0681 - Leichenschiff der Druiden
er die Kraft des alten Eichenbaumes in sich aufgenommen hatte.
Das bewies er mir. Vor meinen Augen verwandelte er sich in ein monströses Gebilde.
Die Pflanzenarme schlugen auseinander. Was zuvor noch seinen Körper verborgen hatte, gab ihn nun frei.
Ich sah ihn.
Eine Mumie, schwarz, zusammengeschrumpft, aber mit hellen Augen und umgeben von kräftigen Ästen und Zweigen, zwischen denen Lichtblitze zuckten und sie mit einer starken Energie aufluden.
Der Totengott war bereit zum Angriff.
Und er griff auch an!
***
Silberkugel oder Dämonenpeitsche!
Die beiden Alternativen blieben Suko. Sein Stab nutzte ihm nichts. Auch wenn er die Zeit für fünf Sekunden anhielt, gab es für ihn keinen Ausweg. Er konnte nur durch die hintere Tür ins Freie gelangen, und die war von dem mächtigen Körper des Schneemenschen versperrt.
Ein kleiner Vorteil lag noch auf Sukos Seite. Die Bestie konnte sich nicht so bewegen, wie sie es gern getan hätte. Sie klemmte noch fest, musste ihren Körper drehen, um auf die Ladefläche zu gelangen. Deshalb blieb dem Inspektor eine kurze Zeitspanne.
War dieses Wesen ein dämonisches Geschöpf oder einfach nur so etwas wie ein Yeti, der vor langer, langer Zeit mal in den Regionen des jetzigen Schottlands gelebt hatte?
Was immer dieses Wesen auch sein mochte, es war wild darauf, Suko zu vernichten.
Bei Jim Greenwood hatte es ja schon den Anfang gemacht.
Suko zog die Pistole. Der Schneemensch hatte Schwierigkeiten, sich in den Wagen zu zwängen.
Seine Kraft war enorm. Das Blech der Ladefläche bog sich, als wäre es von irgendwelchen Zangen umklammert worden. Die dabei entstehenden Geräusche gingen Suko durch Mark und Bein, und er schüttelte sich, als hätte man ihn mit Wasser übergossen.
Der Schneemensch wühlte sich vor.
Er hatte einen seiner langen Arme bereits am Körper vorbei und in das Innere des Fahrzeugs drücken können. Wenn er ihn jetzt ausstreckte, konnte er Suko packen.
Der Inspektor schoss vorher.
Überlaut hallte der Schuss nach. Er hatte auf den Kopf gezielt und die Bestie dicht unter dem Auge erwischt. Dort entstand ein Loch, aus dem gleichzeitig eine breiige Masse spritzte.
Der Schneemensch heulte auf. Seine Pranke zuckte zurück. Die Krallen schleiften noch über den Boden und hinterließen dort helle Spuren. So hätten sie auch die Haut eines Menschen aufgefetzt, aber Suko hatte das nötige Glück.
Der Schädel der Bestie zuckte von einer Seite zur anderen. Gleichzeitig auch in die Höhe, wobei er mit einem dumpfen Dröhnen gegen die Decke der Ladefläche stieß.
Suko blieb eiskalt.
Er feuerte eine zweite Silberkugel ab, und wieder traf er den Kopf des Schneemenschen.
Diesmal an der linken Seite.
Der Brei, die Wunde, alles lief zusammen und ineinander und so aufeinander zu, dass sich beide Wunden zu einer einzigen vereinigten und den Schädel buchstäblich auseinander rissen.
Es blieb nichts mehr zurück. Nur eine dicke, teigige Masse, die als Schleim in die Höhe quoll, Blasen warf und an den Resten des Schädels herabsank, wobei sie im Maul des Schneemenschen verschwand, als wollte sie die Bestie sättigen.
Ihr Vorwärtsdrang war durch die beiden Treffer radikal gestoppt worden. Für die Bestie gab es nur ein Ziel.
Sie musste zurück!
Und sie zog sich zurück. Sie schlug dabei um sich. Ihre Pranken hämmerten und kratzten gegen beide Wände. Aus dem Maul drangen irre klingende Laute, dann verwandelte sich auch der Oberkiefer in Brei, und der gewaltige graue Koloss stürzte rücklings aus dem Wagen und blieb davor liegen.
Suko hielt es keine Sekunde länger aus. Er hatte zudem die Stimmen der beiden Künstler gehört.
Für sie musste eine Welt zusammengebrochen sein. Mit allem hatten sie gerechnet, nur nicht damit, dass es jemand schaffen könnte, den Schneemenschen zu vernichten.
Sie flohen.
Suko sprang aus dem Wagen. Er landete dabei mit beiden Füßen auf dem zottigen Körper des Ungeheuers, trat hinein und merkte, dass sein Fell allmählich verrottete. Ebenso verhielt es sich mit dem Fleisch, den Muskeln und Sehnen.
Das war nicht mehr zu schaffen. Sie würde ersticken, sie hatte keine Chance mehr.
Suko verfluchte die Dunkelheit, die Rami und Ray einen perfekten Schutz bot.
An ihrer Stelle wäre er auch nicht ins Haus gelaufen, sondern hätte versucht, das Beste aus der Lage zu machen.
Und erhörte ein bekanntes Geräusch.
Hinter dem Haus war das Dröhnen der beiden Motorräder aufgeklungen. Ihre Echos wehten über das Dach hinweg.
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