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0319 - Götzenbrut

0319 - Götzenbrut

Titel: 0319 - Götzenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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einfache Sandalen, deren Schnürriemen bis in Höhe der Knie reichten.
    Ich wußte nicht, welchem Volk diese Leute angehörten und wie alt das Volk schon war. Okastra war ein Sarazene gewesen, und die Sarazenen stammten aus dem nördlichen Teil der großen Halbinsel Arabien.
    Möglicherweise befanden auch wir uns dort, das erklärte auch den wüstenähnlichen Charakter.
    Es war ein Klagesang, der die Männer einlullte. Immer die gleichen Töne, die gleiche Melodie, mehr mit einem Schreien oder Jammern zu vergleichen, denn irgendwelche Worte – und sei die Sprache auch noch so fremd – verstand ich nicht.
    Nur eines wußte ich.
    Hier wurde jemand zu Grabe getragen.
    Und dieser Jemand lag auf dem Karren.
    Die Gestalten mit den harten, verschwitzten und staubbedeckten Gesichtern interessierten mich nicht mehr. Der Mann auf dem Karren war wichtiger.
    Er lag auf dem Rücken, so daß ich ihn sehen konnte.
    Meine Erinnerung war noch vorhanden, und ich wurde bei dem Anblick des Fremden an Bandor, den Dämonenjäger, erinnert. Auch er hatte die starken Muskeln besessen, das wilde strähnige Haar, wobei der Mensch auf diesem Karren noch kräftigere Muskeln hatte.
    Er trug nur einen schmalen Lendenschurz aus dunklem Tuch, der an den freien Enden der Oberschenkel von einem Band gehalten wurde.
    Sein Gesicht glich einer Maske. So starr, so kantig und gleichzeitig starkknochig. Die Augen hielt er geschlossen, die Hände lagen auf der Brust, wobei sie nicht zum Gebet gefaltet waren.
    Ich wußte nicht, wer dieser Tote war und wie er hieß. Ich sah ihn nur und spürte als Geist, daß ich von ihm seltsam angezogen wurde.
    Und das im wahrsten Sinne des Wortes.
    Plötzlich sah ich ihn dicht vor mir…
    Jetzt spürte ich ihn.
    Seinen Körper, seinen…
    Ich war er!
    Ein ungeheurer, unglaublicher und unerklärbarer Vorgang hatte mich in ein Chaos von Gedanken gestürzt.
    Mein Geist, mein Ich steckte in einem fremden Körper.
    Wie Okastra es gesagt hatte!
    Aber wo befand sich dann mein Körper? Der John Sinclair, den jeder kannte?
    Es war ein gewaltiger Moment der Verwirrung, und ich konnte auch keinen klaren Gedanken mehr fassen, denn ich dachte weder wie der Oberinspektor John Sinclair noch wie dessen Geist.
    Ich dachte wie der Tote, der plötzlich nicht mehr tot war, denn, dadurch, daß mein Geist in ihn gefahren war, lebte er wieder.
    Ich war Torkan, ein barbarischer Krieger.
    Und ich lebte.
    Atmen konnte ich plötzlich. Auf einmal nahm ich die Umgebung wahr. Ich roch den Staub, den Schweiß der Männer, die Ausdünstung der Tiere und spürte auf meinem nackten Oberkörper die drückende Hitze, die über dem Land lag.
    Torkan war erwacht!
    Oder John Sinclair?
    Nein, ihn gab es nicht mehr. Nur noch Torkan, den Krieger!
    Der Weg war uneben. Durch Löcher und Rillen fuhren die Räder, und ich bekam, da ich still auf dem Rücken lag, jeden Stoß mit.
    Noch lag ich ruhig, noch dachte ich, aber ich dachte nicht mehr wie der Geisterjäger, sondern wie Torkan.
    Bilder entstanden vor meinen Augen. Bilder, die fremd waren und an die ich mich doch erinnern konnte, weil ich Torkan war.
    Blut…
    Viel Blut!
    Schreie! Männer starben unter grausamen Schwerthieben. Kampfgetümmel, das Wiehern stolzer Rösser, Waffenklirren, und ich kämpfte inmitten des Getümmels mit einem Beidhandschwert.
    Ich war ein Barbar. Ich erschlug Menschen, wurde vom Blut meiner Feinde übersprüht und sah mich auf einem hellen Pferd davonreiten, einer rotglühenden untergehenden Sonne entgegen.
    Szenenwechsel.
    Ein Palast. Hohe Mauern schirmten ihn ab. Krieger bewachten ihn.
    Ich sprengte durch ein Tor, das mir geöffnet wurde, sprang vom Pferderücken und übergab einem Knecht das Tier.
    Dann lief ich in einen wunderschönen Garten, mit Lauben- und Arkadengängen, zahlreichen Brunnen und blühenden Gewächsen.
    Dort wartete eine Frau.
    Eine wunderschöne dunkelhaarige Frau, die mir einen gefüllten Becher reichte, den ich, staubbedeckt und überaus durstig, leerte.
    Es war das Letzte, was ich in meinem Leben tat. Dann drehte sich alles vor meinen Augen. Die Frau zerfloß, der Boden raste auf mich zu, und ich hörte nur mehr das häßliche Lachen und ein Wort.
    »Tot!«
    Ja, ich war gestorben, aber nun lebte ich, denn diese Szenen waren Erinnerungen aus meinem ersten Leben als Torkan.
    Ich war wieder Torkan und zurückgekehrt. Langsam öffnete ich den Mund, saugte die Luft ein, richtete mich auf und öffnete auch die Augen.
    Für die neben und hinter dem Leichenkarren

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