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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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vielleicht in seinem Verhalten auf eine Weise aus, die es schwierig macht, ihn zu verstehen. Aber er achtet seine Wurzeln und ist stolz auf seine Herkunft. Er ist ein Mann seines Volkes.«
    Oft genug hatte Emily diese Phrase in bezug auf IRA-Terroristen und andere wüste Extremisten gehört. Muhannads politischer Aktivismus bestätigte zwar die Behauptung seines Vaters, aber in Anbetracht der Existenz von Jum'a konnte man Muhannads sogenannten Stolz auf seine Herkunft auch ganz anders sehen, als eine Neigung nämlich, die Grenze zu überschreiten und andere unter Ausnützung ihrer Unwissenheit und Furcht zu manipulieren. Der Gedanke an Jum'a veranlaßte sie zu fragen: »Gehörte Mr. Querashi auch der Vereinigung Ihres Sohnes an, Mr. Malik?«
    »Welcher Vereinigung?«
    »Sie wissen doch von Jum'a. Gehörte Haytham Querashi dazu?«
    »Das weiß ich nicht.« Er breitete seine Mütze so sorgsam wieder aus, wie er sie zuvor gefaltet hatte, und richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf die Tätigkeit seiner Finger. »Da müssen Sie Muhannad fragen.« Er runzelte die Stirn und blickte dann endlich auf. »Aber ich muß gestehen, daß mich die Richtung, die Ihre letzten Fragen nehmen, beunruhigt. Da drängt sich mir doch die Frage auf, ob mein Sohn - der, wenn es um Rassenfragen geht, zugegebenermaßen viel zu schnell in Hitze gerät und sich zu unerwiesenen Behauptungen hinreißen läßt - mit seiner Vermutung recht hat, daß Sie nicht geneigt sind, der Möglichkeit ins Auge zu sehen, daß hinter diesem Verbrechen einzig Haß und Ignoranz stehen könnten.«
    »Das habe ich nicht im mindesten übersehen«, entgegnete Emily. »Verbrechen aus Rassenhaß sind ein globales Problem, es wäre töricht von mir, das zu leugnen. Aber wenn Haß und Ignoranz in diesem Fall die Motive sind, galten sie einer ganz bestimmten Person und nicht jedem beliebigen Asiaten, der dem Killer in den Weg kam. Wir müssen wissen, welche Kontakte Mr. Querashi in beiden Gemeinden hatte. Nur so können wir seinem Mörder auf die Spur kommen. Die Gentlemen's Cooperative steht für eine Lebensanschauung in Balford-le-Nez. Jum 'a, da werden Sie mir doch zustimmen, steht für eine andere.« Sie stand auf. »Wenn Sie mich jetzt zu Mr. Armstrong führen würden ...?«
    Akram Malik betrachtete sie nachdenklich. Unter seinem Blick wurde sich Emily der Unterschiede zwischen ihnen bewußt, und nicht nur der geschlechtsspezifischen Unterschiede, sondern auch der kulturellen Unterschiede, die sie stets definieren würden. Sie manifestierten sich in ihrer Kleidung: dünnes ärmelloses Oberteil, graue Hose, keine Kopfbedeckung. Sie manifestierten sich in der Freiheit, die sie genoß: eine Frau, die auf eigenen Füßen stand und ihr Leben selbst gestaltete. Sie manifestierten sich in der Position, die sie einnahm: Kopf einer Arbeitsgruppe, die größtenteils aus Männern bestand. Sie und Akram Malik hätten - trotz seiner erklärten Liebe zu seiner Wahlheimat - aus verschiedenen Welten kommen können.
    Er stand auf. »Bitte folgen Sie mir«, sagte er.
    Barbara zuckelte mit ihrem Mini die holprige Schotterstraße entlang und fand einen Parkplatz neben einem Fertigbau, dessen Firmenschild zu entnehmen war, daß hier »Hegartys Spiele für Erwachsene« hergestellt wurden. Sie bemerkte die Klimaanlage, die in eins der vorderen Fenster eingebaut war, und spielte flüchtig mit dem Gedanken, hineinzulaufen und sich davor aufzupflanzen. Das wäre doch mal ein Spiel, das den Einsatz lohnte, dachte sie.
    Die Hitze an der Küste war bald noch schlimmer als die Hitze in London, und die war schon kaum zu ertragen gewesen. Wenn England sich infolge der globalen Erwärmung, vor der die Wissenschaftler seit Jahren warnten, in eine Tropenzone verwandeln sollte, wäre es doch schön, dachte Barbara, wenn einige der Annehmlichkeiten, die man gemeinhin mit einem Aufenthalt in den Tropen verband, damit einhergingen. Ein weißbefrackter Kellner mit einem Tablett voll Singapore Slings wäre zum Beispiel gar nicht schlecht gewesen.
    Sie warf einen Blick in ihren Rückspiegel, um festzustellen, wie Emilys Visagistinnenkünste den Schweißströmen standgehalten hatten. Sie erwartete, ihre Gesichtszüge in Auflösung zu sehen wie bei einer von Dr. Jekylls Verwandlungen, aber es war nichts verschmiert und nichts verlaufen. Vielleicht hatte es doch etwas für sich, auf der Suche nach betörender Schönheit jeden Morgen mit Farbtöpfen herumzumachen.
    Barbara ging auf der schmalen Straße zurück zu

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