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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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nahm sich einen Moment Zeit, um sie an seiner Schürze abzuwischen, während er seiner Tochter mit einer Kopfbewegung bedeutete, wieder an ihre Arbeit zu gehen.
    »Sahlah sagte mir, daß Sie Mr. Armstrong sprechen möchten«, bemerkte Akram und tupfte dabei seine beiden Wangen und seine Stirn mit dem Handgelenk ab. Im ersten Moment glaubte Emily, es handle sich um eine Art moslemische Begrüßung, dann erkannte sie, daß er sich bloß den Schweiß vom Gesicht tupfte.
    »Ja, sie sagte, daß er hier ist. Das Gespräch wird höchstens eine Viertelstunde dauern. Es bestand eigentlich kein Anlaß, Sie zu stören, Mr. Malik.«
    »Es war schon richtig, daß Sahlah mich geholt hat«, versetzte Malik in einem Ton, der keinen Zweifel daran ließ, daß Sahlah Malik ganz automatisch das Richtige tat. »Ich führe Sie zu Mr. Armstrong, Inspector.«
    Er wies auf die Tür mit der Glasscheibe und führte Emily in das Großraumbüro dahinter. Hier standen vier Schreibtische, zahllose Aktenschränke und zusätzlich zu den Staffeleien, die Emily vorher durch das Fenster gesehen hatte, zwei Zeichentische. An einem der Tische arbeitete ein Asiate an irgendeinem kalligraphischen Entwurf, doch er legte seine Feder sofort nieder und erhob sich respektvoll, als Akram Emily durch das Büro führte. An dem anderen Tisch begutachteten eine Frau mittleren Alters und zwei jüngere Männer - alle Pakistanis wie die Maliks - eine Serie Hochglanzfotos, auf denen die Erzeugnisse des Unternehmens in einer Reihe von Vignetten vom Picknick im Grünen bis zum großen Silvesterbankett präsentiert wurden. Auch sie machten eine Pause. Niemand sprach.
    Emily fragte sich, ob es sich bereits herumgesprochen hatte, daß die Polizei da war. Sie mußten natürlich einen Besuch von der Kriminalpolizei Balford erwartet haben. Man sollte meinen, sie hätten sich darauf vorbereitet. Aber genau wie Sahlah machten sie alle Gesichter, als sollte der nächste Schritt auf ihrem Lebensweg sie zum Galgen führen.
    Akram führte sie in einen kleinen Korridor, an dem drei Büros lagen. Ehe er sie jedoch bei Armstrong abliefern konnte, ergriff Emily die Gelegenheit, die Sahlah ihr geboten hatte.
    »Wenn Sie einen Moment Zeit haben, Mr. Malik, würde ich auch gern mit Ihnen sprechen.«
    »Selbstverständlich.« Er wies zu einer offenen Tür am Ende des Korridors. Emily sah einen Konferenztisch und eine antike Vitrine, auf deren Borden kein Geschirr stand, sondern eine Auswahl der Firmenerzeugnisse. Es war ein beeindruckendes Arrangement aus mehreren Flaschen, die die verschiedensten Soßen, Gelees, Senfsorten, Chutneys, Cremes und Marinaden enthielten. Die Firma Malik hatte seit den frühen Tagen der Senfküche in einer ehemaligen Bäckerei in der Old Pier Street eine beachtliche Entwicklung genommen.
    Malik schloß die Tür nicht ganz. Er ließ sie einen Spalt offen, vielleicht mit Rücksicht darauf, daß er mit einer Frau allein war. Er wartete, bis Emily sich an den Tisch gesetzt hatte, ehe er es ihr nach tat und seine Papiermütze vom Kopf nahm, um sie säuberlich zu einem Rechteck zu falten.
    »Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Inspector Barlow?« fragte er. »Meiner Familie und mir ist sehr viel daran gelegen, dieser unglückseligen Geschichte auf den Grund zu kommen. Bitte glauben Sie mir, daß wir bereit sind, Sie in jeder nur möglichen Hinsicht zu unterstützen.«
    Sein Englisch war ausgezeichnet für einen Mann, der die ersten zweiundzwanzig Jahre seines Lebens in einem abgelegenen pakistanischen Dorf verbracht hatte, in dem es nur einen Dorfbrunnen gegeben hatte und keinerlei Errungenschaften der modernen Technik. Aber Emily wußte aus der Literatur, die er verteilt hatte, als er sich um einen Sitz im Stadtrat beworben hatte, sowie aus den Gesprächen, die er mit den Bürgern der Stadt während des Wahlkampfs geführt hatte, daß Akram Malik nach seiner Ankunft in England die Sprache vier Jahre lang bei einem Privatlehrer studiert hatte. »Der gute Mr. Geoffrey Talbert«, hatte er ihn genannt. »Er hat mich gelehrt, meine Wahlheimat zu lieben, ihr reiches Erbe und ihre herrliche Sprache.« Das war bei Bürgern, die einem Fremden eher mißtrauten, gut angekommen, und für Akram Malik hatte es sich ausgezahlt: Er hatte das Mandat mit Leichtigkeit gewonnen, und es bestand kaum Zweifel daran, daß das muffige Sitzungszimmer des Stadtrats von Balford-le-Nez nicht das Endziel seiner politischen Ambitionen war.
    »Ihr Sohn hat Ihnen gesagt, daß wir inzwischen

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