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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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hinter ihr Ohr schob. »Was wollen Sie von unserm Trevor? Er hat nichts angestellt. Er ist ein guter Junge.«
    Die drei tobenden Kinder hinter ihr flogen krachend an die Wand. Ein Bild über ihnen fiel scheppernd zu Boden. Von oben brüllte ein Mann. »Herrgott noch mal! Kann man denn hier nicht mal schlafen? Shirl! Was ist da unten los?«
    »He, ihr da! Das reicht!« Mrs. Ruddock packte Brucie beim Kragen des Männerjacketts, das er anhatte, und seine Schwester am Haarschopf. Alle drei Kinder brüllten. »Es reicht!« schrie sie.
    »Sie hat mich geschlagen!«
    »Er hat mich gebissen!«
    »Shirl! Sie sollen endlich die Klappe halten!«
    »Jetzt habt ihr euren Dad aufgeweckt«, schimpfte Mrs. Ruddock und schüttelte die Kampfhähne einmal kräftig durch. »Los, in die Küche mit euch dreien. Stella, im Kühlschrank liegen ein paar Eis. Jeder kriegt eins.«
    Die Aussicht auf eine Leckerei schien die Kinder zu beruhigen. Einmütig trotteten sie in die Richtung davon, aus der ihre Mutter gekommen war. Oben knarrten die Dielen unter jemandes Schritten. Ein Mann räusperte sich laut und hustete röchelnd. Barbara fragte sich, wie der Mann überhaupt hatte schlafen können. Eine Rapgruppe, die in donnernden Tönen sang, konkurrierte mit Coronation Street in ohrenbetäubender Lautstärke.
    »Nein, er hat nichts angestellt«, sagte Barbara. »Ich habe nur einige Fragen an ihn.«
    »Worüber? Trev hat das ganze Zeug wieder zurückgegeben. Okay, wir haben ein paar Gläser verkauft, bevor's die Farbigen gemerkt haben, aber das bißchen Geld fehlt denen doch nicht. Der schwimmt doch im Geld, dieser Akram Malik. Haben Sie gesehen, wie diese Leute wohnen?«
    »Ist Trevor hier?« Barbara bemühte sich um Geduld, doch in der sengenden Sonne drohte das bißchen, über das sie verfügte, rasch zu verdampfen.
    Mrs. Ruddock warf ihr einen feindseligen Blick zu, als sie merkte, daß ihre Worte keinen Eindruck machten. Sie drehte sich um und schrie: »Stella!«, und als das ältere der beiden Mädchen mit einem Eis am Stiel im Mund aus der Küche kam, sagte sie: »Bring sie zu Trev rauf. Und sag Charlie gleich, er soll diesen Krach ausmachen.«
    »Mam ...« Stellas Quengelstimme zerlegte das Wort in zwei Silben, was mit einem Eis am Stiel im Mund nicht ganz einfach war, aber sie schien ein Mädchen zu sein, das jeder Herausforderung gewachsen war.
    »Los jetzt!« blaffte Mrs. Ruddock.
    Stella nahm das Eis aus dem Mund und seufzte. »Kommen Sie schon«, sagte sie zu Barbara und schickte sich an, die Treppe hinaufzutrotten.
    Barbara spürte, daß Mrs. Ruddocks feindseliger Blick ihr folgte, als sie auf den Spuren von Stellas polternden weißen Cowboystiefeln die Treppe hinaufstieg. Es war klar, daß »unser Trevor«, ganz gleich, weshalb er aus der Senffabrik entlassen worden war, in den Augen seiner Mutter kein Unrecht tun konnte.
    Der Delinquent selbst befand sich in einem der beiden Zimmer im ersten Stockwerk des Hauses. Die Rapmusik donnerte durch die Tür. Stella öffnete sie ohne jegliches Zeremoniell, allerdings nur einen Spalt, weil irgend etwas, was über der Tür hing, weitere Bewegung zu verhindern schien.
    »Charlie!« schrie sie. »Mam hat gesagt, du sollst das leise stellen.« Sie blickte zu Barbara und sagte: »Er ist hier drin«, während Mr. Ruddock aus dem anderen Zimmer brüllte: »Kann man denn in seinem eigenen Haus nicht schlafen, verdammt noch mal?«
    Barbara nickte Stella dankend zu und trat mit eingezogenem Kopf ins Zimmer. Das war nötig, weil das, was die Tür an weiterer Bewegung hinderte, wie ein Fischernetz herabhing. Die Vorhänge am Fenster waren zugezogen, es war dämmrig im Raum und so heiß, daß man das Gefühl hatte, die Hitze pulsierte.
    Der Lärm war überwältigend. Er brach sich donnernd an den Wänden, an deren einer ein Stockbett stand. Im oberen Bett lag ein halbwüchsiger Junge, der mit zwei hölzernen Eßstäbchen auf dem Fußbrett des Bettes im Takt schlug. Das untere Bett war leer. Der andere Bewohner des Zimmers saß an einem Tisch mit einer Neonlampe, die einen hellen Lichtstrahl auf schwarze Garnknäuel, verschiedene Rollen farbigen Zwirns, einen Stapel schwarzer Pfeifenreiniger und einen Plastikkasten voll runder Schwämme unterschiedlicher Größe warf.
    »Trevor Ruddock?« schrie Barbara in das Getöse hinein. »Kann ich Sie einen Moment sprechen? Kriminalpolizei.« Sie schaffte es, die Aufmerksamkeit des Jungen auf dem Bett auf sich zu ziehen. Er sah ihren Dienstausweis und griff,

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