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02 - Von dir kann ich nicht lassen

02 - Von dir kann ich nicht lassen

Titel: 02 - Von dir kann ich nicht lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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Betätigungen zuwenden, solange Sie noch in greifbarer Nähe sind.«
    Sie
ging.
    Sie
spielte eines der Stücke, die sie vor langer Zeit auswendig gelernt hatte, eine
Fuge von Bach. Durch einen glücklichen Zufall unterliefen ihr nur zwei Fehler,
beide bei den ersten wenigen Anschlägen und beide nicht gravierend.
    »Kommen
Sie her«, sagte der Duke erneut, als sie geendet hatte.
    Sie
durchquerte den Raum, setzte sich auf den Stuhl, den sie gewöhnlich benutzte,
und sah ihn direkt an. Sie hatte erkannt, dass sie dieses Verhalten davor
bewahrte, eingeschüchtert zu werden. Es vermittelte ihm anscheinend, dass sie
sich durchaus zur Wehr setzen konnte.
    »Sie
hatten Recht«, sagte er jäh. »Sie spielen ein wenig. Sehr wenig. Sie spielen
ohne Gespür. Sie spielen jede Note, als wäre sie eine gesonderte Einheit ohne
Verbindung zu dem, was davor oder danach kommt. Sie betätigen jede Taste, als
wäre sie einfach nur ein unbeseelter Streifen Elfenbein, als hielten Sie es für
unmöglich, damit Musik hervorzubringen. Sie müssen einen schlechten
Lehrer gehabt haben.«
    Die
Kritik an ihrem Spiel konnte sie recht gelassen aufnehmen. Sie hatte sich
niemals irgendwelche Illusionen über ihr Können gemacht. Aber sie wurde zornig,
weil er ihre Mutter so herabsetzte.
    »Hatte
ich nicht!«, erwiderte sie. »Wie können Sie es wagen anzunehmen, Sie könnten
auf Grund meines Vortrags meine Lehrerin beurteilen. Sie hatte mehr Talent im
kleinen Finger als ich im ganzen Körper. Sie konnte den Anschein erwecken, als
erklänge die Musik eher aus ihr als aus dem Instrument. Oder als
erklänge sie aus irgendeiner oh, aus irgendeiner göttlichen Quelle durch sie.« Sie sah ihn empört an, sich der Unzulänglichkeit ihrer Worte bewusst.
    Er
betrachtete sie einen Moment schweigend, eine seltsame, ungewohnte Glut in den
Augen.
    »Ah«,
sagte er schließlich, »dann sehen Sie es also ein? Sie sind nicht
unmusikalisch, Sie besitzen nur kein eigenes außergewöhnliches Talent. Aber
warum sollte ein solches Muster an Vollkommenheit zum Unterrichten in ein
Waisenhaus kommen?«
    »Weil
sie ein Engel war«, sagte Jane und wischte sich die Tränen fort, die über ihre
Wangen zu rinnen drohten. Was war nur los mit ihr? Sie neigte, außer in letzter
Zeit, nicht leicht zum Weinen.
    »Arme Jane«,
sagte er sanft. »Ist sie für Sie zur Muttergestalt geworden?«
    Sie
hätte ihm beinahe gesagt, er solle sich zum Teufel scheren, eine Ausdrucksweise,
die ihr niemals zuvor über die Lippen gekommen war. Sie wäre fast auf sein
Niveau herabgesunken.
    »Schon
gut«, sagte sie schwach. »Meine Erinnerungen gehören Ihnen nicht. Und ich auch
nicht.«
    »Reizbar«,
sagte er. »Habe ich einen wunden Punkt getroffen? Gehen Sie jetzt und tun Sie,
was immer Sie in Ihrer freien Stunde nachmittags tun. Und schicken Sie Quincy
zu mir. Ich muss ihm Briefe diktieren.«
    Sie
ging in den Garten, wie sie es, außer wenn es regnete, nachmittags meistens
tat. Die Frühlingsblumen blühten prächtig und die Luft roch süß. Sie vermisste
die Luft und die Bewegung, die in Cornwall so sehr zu ihrem Leben gehört
hatten. Aber die Angst schloss sich immer dichter um sie. Sie fürchtete sich,
Über die Eingangstür des Dudleyhauses hinauszugehen.
    Sie
hatte Angst, festgenommen zu werden. Dass man ihr nicht glaubte. Dass sie als
Mörderin bestraft würde.
    Manchmal
fühlte sie sich von dem Bedürfnis beinahe überwältigt, dem Duke gegenüber mit
der ganzen Wahrheit herauszurücken. Teilweise glaubte sie, dass er sich als
Freund erweisen würde. Aber es wäre die reine Torheit, einem Mann zu vertrauen,
der für seine Rücksichtslosigkeit bekannt war.
    Nach zwei Wochen
beschloss Jocelyn, dass er gewiss wahnsinnig würde, wenn er eine weitere Woche
so verbringen müsste, wie er die beiden letzten verbracht hatte. Der verdammte
Raikes hatte natürlich einigermaßen Recht gehabt. Er konnte das Bein noch immer
nicht mit seinem ganzen Gewicht belasten. Aber es gab noch einen Mittelweg
zwischen den beiden Möglichkeiten, entweder auf beiden Beinen umherzulaufen und
oder mit einem hochgehaltenen Bein dazuliegen.
    Er
würde Krücken erwerben.
    Seine
Entschlossenheit, dies nicht länger zu verzögern, wurde durch zwei besondere
Nachmittagsbesuche noch bestärkt. Zuerst kam Ferdinand, der mit den neuesten
Einzelheiten des Karriolenrennens herausplatzte, das in drei Tagen angesetzt
war. Anscheinend wurde bei White's lebhaft gewettet, fast alles gegen Ferdinand
und für Lord Berriwether. Aber sein

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