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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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war es nicht.
    Er hatte alle Tricks, die er kannte, ausspielen müssen, um Gerry davon zu überzeugen, daß sein Verdacht völlig unbegründet sei. Zunächst hatte er bei seiner Beschwichtigungskampagne Zorn eingesetzt. Als sein Liebhaber den Vorschlag gemacht hatte, sich einem HIVTest zu unterziehen, hatte Cliff mit wohldosierter Empörung reagiert, um durchblicken zu lassen, welch schwerer Schlag ihm versetzt worden war.
    »Geht das jetzt schon wieder los, Ger?« hatte er am Morgen in der Küche gefragt. »Ich geh' nicht fremd, okay? Herrgott noch mal. Was glaubst du denn, wie einem zumute ist -«
    »Du bildest dir ein, daß Aids dir nichts anhaben kann.« Gerry war wie immer die lästige Stimme der Vernunft, die einen auf die Palme bringen konnte. »Aber da täuschst du dich. Hast du schon einmal jemand an Aids sterben sehen, Cliff? Oder gehst du aus dem Kino raus, wenn sie das zeigen?«
    »Bist du eigentlich taub, Mann? Ich hab' gesagt, daß ich nicht fremdgehe. Wenn du mir nicht glaubst, solltest du mir vielleicht sagen, warum.«
    »Ich bin doch nicht blöd. Tagsüber arbeite ich auf dem Pier. Abends schufte ich in diesem Haus. Erzähl mir doch mal, was du tust, wenn ich weg bin.«
    Cliff war vor Schreck eiskalt geworden, so nahe war Gerry der Wahrheit gekommen, doch er faßte sich schnell. »Erzähl du mir lieber, was das soll. Worauf willst du hinaus? Spuck's aus, Ger.« Die Aufforderung war ein kalkuliertes Risiko. Doch nach Cliffs Erfahrung war der richtige Moment für einen Bluff genau der, wenn er absolut keine Ahnung hatte, welche Karten sein Gegner in der Hand hielt. In diesem Fall wußte er, welcher Art Gerrys Verdacht war, und es gab nur ein Mittel, Gerry zu der Einsicht zu bringen, daß er völlig unbegründet war. Er mußte ihn zwingen, seinen Verdacht auszusprechen, um ihn dann mit einer handfesten Demonstration heiliger Entrüstung vom Tisch zu fegen. »Na los, mach schon. Raus mit der Sprache, Gerry.«
    »Okay. Gut. Du gehst weg, wenn ich abends arbeite. Und zwischen uns ist es nicht mehr so wie früher. Ich kenne die Anzeichen, Cliff. Da läuft was.«
    »Scheiße! Ich kann's nicht fassen. Du erwartest von mir, daß ich hier rumsitze und auf dich warte? Aber ich kann nicht den ganzen Abend hier rumhocken, ohne was zu tun. Da geh' ich die Wände hoch. Also schau' ich, daß ich rauskomme. Ich geh' spazieren. Ich fahr' ein bißchen mit dem Auto rum. Ich gehe auf ein Glas ins Never Say Die. Oder ich arbeite an einem Sonderauftrag im Geschäft. Möchtest du Beweise? Soll ich dem Mädchen an der Bar sagen, sie soll mir ein Zeugnis schreiben? Oder soll ich vielleicht im Geschäft eine Stechuhr installieren, damit du mein Kommen und Gehen jederzeit überprüfen kannst?«
    Dieser Ausbruch wirkte. Gerrys Stimme veränderte sich, bekam einen beschwichtigenden Unterton, der Cliff verriet, daß er auf dem besten Weg war, die Oberhand zu gewinnen. »Ich sag' ja nur, wenn wir einen Test machen müssen, dann müssen wir eben einen machen. Es ist doch besser, die Wahrheit zu wissen, als mit einem Todesurteil zu leben, ohne es auch nur zu ahnen.«
    Gerrys neuer Ton verriet Cliff, daß er nur noch ein wenig mehr aufs Blech zu hauen brauchte, um Gerry weiter in die Defensive zu drängen. »Na großartig! Dann mach doch den Test, wenn du unbedingt willst, aber erwarte von mir nicht das gleiche. Ich brauch' nämlich keinen Test. Weil ich nämlich nicht fremdgehe. Aber wenn du schon anfangen willst, in meinen Angelegenheiten rumzuschnüffeln, kann ich bei dir das gleiche tun. Genauso leicht. Glaub mir.« Er wurde noch lauter. »Du bist den ganzen Tag draußen auf dem Pier und malochst die halbe Nacht in dem Haus von irgendeinem Kerl - wenn du da wirklich wegen der Maloche bist.«
    »Moment mal«, rief Gerry. »Was soll das heißen? Wir brauchen das Geld, und soviel ich weiß, gibt es nur ein legales Mittel, um es zu beschaffen.«
    »Klar. Wunderbar. Schufte doch, soviel du willst, wenn es wirklich das ist, was du tust. Aber erwarte nicht von mir, daß ich mich genauso verhalte wie du. Ich brauche Freiraum, und wenn du bei jedem Schritt, den ich ohne dich mache, immer gleich denkst, ich treib's mit irgendeinem Kerl in einem Pissoir -«
    »Du gehst an den Markttagen auf den Marktplatz, Cliff.«
    »Herrgott noch mal! Jetzt reicht's mir aber wirklich. Wie soll ich denn sonst einkaufen? Darf ich jetzt nicht mehr zum Markt in Clacton fahren?«
    »Die Versuchung ist da. Und wir wissen doch beide, wie leicht du schwach

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