01 - Nacht der Verzückung
plante er, einige Zeit mit Lily allein zu
verbringen. Er hatte sie fast zwei Wochen lang sehr zärtlich und zurückhaltend
umworben. Er hatte vor, ihr bei Vauxhall ernsthaft den Hof zu machen. Er war
nicht ohne Hoffnung auf Erfolg. Er erinnerte sich mit verhaltenem Atem an den
Nachmittag beim Juwelier und bei Gunther's. Sie war an jenem Nachmittag
entspannt und glücklich gewesen - glücklich, mit ihm zusammen zu sein.
Er
betete um gutes Wetter.
Und
seine Gebete wurden erhört. Der Tag war heiß und sonnig gewesen, wenn auch ein
wenig windig. Als der Abend kam, legte sich der Wind, um genau die Bedingungen
zu schaffen, die Neville für Vauxhall bestellt hätte, hätte er darauf Einfluss
gehabt.
Sie
überquerten die Themse im Boot - ein langsamer, jedoch ausgesprochen
malerischer Weg, sich Vauxhall Gardens zu nähern. Neville nahm im Boot neben
Lily Platz, während Elizabeth vor ihnen saß - Portfrey, der für einige
Tage die Stadt verlassen hatte, war für heute zurückerwartet worden, aber noch
nicht erschienen. Joseph saß hinter ihnen und flirtete diskret mit Lady Selina
Rawlings, seiner derzeitigen Herzensdame und Begleiterin für den Abend unter
dem Schutz von Elizabeth. Captain Harris und seine Frau saßen im Bug des
Bootes. Bunte Lichter schimmerten aus den Gärten über das Wasser. Es wurde
gerade dunkel.
»Nun,
Lily?« Neville neigte den Kopf zu ihr, um ihr ins Gesicht sehen zu können.
»Es ist
Magie«, sagte sie.
Und das
war es - Magie, die die beiden verzaubern und nicht mehr loslassen
sollte, bis die Nacht vorüber war, und vielleicht nicht einmal dann.
Er
reichte Lily den einen, Elizabeth den anderen Arm und gemeinsam betraten sie
Vauxhall Gardens und machten sich auf den Weg in die von ihm reservierte Loge,
die sich wie die anderen in der Nähe des Orchesters befand, wo die Musiker
gerade ihre Instrumente stimmten. Es würde Tanz geben an diesem Abend.
»Hast
du schon einmal unter den Sternen getanzt, Lily?«, fragte er, nachdem alle in
der Loge Platz genommen hatten und er Essen und Trinken bestellt hatte.
»Natürlich«,
sagte sie. »Erinnerst du dich nicht mehr an unsere Tänze?«
In der
Armee? Ja, da hatte es so etwas häufig gegeben. Die Offiziere hatten ihre
eigenen Tanzvergnügungen gehabt, besser organisiert, förmlicher und nicht
annähernd so unterhaltsam wie die Tänze an den Lagerfeuern oder in irgendeiner
schlichten Scheune, hatte Neville immer gedacht. Er hatte es sich zur
Gewohnheit gemacht, manchmal dabeizustehen und zuzuschauen. Um seinen Männern
nicht den Spaß zu verderben, hatte er niemals mitgemacht und eine Partnerin
beansprucht, wo es ohnehin schon zu wenig Frauen gab.
»Doch,
ich erinnere mich.« Er lächelte sie an. »Aber hast du unter den Sternen schon
Walzer getanzt? Kennst du den Walzerschritt?«
»Ich
darf ihn nicht tanzen«, sagte sie zu ihm. »Ich muss erst von einer der Damen
bei Almack's eingeführt werden - obwohl ich zu behaupten wage, dass das
niemals geschehen wird.«
Er
beugte sich etwas näher zu ihr und was er sagte, war nur für ihre Ohren
bestimmt. »Aber dies hier ist kein formeller Ball, Lily. Diese Regeln gelten
hier nicht. Heute Nacht wirst du Walzer tanzen - mit mir.«
Ihre
Augen sagten ihm, dass sie es wollte. Und sie sagten ihm noch viel mehr. Es lag
eine gewisse tiefe Sehnsucht darin - er war sicher, dass er den Ausdruck
nicht missverstand.
Und
dann bemerkte er ihr Medaillon.
»Hast
du es heute zum ersten Mal wieder angelegt?«, fragte er und berührte es kurz.
»Ja.«
»Dann
ist das also ein besonderer Anlass, Lily?« Er sah ihr in die Augen.
»Ja,
Neville.«
Seltsam,
dachte er, wie sein Name auf ihren Lippen zu der intimsten Liebkosung wurde.
Für
eine Weile gab es keine Gelegenheit mehr zu einem persönlichen Gespräch. Essen
und Trinken waren gekommen, - das Orchester hatte angefangen zu spielen
und die Gespräche kreisten um allgemeine Themen.
Als der
Tanz begann, führte Neville zuerst Elizabeth auf die Tanzfläche und
anschließend Mrs. Harris. Doch der dritte Tanz war ein Walzer und die Zeit der
allgemeinen Geselligkeit war zu Ende. Die Zeit der Romantik war angebrochen.
»Du
kannst nicht wissen«, sagte Lily, als sie eine Hand auf seine Schulter legte
und die andere in seine Hand, »wie sehr ich mich danach gesehnt habe, Walzer zu
tanzen vielleicht weil ich glaubte, dass ich nie die Gelegenheit bekommen
würde.«
»Mit
mir, Lily?«, flüsterte er. »Hast du davon geträumt, mit mir Walzer zu tanzen?«
Ihr
Augen
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