0179 - Wir blufften um sein Leben
Rosega warf sich mit dem ganzen Temperament ihrer sechzehn Jahre auf den Absatz herum, nachdem Ray sie in der ersten Überraschung losgelassen hatte. Ihre kleine, weiße Hand fuhr empor und landete klatschend in Steewys Gesicht.
Es ging altes viel zu schnell. Steewy stöhnte wie ein verletzter Stier. Die tanzenden Paare ringsum stießen Laute der Überraschung aus. Die Kapelle spielte lauter, um den Zwischenfall zu übertönen.
Und Steewy holte seinerseits aus in der ganz eindeutig sichtbaren Absicht, dem Mädchen ins Gesicht zu schlagen.
Rays Faust schoß von unten her hoch. Sie traf Steewys Kinn genau auf dem entscheidenden Punkt. Der Betrunkene schien ein Stück größer zu werden, hing eine Sekunde reglos mit verdrehten Augen in der Schwebe und krachte dann schwer und wuchtig wie ein Baumstamm auf das Parkett.
»Kommen Sie«, sagte Ray. »Es ist besser, wir gehen.«
Miß Rosega fügte sich. Sie berichtete ihrer Mutter von dem Vorfall. Ray entschuldigte sich. Aber Mrs. Rosega stellte kategorisch fest:
»Wenn sich hier überhaupt jemand zu entschuldigen hat, Ray, dann wären allenfalls wir als Angehörige der weißen Rasse an der Reihe. Sie haben niemandem etwas getan und sind beleidigt worden. Sie halben meine Tochter davor bewahrt, von einem Betrunkenen geprügelt zu werden. Ich wüßte nicht, wofür Sie sich entschuldigen sollten. Es tuit mir nur leid, daß Ehr erster Abend in Sun City so einen unangenehmen Abschluß fand. Nehmen Sie es nichit tragisch, Ray. Es gibt überall Menschen, die sich nicht benehmen können.«
»Natürlich«, sagte Ray. »Ich hätte ja vielleicht nur seinen Anm festzuhalten brauchen. Aber gerade diesem Mann konnte ich nicht viel Nachsicht entgegenbringen.«
»Wieso? Kennen Sie Steewy?«
Ray erzählte in vorsichtigen Worten die Ereignisse des frühen Margens. Er war mit seiner Geschichte gerade fertig, als sie beim Hause der Rosegas ankamen. Im Wohnzimmer brannte Licht, und es stellte sich heraus, daß Mr. Rosega von einer Geschäftsreise zurückgekehrt war.
Er entpuppte sich als der noch ebenso arrogante Mensch, der er schon gewesen war, als er Jeane Stanford in New York geheiratet hatte.
Er begrüßte Ray so flüchtig, daß es beinahe unhöflich war, und er hatte auch für Frau und Kind nicht mehr als ein knurriges Wort übrig. Seine Tochter stürzte auf ihn zu. Aufgeregt und mit blitzenden Auigen erzählte sie ihm dien Zwischenfall in dem Klub.
Ray war es peinlich, er entschuldigte sich leise bei Mrs. Rosega und tappte die Treppe zum Obergeschoß hinauf, um behutsam nachzusehen, ob seine Mutter schon schlief.
Seine Mutter knipste das Licht auf dem Nachttisch an. Sie haitte schon geschlafen, war aber wach geworden, als sie die Familie und ihren Sohn zurückkommen hörte. Ein paar Minuten lang sprachen sie über den Verlauf des Abends. Ray erwähnte den Zwischenfall nicht, sondern sagte, es sei sehr schön gewesen.
Als er noch ein paar Fragen seiner Mutter beantwortet hatte, die sich alle auf seinen Werdegang in den letzten Jahren bezogen, wünschte er ihr abermals eine gute Nacht und ging leise hinaus in den Flur.
Als er gerade auf Zeihenspitzen die Treppe vom Obergeschoß hinabsteigen wollte, hörte er von unten Mr. Rosegas Stämme. Sie klang ärgerlich, und der Inhalt seiner Worte traf Ray wie ein Keulenschlag.
»… diesen Nigger einzuladen? Du weißt ganz genau, daß ich Nigger nicht riechen kann. Hier im Süden hält man etwas mehr auf Ehre als im Norden bei den Yankees!«
»Ehre?« warf Mrs. Rosega bitter ein. »Jawohl, Ehre!« grollte Mr. Rosega. »Es ist eine Sache der Ehre, daß sich Weiße von Schwarzen getrennt halten! Jedenfalls faßt man es hier so auf! Und wir leben hier!«
»Neger sind Menschen wie wir!« sagte Mrs. Rosega, fast bittend. »Und Ray ist — nun, wie soll ich es sagen? — so etwas wie ein guter alter Freund. Ich kenne ihn seit seiner Kindheit. Wir sind so etwas wie Geschwister! Wir sind doch zusammen ausgewachsen!«
»Ich weiß, ich weiß! Weil deine Eltern keine Unterschiede kennen! Aber ich billige das nicht! Ich dulde keine Nigger als Gäste in meinem Hause! Ich habe nichts dagegen, wenn er seine Mutter besucht Aber dann soll er tagsüber kommen und irgendwo in einem Niggerhotel übernachten! Ich wollte dich nicht in seiner Gegenwart bloßstellen, aber wenn ich morgen abend nach Hause komme, wirst du dafür gesorgt haben, daß dieser Kerl unser Haus verlassen hat. Sonst schmeiße ich ihn eigenhändig vor die Tür!«
Ray hörte, wie
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