0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste
warfen ihn ins Meer. So sah es nach einem perfekten Unglücksfall aus.«
»War Surviel schon tot, als sie ihn ins Meer warfen?«
»Möglich oder auch nicht. Sie konnten fast alles mit ihm machen, bevor sie ihn ins Wasser warfen, außer ihn mit einer Kugel zu töten. Alle Gewaltspuren an seinem Körper mussten auf die Gewalt der Wellen zurückgeführt werden. Und ich denke, wir informieren uns jetzt darüber, wem der Wagen mit der Nummer AF 43 604 gehört.«
»Ist das die Nummer des Wagens, dem wir auf der Küstenstraße begegneten?«
»Genau! Erinnerst du dich, dass der Wagen langsam fuhr, als wir ihm begegneten, und dass er dann schneller wurde? Vielleicht war er gerade angefahren.«
Ich nahm eine neue Zigarette. »Einverstanden! Und wenn es ein Mord war, aus welchem Grund wurde er verübt?«
»Denke an die Geschichte von den Mädchenhändlern, die Surviel uns erzählte.«
»Bodin hält nichts von Surviels kriminalistischen Erkenntnissen. Er hält die Mädchenhändler für genauso eine Ente wie die anderen Verbrechen, denen der arme Amateurdetektiv auf die Spur gekommen zu sein glaubte.«
Phil zuckte die Achseln.
»Vielleicht hat Surviel dieses Mal die richtige Witterung in der Nase. Sollen wir uns dafür interessieren oder nicht?«
»Natürlich, und sei es nur aus dem Grund, weil Evelyn Draw eine so interessante Frau ist.«
***
Morgens um zehn Uhr standen wir im Polizeipräsidium von Nizza, anstatt uns einen Vortrag über die Bedeutung der genauen Spurensicherung anzuhören. Unser Gesprächspartner war ein einfacher Polizeisergeant der normalen französischen Polizei. Er konnte keine zwei Worte Englisch, und Phil musste sein Französisch ausgraben, das nicht einmal so schlecht war.
»Wir suchen den Besitzer des Wagens AF 43 604.«
»Warum?«, fragte der Sergeant.
»Wir hatten vor einigen Tagen eine Panne. Der Besitzer des Wagens half uns, aber er fuhr ab, bevor wir uns bedanken konnten. Wir möchten es gerne nachholen.«
Für Höflichkeit haben die Franzosen etwas über. Unser Sergeant hängte sich an die Strippe und telefonierte. Er bekam die Auskunft und schrieb uns die Adresse des Besitzers auf einen Zettel.
»Ich denke, Sie werden herausbekommen, wer den Wagen gefahren hat. Zugelassen ist er für die Society des Etablissements de Nice«.
»Was ist das für eine Firma?«
»Eine Sekunde, Messieurs.« Er begann wieder zu telefonieren. Dieses Mal dauerte es länger.
»Die Firma betreibt drei Vergnügungsgaststätten, zwei davon in Nizza, eine in Antibes. Hier sind die Adressen.«
Die Läden hießen Bar Royal, Cacadu und Pere Lamese in Antibes. Wir machten uns auf die Socken, um uns die Bude einmal anzuschauen.
Die Bar Royal war eines dieser französischen Bistros in der Innenstadt von Nizza, die morgens in aller Frühe öffnen und bis in die späte Nacht Cognacs, Kaffee und jede Sorte von Schnaps verkaufen.
Phil und ich stellten uns an die Theke und bestellten Kaffee. Wir sahen uns um. Das Unternehmen sah absolut harmlos aus.
»Das war eine Niete«, stellte Phil fest.
»Meinst du? Als Anlauf- und Vermittlungsstelle sind Bars in diesem harmlosen Milieu ideal.«
Das Cacadu lag im Hafenviertel, aber hier handelte es sich nicht um ein Bistro, sondern offensichtlich um ein Nachtlokal. Die Tür war verschlossen, die Neonbeleuchtung brannte nicht, aber einige Fotografien in einem Schaukasten zeigten, was den Besuchern des Cacadu zur späten Stunde geboten wurde.
»Hier ist vor Mitternacht wenig zu holen«, stellte Phil fest. »Fahren wir nach Antibes?«
Ganz in der Nähe befand sich ein Unternehmen, das Autos verlieh. Wir mieteten uns einen mittelalterlichen Citroën, den einzigen Wagen, den das Unternehmen noch zu vergeben hatte. Der Manager bedauerte, dass er uns nichts Besseres bieten konnte, aber seine eleganten Sportwagen würden von jungen Leuten in Anspruch genommen, die damit dicke Brieftaschen vortäuschten, um in den Kreis der reichen Leute vorzustoßen. Na ja, wir hatten solche Ambitionen nicht, und so war uns der Citroën durchaus recht.
Wir schaukelten nach Antibes und erkundigten uns nach dem Lokal mit dem seltsamen Namen Pere Lámese. Ein Flic sagte uns, dass es eine kleine Kneipe in der Nähe des alten Fischereihafens sei. Wir stellten unseren Wagen in der Nähe des Quais ab, trabten durch einige Gässchen, in denen es intensiv nach Fisch roch, und gelangten auf einen kleinen Platz, der von alten, hohen und windschiefen Häusern umstanden war. An der rechten Seite befand sich
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