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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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vorstellen zu können, als hart zuzupacken. Er grunzte wie ein Gorilla, was gut zu seinen überlangen Armen und seinem mächtigen Brustkasten paßte.
    Er stapfte hinter ihr den Weg entlang, der zwischen Blumenbeeten zum Haus führte. Trotz der Hitze und des Spritzverbots blühten Lavendel, Feuernelken und Phlox in üppiger Pracht. Um die Blumen bei dieser drückenden Hitze und der glühenden Sonne am Leben zu erhalten, mußten sie jeden Tag liebevoll von Hand gegossen werden, dachte Barbara.
    Hinter den Rautenglasfenstern der beiden Stockwerke des Hauses rührte sich nichts. Doch als Barbara läutete, wurde von innen ein Fensterchen in der massigen Eichentür geöffnet: eine kleine quadratische Öffnung hinter verschnörkeltem Gitterwerk. Es war ein wenig, als besuchte man ein Kloster, dachte Barbara, und sah sich durch den Anblick einer verhüllten Frau hinter dem Fensterchen bestätigt.
    »Ja?« fragte die Frau.
    Barbara zückte ihren Dienstausweis und hielt ihn vor die Öffnung. Gleichzeitig nannte sie ihren Namen und ihren Dienstgrad.
    »Wir möchten zu Muhannad Malik, bitte«, sagte sie.
    Das Fensterchen wurde zugeschlagen. Drinnen im Haus wurde ein Riegel zurückgeschoben, und die Tür öffnete sich. Sie standen einer Frau mittleren Alters gegenüber, die sich im Schatten hielt. Sie trug einen langen Rock, einen Kittel, der bis zu ihrem Hals und zu ihren Handgelenken hinunter geschlossen war, und ein Kopftuch, das sie von der Stirn bis zu den Schultern in ein dunkles Blau einhüllte, das im gedämpften Licht des Vestibüls fast schwarz wirkte.
    Sie sagte: »Was wollen Sie von meinem Sohn?«
    »Dann sind Sie also Mrs. Malik?« Barbara wartete nicht auf eine Antwort. »Dürfen wir hereinkommen?«
    Die Frau überlegte, vielleicht, ob es schicklich sei, die Beamten einzulassen, denn sie musterte sie mit prüfendem Blick, vor allem Reg Park.
    »Muhannad ist nicht zu Hause«, erklärte sie.
    »Mr. Armstrong hat uns gesagt, daß er zum Mittagessen nach Hause gefahren und nicht zurückgekommen sei.«
    »Er war hier, ja. Aber er ist wieder gefahren. Vor einer Stunde. Es kann auch sein, daß es schon länger her ist.« Sie sprach den letzten Satz in fragendem Ton.
    »Sie können nicht mit Sicherheit sagen, wann er weggefahren ist? Wissen Sie, wohin er wollte? Dürfen wir bitte hereinkommen?«
    Wieder richtete die Frau ihren Blick auf Reg Park. Sie zog ihren Schal höher und fester um ihren Hals. Da wurde Barbara plötzlich klar, wie unwahrscheinlich es war, daß diese Frau in Abwesenheit ihres Mannes je einen Mann, der nicht zur Familie gehörte, bei sich zu Gast gehabt hatte - wenn man zwei Polizeibeamte, die in amtlicher Eigenschaft hier waren, als Gäste bezeichnen konnte.
    Sie fügte darum hinzu: »Constable Park wird im Garten warten. Er hat Ihre Blumen sowieso sehr bewundert, nicht wahr, Reg?«
    Der Constable grunzte wieder auf seine ihm eigene Art. Er trat zurück und sagte mit einem vielsagenden Nicken: »Sie rufen mich, okay?« Er krümmte seine zigarrendicken Finger und hätte zweifellos auch noch mit den Knöcheln geknackt, hätte Barbara nicht mit einem gleichermaßen vielsagenden Nicken in Richtung Blumenbeete »Danke, Constable« gesagt.
    Sobald Constable Park abgezogen war, trat Mrs. Malik einen Schritt von der Tür zurück. Barbara faßte das als Einladung auf und trat schnell ins Haus, um der Frau keine Gelegenheit zu geben, es sich anders zu überlegen.
    Mrs. Malik wies in einen Raum zu ihrer Linken, offensichtlich das Wohnzimmer, dachte Barbara, nachdem sie durch den offenen Torbogen eingetreten war. Sie blieb in der Mitte des Raumes stehen und drehte sich auf dem Spannteppich mit dem leuchtenden Blumenmuster nach Mrs. Malik um. Sie stellte mit einiger Überraschung fest, daß an den Wänden keine Bilder hingen. Statt dessen sah sie dort in Gold gerahmte Sticktücher mit irgendwelchen Sprüchen auf Arabisch. Nur über dem offenen Kamin hing das Gemälde eines kubusförmigen Gebäudes vor einem azurblauen, wolkenbedeckten Himmel. Unter diesem Gemälde standen die einzigen Fotografien im Zimmer, und Barbara ging hinüber, um sie sich anzusehen.
    Eins zeigte Muhannad und seine hochschwangere Frau, Arm in Arm mit einem Picknickkorb zu ihren Füßen. Auf einem anderen waren Sahlah und Haytham Querashi vor der Veranda eines anderen Fachwerkhauses zu sehen. Die restlichen Bilder waren Aufnahmen von zwei kleinen Jungen in verschiedenen Posen, einzeln oder miteinander, in Windeln oder dick eingepackt gegen die

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