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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ihrer Augenlider. In bewährter Manier überlegte sie rasch, welche Reaktion von ihrer Seite das Gespräch in welche Richtung lenken würde. Unzählige Male hatte er sie das im Gespräch mit Wählern, Journalisten, politischen Gegnern tun sehen.
    Sie stellte die Flasche auf die Ablage und legte Kamm und Bürstchen daneben. Dann drehte sie sich um und sah ihn an.
    »Alex.« Ihr Gesicht war ruhig, ihre Stimme sanft. »Du weißt so gut wie ich, daß wir irgendwie weitermachen müssen.«
    »Wie gestern nacht?«
    »Es tut mir leid, daß du nicht schlafen konntest. Ich habe selbst nur geschlafen, weil ich eine von den Tabletten genommen hatte. Das hättest du auch tun können. Ich habe es dir geraten. Ich finde es nicht fair von dir, nur weil ich schlafen konnte und du nicht -«
    »Es geht mir nicht darum, daß du schlafen konntest, Eve.«
    »Worum geht es dir dann?«
    »Um das, was vorher war. In Charlies Zimmer.«
    Ihre Kopfbewegung wirkte, als schreckte sie vor seinen Worten zurück, aber sie entgegnete nur: »Wir haben uns in Charlottes Zimmer geliebt.«
    »Auf ihrem Bett. Ja. Gehörte das auch zum ›irgendwie weitermachen‹? Oder gehörte das zu etwas anderem?«
    »Worauf willst du hinaus, Alex?«
    »Ich frage mich, warum du gestern abend wolltest, daß ich dich vögele.«
    Sie ließ die Worte in der Luft hängen, während ihr Mund lautlos das Wort »vögeln« formte, als wollte sie es ihm nachsagen, wie er zuvor ihre Worte nachgesagt hatte. Ein Muskel zitterte unter ihrem rechten Auge.
    »Ich wollte nicht, daß du mich vögelst«, sagte sie leise. »Ich wollte, daß du mich liebst. Es war -« Sie wandte sich von ihm ab. Sie ergriff den Kamm und die Flasche mit der Farbe, aber sie hob sie nicht zu ihrem Haar. Vielmehr senkte sie den Kopf, so daß er ihr Gesicht im Spiegel nicht sehen konnte, sondern nur die sauber gezogenen Farblinien auf ihrer Kopfhaut. »Ich habe dich gebraucht. Es war eine Möglichkeit - wenn auch nur für eine halbe Stunde -, es war eine Möglichkeit zu vergessen. Ich habe nicht daran gedacht, daß wir in Charlottes Zimmer waren. Du warst da und hast mich gehalten. Das war in dem Moment das einzig Wichtige. Den ganzen Tag war ich vor der Presse davongelaufen, ich hatte mit der Polizei gesprochen, ich hatte versucht zu vergessen - mein Gott, und wie ich es versucht habe -, wie Charlotte ausgesehen hat, als wir sie identifizieren mußten. Als du dann neben mir gelegen und mich in deine Arme genommen hast und mir gesagt hast, daß ich mich endlich gehenlassen kann - fühlen kann - Alex, ich dachte ...«
    Erst jetzt hob sie den Kopf. Er sah, wie ihr Mund sich verzog, als wollte sie weinen. »Es tut mir leid, wenn es unrecht war, in diesem Moment an Sex zu denken, in ihrem Zimmer. Aber ich habe dich gebraucht.«
    Im Spiegel sahen sie einander an. Er merkte, wie sehr, wie dringend er glauben wollte, daß sie die Wahrheit sprach.
    »Wozu?« fragte er.
    »Um so sein zu können, wie mir zumute war. Um mich von dir festhalten zu lassen. Um mir von dir helfen zu lassen, einen Moment alles zu vergessen. Vergessen wollte ich auch jetzt, damit.« Sie hob die Flasche und den Kamm hoch. »Es ist die einzige Möglichkeit ... « Sie schluckte. Die Sehnen ihres Halses spannten sich. Ihre Stimme war brüchig, als sie sagte: »Alex, für mich scheint das die einzige Möglichkeit zu sein, irgendwie durchzuhalten und -«
    »O Gott, Eve!« Er drehte sie zu sich herum und drückte sie an sich, ohne an die Farbe zu denken, die von ihrem Haar auf seine Hände und seine Kleidung abfärbte. »Es tut mir leid. Sei mir nicht böse. Ich bin erschöpft und kann nicht klar denken. Ich - ich kann es nicht ändern. Sie ist überall, ganz gleich, wo ich hinschaue.«
    »Du mußt dir ein bißchen Ruhe gönnen«, sagte sie, den Kopf an seiner Schulter. »Versprich mir, daß du heute abend die Tabletten nimmst. Du darfst mir jetzt nicht zusammenklappen. Du mußt stark sein für mich, weil ich nicht weiß, wie lange ich selbst noch stark sein kann. Also bitte, versprich es mir. Versprich mir, daß du die Tabletten nimmst.«
    Es war das Geringste, was er tun konnte. Und er brauchte ja wirklich Schlaf. Er versprach es ihr und ging dann in Charlies Zimmer. Aber seine Hände waren von der Farbe von Eves Haar befleckt, und als er sie zu den Bügeln im Kleiderschrank hob und die braunen Streifen sah, die seine Haut bedeckten, wurde ihm klar, daß weder eine Schlaftablette noch fünf die Zweifel und Befürchtungen, die ihm den Schlaf raubten,

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