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01 - Nacht der Verzückung

01 - Nacht der Verzückung

Titel: 01 - Nacht der Verzückung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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Grange auf, nur ein paar Meilen
von Leavenscourt entfernt. Calvin Dorsey war ihr Cousin. Und deine Mutter war
einst ihre Kammerzofe.«
    Lily
blieb abrupt stehen. Sie starrte ihn an und bemerkte nicht einmal die anderen
Theaterbesucher, die beinahe mit ihnen zusammenstießen und gezwungen waren, um
sie her umzugehen. Plötzlich bekam sie ohne ersichtlichen Grund große Angst.
    »Woher
wisst Ihr das?«, fragte sie beinahe flüsternd.
    »Ich
habe mit ihrer Schwester gesprochen«, sagte er. »Einer weiteren Tante.«
    In der
vergangenen Woche hatte Lily einiges über die Wurzeln ihrer Eltern erfahren.
Und sie hatte soeben entdeckt, dass beide noch lebende Familienmitglieder
hatten. Sie war auf der Welt nicht ganz so allein, wie sie gedacht hatte. Aber
anstatt zu frohlocken, war ihr Verstand von Unbehagen aufgewühlt -
schlimmer als Unbehagen. Sie konnte das Gefühl nicht genau beschreiben. Wovor
genau - vor wem genau hatte sie Angst?
    »Ich
denke«, sagte Seine Gnaden, »es ist an der Zeit, in die Loge zurückzukehren.
Der zweite Akt wird in Kürze beginnen.«
    ***
    Lily hatte
Elizabeth unglaublich gern, in ihren Augen verkörperte sie all die verfeinerten
Qualitäten einer wahren Dame. Lily respektierte und bewunderte sie. Darüber
hinaus war sie sich der Tatsache bewusst, dass sie Elizabeths Angestellte war,
die für ihr sehr großzügiges Gehalt so gut wie keine Arbeit verrichten musste.
Elizabeth verlangte lediglich, dass Lily sich dem Unterricht widmete, von dem
sie geträumt hatte, und dass sie ihr neues Wissen und ihre neu erworbenen
Fähigkeiten erkennen ließ, indem sie mit ihrer Arbeitgeberin an gewissen
gesellschaftlichen Ereignissen teilnahm.
    Lily
hatte sehr hart gearbeitet, sowohl um ihretwillen als auch ihrer Arbeitgeberin
zuliebe. Und sie war erfreut über die Ergebnisse, wenn auch ein wenig
ungeduldig angesichts der Schwerfälligkeit, die sich in manchen Bereichen
eingestellt hatte. Aber manchmal wurde die Sehnsucht nach ihrem früheren Leben
beinahe unerträglich. Manchmal konnte sie einfach nicht anders, als dem
Bedürfnis nachzugeben, draußen zu sein, in Verbindung mit der Natur, und in
ihre eigene Welt, innerer Ausgeglichenheit zu entschwinden. Der Hydepark war
kein wirklicher Ersatz für eine ländliche Umgebung, lag er doch inmitten der
derzeit größten, geschäftigsten Stadt der Welt. Und die meiste Zeit des Tages
diente er als elegantes Ausflugsziel der beau monde, die es schätze,
dort zu flanieren, um zu sehen und gesehen zu werden und um die neuesten
Gerüchte auszutauschen. Aber Lily hatte zeit ihres Lebens kaum idyllische
Bedingungen gekannt, um die Natur zu genießen. Sie war es gewohnt zu sehen, was
sie sehen wollte, und derweil die Welt um sie herum für kostbare Augenblicke zu
vergessen. Und in den frühen Morgenstunden konnte man den Hydepark fast schon
idyllisch nennen.
    Seit
ihrer Ankunft in London hatte sich Lily einige wenige Male kurz nach der
Morgendämmerung aus dem Haus geschlichen, um ganz für sich allein eine Stunde
der Ruhe zu genießen, bevor die Unterrichtsstunden und das geschäftige Treiben
des Tages begannen. Sie hatte Elizabeth nie davon erzählt und falls diese es
wusste, so schwieg sie darüber. Denn hätte sie zugegeben, dass sie es wusste,
hätte sie sich verpflichtet gefühlt, darauf zu bestehen, dass Lily ein
Dienstmädchen oder einen Diener mitnahm. Und hätte damit das Ganze zerstört.
    Lily
ging am Morgen nach dem Theaterbesuch in den Park. Es war ein kühler Morgen,
ein wenig neblig, aber mit der Verheißung eines weiteren bezaubernden Tages.
Kaum jemand war unterwegs. Lily mied die Wege und lief über das vom Tau
benetzte Gras. Sie war versucht, ihre Schuhe und Strümpfe auszuziehen, aber sie
tat es nicht. Leider Gottes gab es Anstandsformen, die beachtet werden mussten.
Der Park war schließlich nicht völlig verlassen. Es gab ein paar Händler, die
in morgendlichen Geschäften umhereilten, und gelegentlich galoppierte ein
Reiter über die Wege.
    Lily
legte den Kopf in den Nacken, um in die Baumwipfel zu schauen, und füllte ihre
Lungen mit der frischen Luft. Sie versuchte den Kopf freizubekommen, in dem
sich Unwohlsein und Heiterkeit in einem derart verwirrenden Ausmaß mischten,
dass sie in der Nacht immer wieder aufgewacht war - und auch der alte
Alptraum hatte sich wieder eingestellt.
    Sie
konnte nicht begreifen, warum das, was sie gestern Abend erfahren hatte, sie so
sehr ängstigte. Vielleicht lag es nur daran, dass sie seit Jahren in dem
Bewusstsein

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