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01 - Nacht der Verzückung

01 - Nacht der Verzückung

Titel: 01 - Nacht der Verzückung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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Euch beim Ankleiden helfen, Mylady«, sagte Dolly zu ihr.
    »Mir
helfen? Wozu?«, fragte Lily.
    Dolly
antwortete nicht. Sie zeigte auf Lilys abgetragene Schuhe, das einzige Paar,
das sie besaß. Mrs. Harris hatte ihr auch diese Schuhe gekauft, aber sie hatte
Lily gesagt, dass die Armee sie bezahlen würde. Nach Mrs. Harris' Meinung
schuldete die Armee Lily etwas. Die Armee hatte auch ihre Tasche bezahlt und
die Schiffspassage, die sie nach England gebracht hatte.
    »Ich
habe sie aufpoliert, Mylady«, sagte Dolly. »Aber Ihr braucht neue, wenn Ihr
mich fragt.«
    »Ich
glaube, da brauche ich nicht zu fragen«, sagte Lily, während sie sich zügig
anzog. Sie fühlte sich merkwürdig heiter. »Es wird nicht mehr lange dauern und
ich werde einen Schritt nach vorne machen und meine Schuhe werden sich dazu
entschließen zu bleiben, wo sie sind, und das wird ihr Ende sein.«
    Lily
konnte sich nicht daran erinnern, wie lange es her war, dass sie so ausgelassen
gelacht hatte - bis zu diesem Tag, als sie und Dolly gemeinsam lachten.
    »Ihr
habt eine hübsche Figur, Mylady«, sagte Dolly und betrachtete sie prüfend, als
sie angezogen war. »Klein und zierlich, nicht so knochig und schlaksig wie ich.
Ihr werdet bezaubernd aussehen, wenn erst all Eure Koffer eingetroffen sind.«
    »Aber
ich wünschte, ich hätte etwas von deiner Größe abbekommen«, sagte Lily mit
einem Seufzer. »Gibt es hier irgendwo ein Band, Dolly, mit dem ich mein Haar
zurückbinden könnte? Ich glaube, ich habe sämtliche Haarnadeln verloren.«
    »Oh,
ein Band wird nicht genügen, Mylady.« Dolly klang entsetzt. »Nicht zum Tee. Ihr
setzt Euch jetzt hier auf diesen Hocker -hierher, und die Tasche legen
wir auf diesen Stuhl - und ich werde Euch frisieren. Ihr braucht Euch
keine Sorgen zu machen, dass ich Euch verunstalten werde. Ich habe manchmal
Lady Gwendolines Haar frisiert, bevor sie ins Witwenhaus zog, und letzte Nacht
habe ich sogar Lady Elizabeths Haar gerichtet, als sich während des Balles
einige Strähnen lösten und ihre Zofe nirgends zu finden war. Sie sagte, ich
habe es gut gemacht. Ich wollte immer schon Kammerzofe werden, nicht bloß
Zimmermädchen. Das ist mein großes Ziel, Mylady. Ihr habt wunderschönes Haar.«
    Lily
setzte sich hin. »Ich weiß nur nicht, was ich damit anfangen soll, Dolly«,
sagte sie unsicher. »Es ist hoffnungslos lockig und widerspenstig wie ein
Gestrüpp. Heute ist es noch unbändiger als sonst, weil es frisch gewaschen ist.
Oh, ein völlig neues Erlebnis -mich hat noch nie jemand frisiert.«
    Dolly
lachte. »Was für lustige Witze Ihr macht, Mylady«, sagte sie. »Ich kenne Leute,
die würden für solche Locken töten. Seht nur, wie sie sich hochstecken lassen
und halten, ohne zusammenzufallen wie ein Laib Brot, wenn man die Ofentür zu
früh öffnet. Und ooh, seht nur, Mylady, wie es sich ohne Wickler in kleine
Löckchen legen lässt. Ich würde für solche Haare töten.«
    Lily
beobachtete im Spiegel, wie aus ihrer wilden Haarpracht eine Frisur wurde, und
ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen. »Wie geschickt du bist«, sagte sie. »Du
hast erstaunliche Fähigkeiten, Dolly. Ich hätte es nicht für möglich gehalten,
dass man mein Haar bändigen kann.«
    Dolly
errötete vor Freude und platzierte die letzte Haarnadel. Sie nahm einen kleinen
Handspiegel und hielt ihn in verschiedenen Winkeln hinter Lily, sodass sie sich
von allen Seiten betrachten konnte.
    »Das
sollte zum Tee reichen, Mylady«, sagte sie. »Für heute Abend werden wir etwas
Außergewöhnliches brauchen. Ich lasse mir etwas einfallen. Ich hoffe, dass Eure
Zofe nicht allzu schnell ankommt, aber ich sollte nicht so selbstsüchtig sein.«
Während sie sprach, bauschte sie die kurzen Puffärmel an Lilys Kleid auf und
beobachtete den Effekt im Spiegel. »Fertig, Mylady. Nun seid Ihr bereit, wenn
Seine Lordschaft kommt.«
    Nicht
gerade ein tröstlicher Gedanke. Er wollte sie zum Tee abholen. Was genau
hatte das zu bedeuten? Aber es war keine Zeit zum Nachdenken. Fast im gleichen
Augenblick klopfte es an einer der drei Türen des Ankleidezimmers und Dolly
ging hin, um zu öffnen - sie schien genau zu wissen, um welche Tür es
sich handelte. Lily stand auf.
    Er
hatte seinen hellen Hochzeitsstaat abgelegt. In dem dunkelgrünen Rock, den er
jetzt trug, sah er viel vertrauter aus, obwohl er weitaus aufwendiger
geschneidert war und viel besser saß als seine Schützenjacke. Er betrachtete
sie kurz von Kopf bis Fuß und verbeugte sich vor ihr.
    »Du
siehst

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