09 - Befehl von oben
...« Er sah seinen jüngeren, größeren Kollegen an. »Ich muß zurück. Ich will diese Struktur noch mal anschauen.«
»Hello«, sagte Gus Lorenz. Er sah auf die Uhr. Was zum Teufel?
»Gus?« fragte die Stimme.
»Ja, wer ist dran?«
»Mark Klein in Chicago.«
»Was ist?« fragte Lorenz, halb da. Die Antwort machte seine Augen ganz auf.
»Ich glaube - nein, Gus, ich weiß, ich habe hier oben einen Ebola-Fall.«
»Wie kannst du dir sicher sein?«
»Ich habe den Hirtenstab. Selbst mikrografiert. Es ist der Hirtenstab, ohne Scheiß, Gus. Ich wünschte, es wäre nicht so.«
»Wo ist er gewesen?«
»Er ist 'ne Sie, und sie ist nirgends besonders gewesen.« Klein faßte in unter einer Minute zusammen, was er wußte. »Hier gibt es keine unmittelbar erkennbare Erklärung.«
Lorenz hätte einwenden können, daß dies nicht möglich wäre, aber er kannte Mark Klein als Ordinarius an einer der weitbesten medizinischen Fakultäten. »Nur ein Fall?«
»Die fangen alle so an, Gus«, erinnerte Klein seinen Freund. Tausend Meilen entfernt schwang Lorenz seine Beine aus dem Bett auf den Boden.
»Okay. Ich brauch' eine Probe.«
»Der Bote ist schon auf dem Weg nach O'Hare. Er nimmt den erstbesten Flug. Die Mikrogramme kann ich dir gleich per E-Mail schicken.«
»Brauche vierzig Minuten, reinzukommen.«
»Gus?«
»Ja?«
»Gibt es irgendwas Neues auf der Behandlungsseite? Wir haben hier eine sehr kranke Patientin«, sagte Klein in der Hoffnung, daß er einmal, vielleicht, in seinem ureigenen Fach nicht ganz auf dem laufenden war.
»Leider nicht, Mark. Nichts, von dem ich wüßte.«
»Verdammt. Okay, wir tun hier, was wir können. Ruf mich an, wenn du da bist. Ich bin im Büro.«
Lorenz ging in sein Badezimmer und ließ das Wasser an, um sein Gesicht kalt abzuwaschen; um sich zu beweisen, daß dies kein Traum wär. Nein, dachte er - kein Alptraum.
*
Dieser Präsidialvorteil war einer, den sogar die Presse respektierte. Ryan stieg die Treppe als erster herab, salutierte dem USAF-Sergeanten am Ende und ging die fünfzig Meter zum Helikopter. Drinnen schnallte er sich an und schlief prompt wieder ein. Eine Viertelstunde später weckte man ihn wieder, er salutierte diesmal einem Marine und schleppte sich ins White House. Zehn Minuten später schlief er in einem Bett, das sich nicht bewegte.
»Gute Reise?« fragte Cathy, ein Auge halb offen.
»Lange«, berichtete ihr Mann und schlief wieder ein.
*
Die erste Maschine von Chicago nach Atlanta, hob um 6.15 Uhr ab. Lorenz war schon früher an seinem Arbeitsplatz und wählte bereits am
Telefon, während er seinen Rechner anlaufen ließ.
»Der Download läuft; die Abbildung kommt schon rein.«
Wahrend der Ältere zusah, wuchs das Mikrogramm Zeile für Zeile,
schneller, als ein Fax aus der Maschine kommen würde, und mit weit größerer Detailauflösung.
»Sag mir, daß ich mich irre, Gus«, hat Klein.
»Ich glaube, das weißt du schon besser, Mark.« Er hielt inne, als die Abbildung vollständig war. »Das ist unser Freund.«
»Wo ist er denn in letzter Zeit gesehen worden?«
»Nun. wir hatten ein paar Fälle in Zaire, zwei weitere wurden aus dem Sudan gemeldet. Das war's, soviel ich weiß. Deine Patientin, hat sie ...«
»Nein. Ich habe bisher keine Risikofaktoren identifizieren können.
Bei der Inkubationszeit hat sie es sich mit fast absoluter Sicherheit hier in Chicago zugezogen. Und das gibt es doch gar nicht, oder?«
»Sex?« fragte Lorenz. Er konnte das Kopfschütteln fast hören.
»Hab' ich sie gefragt. Fehlanzeige. Berichte von woanders?«
»Nein, nichts, nirgendwo. Mark, bist du dir dessen sicher, was du gesagt hast?« So beleidigend die Frage war, sie mußte gestellt werden.
»Ich wünschte, ich war's nicht. Das Mikrogramm ist schon das dritte.
Ich wollte gute Isolation. Ihr Blut ist voll damit, Gus. Warte mal.« - Stimmen im Hintergrund. - »Sie war gerade wieder wach. Sagt, sie hat sich vor 'ner Woche oder so einen Zahn ziehen lassen. Wir haben den Namen des Zahnarztes, gehen dem nach. Mehr haben wir nicht hier.«
»Gut. Laß mich die Vorbereitungen für deine Probe treffen. Es ist nur ein einzelner Fall. Regen wir uns erst mal nicht künstlich auf.« *
Raman kam kurz vor der Morgendämmerung zu Hause an. Es war gut, daß um diese Tageszeit die Straßen fast leer waren. Mit seiner Fahrtüchtigkeit stand es gerade nicht zum Besten. Zu Hause hielt er die übliche Routine ein. Auf seinem Anrufbeantworter hatte sich wieder mal jemand verwählt: die Stimme von Herrn
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