir. Also werde ich nicht darauf
bestehen.«
    »Danke«,
sagte er.
    Er
bemerkte, dass sie in ihrem Essen gestochert hatte. Er dagegen hatte seins
nicht einmal angerührt.
    »Darf
ich dich besuchen, Lily?«, fragte er. »Morgen Nachmittag?«
    »Warum?«
Sie blickte ihm wieder gerade in die Augen. Ihre Frage erschütterte ihn. Würde
sie nein sagen?
    »Ich
habe etwas für dich«, sagte er. »Es ist eine Art Geschenk.«
    »Ich
kann keine Geschenke von Euch annehmen, Mylord.«
    »Dies
ist etwas anderes«, versicherte er ihr. »Es ist nichts Persönliches. Du wirst
es sicherlich annehmen und dich darüber freuen. Darf ich es dir selbst bringen
und in deine Hände legen? Bitte?«
    Ihre
Augen erhellten sich für einen Moment mit etwas, das wie Tränen aussah, aber
sie senkte den Blick, bevor er sicher sein konnte. »Also gut«, sagte sie, »wenn
Elizabeth Euren Besuch gestattet. Ihr dürft nicht vergessen, Mylord, dass ich
ihre bezahlte Gesellschafterin bin.«
    »Ich
werde sie um Erlaubnis bitten«, sagte er und konnte dem Drang nicht mehr
widerstehen, sich ihrer Hand zu bemächtigen und sie kurz an die Lippen zu
pressen. »Lily, mein Liebes ...«
    Ihre
Augenlider schlossen sich diesmal etwas schneller, aber nicht so schnell, als
dass er sich nicht ihrer heimlichen Tränen hatte versichern können. Er zwang
sich, nicht auszusprechen, was er sagen wollte. Selbst wenn ihre Gefühle immer
noch vorhanden waren, wusste er, dass sie vor seinem Werben nicht leichtfertig
kapitulieren würde. Liebe oder ein Mangel an Liebe hatte nur wenig mit ihrer
Ablehnung zu tun. Solange sie keine gemeinsame Welt gefunden hatten, in der
sie zusammen leben konnten, und solange sie nicht als Gleichgestellte auftreten
konnten, würde sie ihn ablehnen, selbst wenn er sie die nächsten fünfzig Jahre
lang jede Woche fragen würde.
    Aber
ihre Gefühle waren noch vorhanden. Da war er sich sicher. Es war eine sowohl
schmerzvolle als auch ermutigende Entdeckung. Zumindest gab es immer noch

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