0330 - Die lebende Legende
darauf konnte sich Suko verlassen.
Es war gut, wenn man Freunde an seiner Seite wußte. Und damit dachte Suko auch wieder an John Sinclair. Er nahm sich vor, so rasch wir möglich im Hotel anzurufen und einen neuen Plan zu besprechen.
Den ersten Kontakt hatte er gehabt. Vielleicht auch John, denn Shimada kannte beide Geisterjäger.
Da Chu Weng noch nicht zurückgekehrt war, wollte Suko sich die Toten näher ansehen.
Er mußte die beiden Köpfe unter dem Schreibtisch hervorholen. Es war eine makabre Aufgabe. In ihrem Aussehen erinnerten sie den Inspektor an Schrumpfköpfe aus dem Dschungel. Nur waren diese hier wesentlich größer.
Er stellte sie auf den Schreibtisch. Dann drehte er den großen Lampenschirm, so daß die Helligkeit genau auf die Schädel fallen konnte.
Besonders fielen dem Chinesen die Augen auf.
In der Masse, die wie feuchte Baumrinde wirkte, waren es zwei blaue Kugeln. Erst jetzt nahm der Chinese dies richtig wahr. Obwohl er kein Feigling war, zuckte er dennoch zurück, als er in die Augen schaute.
Waren die noch tot?
Daran wollte Suko nicht glauben. Nein, sie lebten, obwohl er die Zombies erledigt hatte. So etwas war ihm auch nicht untergekommen.
Und er dachte an Shimada.
Auch die lebende Legende besaß Augen von einem gnadenlosen, intensiven Blau. Noch stärker, als die der beiden Schädel. Suko fragte sich, was das zu bedeuten hatte. Normalerweise hätten die Augen starr, tot und leblos sein müssen, diese aber steckten voller Leben, wobei das Gesicht mehr einer künstlichen Maske glich.
Der Inspektor nahm eines der Schwerter auf. Es rieselte kalt über seinen Rücken, als er dicht vor dem Schreibtisch stehenblieb und die Waffe anhob.
Scharf fixierte er den linken der beiden Schädel. Wenn es nicht anders zu machen war, wollte er den Schädel teilen, um vor den Blicken Ruhe zu haben.
Und dann hörte er die Stimme.
Sie klang leise und hämisch. Zuerst ein Lachen, dazwischen die gezischten Worte.
»Gib dir keine Mühe, du kannst uns nicht besiegen. Uns nicht und mich nicht…«
Shimada hatte gesprochen.
Suko blieb stehen. Er traute sich nicht, die Klinge nach unten sausen zu lassen, sondern lauschte dem Echo der Worte nach. Ja, das war Shimada gewesen, der es sich nicht hatte nehmen lassen, Suko eine Warnung zuzuschicken.
Und dies durch den Schädel!
Im selben Augenblick zerfielen sie. Dies geschah nicht lautlos.
Suko vernahm die knisternden und knackenden Geräusche, als die Köpfe brachen und nur mehr als Reste auf dem Schreibtisch liegenblieben, als hätte jemand Baumrinde zerkrümelt.
Shimada besaß die Macht, auch wenn seine Diener schon erledigt waren. Wahrscheinlich dienten die strahlend blauen Augen seiner Diener als Überbringer oder Katalysator.
Suko ahnte, was da auf ihn zukam. Wenn er ehrlich gegen sich selbst war, empfand er sogar etwas wie Furcht.
Sein rechter Arm sank. Als die Spitze des Schwerts den Boden berührt hatte, wurde die Tür geöffnet. Chu Weng kehrte zurück. Er war allein.
Da er Suko an seinem Schreibtisch stehen sah, wunderte er sich ein wenig. Bevor er nach dem Grund fragen konnte, löste sich Suko vom Fleck und gab die Erklärungen.
Auch Chu Weng war überrascht. »Daß es so gefährlich werden würde, hätte ich nicht gedacht.«
»Ich hoffte es auch nicht.«
»Deshalb war es gut, daß wir einige Maßnahmen getroffen haben. Gewissermaßen als Vorbeugung. Ich habe die Freunde mobil gemacht. Sie werden die Augen offenhalten. In San Francisco und Umgebung wird in den nächsten Stunden oder Tagen nichts geschehen, worüber wir nicht Bescheid bekämen.«
Das hörte sich zwar hochtrabend an, war es aber nicht. Suko kannte die Macht und die Verbindungen seiner Landsleute genau.
»Es wäre am besten, wenn du hier auf dem Schiff bleibst«, sagte Chu Weng. »Sollte sich irgend etwas ereignen, bist du in der Nähe und sofort einsatzbereit.«
Dagegen hatte Suko im Prinzip nichts einzuwenden. Es wäre auch alles einfach gewesen, wäre er allein nach Frisco gekommen. Aber es gab da noch John Sinclair.
An ihn erinnerte er den alten Chu Weng.
»Dein Freund wird und muß es einsehen.«
»Bestimmt. Nur möchte ich ihn gern anrufen und ihm Bescheid geben. Er weiß dann, wo er mich finden kann und wie nahe wir Shimada eigentlich schon sind.«
Chu Weng nickte. Mit seiner mageren Hand deutete er auf das Telefon. »Bitte, versuche ihn zu erreichen.«
Bevor Suko wählte, stellte er noch den Tisch auf, der beim Kampf umgekippt war. Die Nummer des Hotels
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