09-Die Pfade des Schicksals
ich nicht erkennen. Ich bin mir nur sicher, dass unsere Anwesenheit bemerkt worden ist. Jetzt werden wir gesucht.«
Die Ranyhyn hatten ihre Reiter im Stich gelassen.
Hol es der Teufel! Ohne Hyn … Hatten die Riesinnen genügend Platz, konnten sie sich gegen jeden Angreifer behaupten, der den Skest ähnlich war. Aber ohne Hyn und Hynyn, Narunal und Khelen …
Gott, bitte nicht. Kein weiteres Gemetzel.
Während die Riesinnen sich den Schlaf aus den Augen rieben und ihre Rüstungen anlegten, kommandierte Kaltgischt: »Beeilung, Schwertmainnir! Hier sind wir zu eingeengt. Egal was kommt, wir müssen ihm in freiem Gelände entgegentreten.«
»Aye«, stimmte Sturmvorbei Böen-Ende ihr zu. »Wir hören dich.« Sie hob Jeremiah auf und setzte ihn auf ihren linken Arm, um mit der rechten Hand das Schwert führen zu können.
»Allerdings«, bestätigte Frostherz Graubrand grinsend. »Wenn die Eisenhand in solchen Schalmeintönen spricht, hört sie das ganze Unterland.«
Graubrand duckte sich lachend, als hätte Kaltgischt nach ihr geschlagen, zog ihr Schwert und rannte aus der Höhle zu der Stelle, wo die Gesellschaft in diesen Einschnitt zwischen den Hügeln abgebogen war.
Rüstig Grobfaust und Rahnock waren dicht hinter ihr. Die übrigen Schwertmainnir bildeten eine Art Eskorte für ihre kleineren Gefährten. Linden und ihre Freunde folgten Rahnock unter Führung der Eisenhand.
In der geschützten Höhle hatte Linden ganz vergessen, wie stark der Wind noch war. In dem Tal zwischen dieser Hügelreihe und der nächsten traf die eisige Luft sie jedoch wie eine Flutwelle. Sie fühlte sich geschlagen und hin und her geworfen, als wäre sie in einen Wildbach gefallen. Selbst bei Nacht hätte sie ihre weiße Atemwolke sehen oder spüren müssen, wenn der Wind sie nicht sofort mitgerissen hätte.
Der Boden unter ihren Stiefeln knirschte, als Linden zwischen den Riesinnen weiterging. Er war gefroren …
Nach Hoch-Lord Elenas katastrophalem Gebrauch der Macht des Gebots, durch den ihr Geist in den Dienst Lord Fouls gezwungen worden war, hatte sie Bereks Stab des Gesetzes dazu benutzt, das Land in unnatürliche Winterstarre zu versetzen. Zu Füßen des Kolosses stehend, hatte sie die Feinde des Verächters mit Eis und Schnee heimgesucht.
In Andelain hatte Linden etwas Schlimmeres freigesetzt. Das verrückte Wetter dieses Tages war nur ein Vorbote eines noch wilderen Sturms.
Über Lord Foul hatte Bereks Geist gesagt: Er kann nur von jemandem befreit werden, der von Zorn getrieben die Konsequenzen seines Tuns verachtet.
Hatte sie das getan? Wahrhaftig? Hatte sie die Befreiung des Verächters schon bewirkt?
Falls das stimmte, hatte sie alles Recht, verzweifelt zu sein.
Die Kälte ließ ihr Bein schmerzen, als hätten sich die Schnitte in den Knochen eingefressen.
Der Sturmwind trieb ihr Tränen in die Augen, machte sie fast blind. Kaltgischt bellte Befehle oder Warnungen, die der Wind mit sich fortriss. Zirrus Gutwind, Spätgeborene und Onyx Steinmangold schlossen sich mit Graubrand, Grobfaust und Rahnock zusammen, um eine Art Kordon zu bilden. Die Eisenhand und Sturmvorbei Böen-Ende blieben bei Linden, Stave und Mahrtiir.
Jeremiahs Augen standen noch immer offen. Er schien nicht einmal zu blinzeln. Vielleicht tat er das nie. Dann würde er irgendwann erblinden. Blind werden wie Anele. Das war unvermeidlich.
Stave packte Linden am Arm. »Sieh nur, Auserwählte …« Sie zitterte bereits vor Kälte.
Sie kniff die Augen zusammen, wischte Tränen weg, öffnete sie wieder.
Anfangs sah sie nur kleine grüne Flammen, die in der Ferne geisterhaft auf und ab tanzten. Ihre grundsätzliche Verkehrtheit war fast mit Händen zu greifen, aber sie waren so klein … Zu unbedeutend, um viel bewirken zu können.
Dann fiel ihr auf, dass der Sturm die Flämmchen nicht beeinflusste. Sie hüpften und tanzten unbekümmert, als könnte ihnen kein Wind etwas anhaben.
Das hätte unmöglich sein müssen.
Angestrengt blinzelnd konnte sie jetzt auch die Gestalten der Schrate ausmachen. Wie Stave gesagt hatte, waren sie vage menschenähnlich. Nackt, ohne Fell oder Bekleidung. Nicht größer als Lindens Schulterhöhe. In den Händen trugen sie smaragdgrün flackernde Flämmchen, die Erinnerungen an den Weltübelstein weckten. Ihr grüner Widerschein glitzerte wie Omina oder Versprechen in ihren großen runden Augen. Weil sie so klein waren, glichen sie Gnomen, die vor Bösartigkeit stanken.
Sie rückten stetig weiter vor, jedoch nicht als
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