07 Von fremder Hand
ins Krankenhaus gefahren. Er hat so lange auf Sie gewartet, wie er konnte.«
»Faith -«
»Ist oben. Sie ist gerade eingeschlafen. Bitte wecken Sie sie nicht auf.«
Nick war bereits auf dem Weg ins Treppenhaus, doch Gemmas bestimmter Ton ließ ihn auf der Stelle innehalten. Zum ersten Mal schien er sie wirklich anzuschauen, und indem er das tat, büßte er ein wenig von seinem anfänglichen Schwung ein.
»Sie hatte einen sehr anstrengenden Vormittag, und sie ist völlig erschöpft«, sagte Gemma, die seine Schwäche voll ausnutzte. »Wollen Sie sich nicht setzen?«
Widerstrebend kam er zum Tisch zurück und zog sich einen Stuhl heran. »Es tut mir Leid. Ich wollte nicht unhöflich sein. Aber ich hatte einen unheimlich hektischen Tag.«
»Faith hat sich Sorgen um Sie gemacht.«
»Sobald ich von der Arbeit wegkonnte, habe ich mich auf die Suche nach Garnet gemacht. Ich bin zum Bauernhof gefahren, aber da war von ihrem Lieferwagen nichts zu sehen. Dann habe ich in ganz Glastonbury nach ihr gesucht. Ich dachte, wenn ich Faith sagen könnte, dass mit Garnet alles in Ordnung ist -«
»Das dürfte leider unmöglich sein«, unterbrach ihn Gemma.
»Was? Wieso denn?«
»Garnet wurde heute Morgen in ihrem Lieferwagen gefunden. Sie ist tot.«
Nick starrte sie mit offenem Mund an. »Aber - dann hat sie sich wohl das Leben genommen?«
Damit seid ihr schon zu zweit, dachte Gemma. »Wie kommen Sie darauf?«, fragte sie ruhig.
»Na, das ist doch wohl offensichtlich, oder? Wenn sie versucht hat, Winnie umzubringen und sich danach schuldig gefühlt hat... oder vielleicht hatte sie auch Angst, Faith könnte herausfinden, was sie getan hatte...«
»Hätte ihr das denn so viel ausgemacht?«
»Sie scheint von Faith besessen -«
»Meinen Sie sexuell?«
»Ich - ich weiß nicht. Ich glaube nicht. Aber sie ist wahnsinnig eifersüchtig, was Faith betrifft.« Er warf Gemma einen finsteren Blick zu und trommelte dabei mit den Fingern auf die Tischplatte. »Sie stellen eine Menge Fragen, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.«
»Tut mir Leid. Ist eine schlechte Angewohnheit.« Er würde noch früh genug herausfinden, dass sie Polizistin war, aber bis dahin konnte sie immerhin noch das Beste aus ihrer vorübergehenden Anonymität herausholen. »Darf ich davon ausgehen, dass Garnet Sie nicht sehr mochte?«
»Nein, nicht besonders.« Er schien nicht erpicht darauf, das Thema weiter zu verfolgen. »Wie hat Faith die Nachricht aufgenommen?«
»Es hat sie sehr mitgenommen, aber inzwischen hat sie sich wieder gefangen. Wir müssen aber unbedingt mit ihr zur Vorsorgeuntersuchung, und sie lässt einfach nicht mit sich reden. Sie haben nicht vielleicht einen gewissen Einfluss...«
»Wohl eher nicht.« Nick klang verbittert.
»Haben Sie eine Ahnung, warum sie sich so dagegen sträubt?«
»Ich habe immer angenommen, es läge daran, dass Garnet sie dagegen aufgebracht hat. Das hatte etwas mit Macht zu tun.«
Wenn es Garnets Absicht gewesen war, Faith von ihrer Fürsorge abhängig zu machen, dann schien sie damit Erfolg gehabt zu haben, dachte Gemma. »Faith sagte mir, Sie glaubten, Garnet habe Winnie mit ihrem Lieferwagen angefahren. Wieso waren Sie sich da so sicher?«
Nick rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. »Faith erzählte mir, Garnet sei ungefähr um die Zeit weggegangen, als Winnie ihren Unfall hatte, und als sie zurückgekommen sei, habe sie sich merkwürdig benommen.«
»Das sind nicht gerade handfeste Beweise, meinen Sie nicht auch? Warum sollte Garnet so etwas tun?«
»Vielleicht glaubte sie, Winnie würde Faith dazu überreden, zu ihren Eltern zurückzugehen. Oder vielleicht - vielleicht hat Winnie etwas herausgefunden, von dem Garnet nicht wollte, dass es ans Licht käme.« Diese Hypothese schien dem Jungen zu gefallen. »Winnie kann gut mit Leuten reden. Vielleicht hat Faith ihr etwas erzählt...«
»Etwas über Garnet? Aber was?«
»Ich weiß es nicht.« Nicks Antwort kam etwas zu prompt. »Jetzt, wo Garnet... nicht mehr da ist - hat Faith gesagt, was sie jetzt vorhat?«
»Nein. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass sie vorerst hier bleiben wird. Es geht jedenfalls nicht an, dass sie auf sich allein gestellt ist.«
»Dann wird sie ein paar von ihren Sachen brauchen.« Anscheinend erleichtert schob er seinen Stuhl vom Tisch zurück. »Ich fahr dann mal schnell hoch zum
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