03 - Tod im Skriptorium
verstehe allerdings nicht, was das mit seinem Tod zu tun hat.«
»Wußtest du, wonach Dacán hier forschte?« Fidelma machte sich nicht die Mühe, auf seine Frage einzugehen. »Wußte irgend jemand, weshalb er gerade nach Ros Ailithir gekommen war?«
»Es steht mir nicht zu, mich in die Angelegenheiten anderer einzumischen. Mir genügte es, daß Dacán mit einer Empfehlung des Königs von Cashel kam und mein Abt seinen Besuch billigte. Ich versuchte, wie andere auch, freundlich mit ihm zu verkehren, aber wie ich schon sagte, er war kein freundlicher Mensch. Um die Wahrheit zu gestehen, Schwester, es herrschte keine große Trauer in der Abtei, als Dacán in die Andere Welt einging.«
Fidelma beugte sich interessiert vor.
»Man hat mir berichtet, daß Dacán zwar als abweisend galt, aber vom Volk als ein Mann von großer Heiligkeit geliebt und verehrt wurde.«
Bruder Rumann verzog spöttisch die Lippen.
»Davon habe ich auch gehört, und vielleicht ist das auch so – in Laigin. Ich kann nur sagen, daß er hier in Ros Ailithir willkommen geheißen wurde, aber diesem Willkommen nicht mit der gleichen Wärme begegnete. Deshalb überließ man ihn lieber sich selbst. Ja, sogar unsere kleine Schwester Necht fürchtete sich vor ihm.«
»Wirklich? Warum das?«
»Vermutlich war er ein Mensch, dessen Kälte Ängste erweckte.«
»Ich dachte, der Ruf seiner Heiligkeit erstreckte sich über Laigin hinaus. An vielen Orten spricht man von ihm und seinem Bruder Noé wie von Colmcille, Brendan oder Enda.«
»Man kann nur über das sprechen, was man weiß, Schwester. Manchmal ist ein solcher Ruf nicht gerechtfertigt.«
»Sag mir, diese Abneigung gegen Dacán …«
Bruder Rumann unterbrach sie kopfschüttelnd.
»Gleichgültigkeit war das, Schwester. Gleichgültigkeit, nicht Abneigung, denn es gab keinen Anlaß zur Abneigung.«
»Nun gut. Gleichgültigkeit, wenn du so willst«, sagte Fidelma. »Und du glaubst nicht, daß sie hinreichte, jemanden hier zu veranlassen, ihn zu töten?«
Die Augen des Verwalters verengten sich in seinem fleischigen Gesicht.
»Jemand von hier? Willst du damit andeuten, daß einer unserer Brüder in Ros Ailithir ihn umgebracht haben könnte?«
»Vielleicht auch einer seiner Schüler, dem seine Art nicht gefiel? So etwas hat es schon gegeben.«
»Na, davon habe ich noch nie gehört. Ein Schüler achtet seinen Lehrer.«
»Unter normalen Umständen«, pflichtete ihm Fidelma bei. »Doch wir untersuchen einen ungewöhnlichen Umstand. Ein Mord, und als das haben wir es festgestellt, ist ein höchst unnatürliches Verbrechen. Welchen Weg wir auch verfolgen, wir müssen davon ausgehen, daß jemand aus dieser Gemeinschaft die Tat begangen hat. Jemand aus dieser Gemeinschaft«, wiederholte sie mit Nachdruck.
Bruder Rumann sah sie mit ernstem Gesicht an.
»Ich kann nicht mehr sagen, als ich bereits gesagt habe. Alles, womit ich beauftragt war, und alles, was ich getan habe, war, die Umstände seines Todes zu untersuchen. Was sollte ich sonst noch tun? Ich besitze nicht die Fähigkeiten eines dálaigh. «
Fidelma breitete mit einer versöhnlichen Geste die Hände aus.
»Ich wollte keine Kritik damit andeuten, Bruder Rumann. Du hast dein Amt, und ich habe meins. Wir alle befinden uns in einer heiklen Lage, weil wir nicht nur dieses Verbrechen aufklären, sondern uns auch bemühen müssen, einen Krieg zu verhindern.«
Bruder Rumann holte tief Luft.
»Wenn du mich fragst, ich würde es Laigin zutrauen, die ganze Angelegenheit eingefädelt zu haben. Sie haben immer wieder an die Ratsversammlung des Großkönigs in Tara appelliert, ihnen Osraige zurückzugeben. Jedes Mal wurde entschieden, daß Osraige rechtmäßig zu Muman gehört. Und jetzt das.« Er reckte die Hand in die Luft.
Fidelma betrachtete den Verwalter interessiert.
»Wann genau bist du zu dieser Meinung gelangt, Bruder Rumann?« fragte sie vorsichtig.
»Ich stamme von den Corco Loígde, bin ein Mann aus Muman. Als ich hörte, welchen Sühnepreis der junge Fianamail von Laigin für den Mord an Dacán fordert, vermutete ich ein Komplott. Du hattest völlig recht.«
Fidelma blickte Rumann erstaunt an.
»Ich hatte recht? In welcher Hinsicht?«
»Daß ich einen Verdacht gegen den Kaufmann Assíd hätte fassen müssen. Wahrscheinlich war er der Mörder, und ich ließ ihn laufen!«
Sie schaute ihn einen Augenblick an und sagte: »Noch eins, Bruder. Woher weißt du, welche Forderung Laigin stellt?«
Rumann blinzelte. »Woher? Na, der Abt
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