1010 - Das Geheimnis der blutigen Hände
Mannes ab.
Ob er noch lebte, bekam ich nicht mit, aber auf seiner Halshaut blieben die roten, blutigen Striemen zurück, in deren kleinen Schnitten auch Blutperlen lagen.
Beide Hände hielt ich fest. Aber sie waren nicht meine Gefangenen, denn sie zuckten und wehrten sich unter den Griffen. Sie wollten sich befreien, sie schlugen aus, so daß ich kaum in der Lage war, sie zu halten. Ich tanzte dabei auf der Stelle, was sicherlich lächerlich aussehen mußte, doch danach war mir nicht zumute.
Der Kampf ging weiter.
Die beiden Klauen wollten sich befreien. Ich wollte sie vernichten. Dazu hätte ich meine Beretta ziehen oder das Kreuz hervorholen müssen. Beides war mir nicht möglich, und so führte ich den verzweifelten Kampf gegen die tückischen Totenklauen weiter, die sich einfach nicht von mir besiegen lassen wollten.
Sie waren verdammt stark. Sie drehten sich in meinem Griff. Sie versuchten auch, durch ruckartige Bewegungen den Griff zu lockern, und das gelang ihnen.
Plötzlich waren sie frei!
Ich wollte noch nachfassen, griff aber ins Leere und mußte mit ansehen, wie sie verschwanden. Sie stiegen in die Höhe, sie drehten sich über meinem Kopf, was ich auch mitbekam, obwohl ich dabei war, das Kreuz unter der Kleidung hervorzuholen.
Ich wollte auf sie schießen, aber zuvor mußte ich mich durch das Kreuz selbst schützen.
Die Klauen schwebten über mir wie mutierte Greifvögel. Die Finger waren gesenkt, und wegen ihrer spitzen Nägel sahen sie aus wie gefährliche Dolche.
Ich zog die Beretta.
Die Hände reagierten nicht - noch nicht.
Dann aber stießen sie so schnell nach unten, daß mich diese Bewegung irritierte. Mein Finger lag am Abzug. Ich drückte auch ab; der Schuß hallte den Wolken entgegen. Eine Hand traf ich nicht.
Zu einem zweiten Schuß kam ich nicht.
Da waren beide Klauen bereits rechts und links an mir vorbeigejagt, und ich konnte ihnen nur nachschauen.
Meine Augen weiteten sich, denn was ich sah, war schlimm. Nicht die Hände waren mehr interessant, sondern Sheila und Bill, die sich um die Frau hatten kümmern sollen.
Sheila krümmte sich am Boden, aber von Bill sah ich nichts mehr.
***
Der Reporter war schneller gelaufen als seine Frau. Und er hatte auch das Glück gehabt, auf dem mit kleinen Steinen übersäten Boden nicht auszurutschen, so hatte er die Frau ohne Hände ziemlich schnell erreicht, die vor einem offenen Grab stand.
Bisher hatte sie ihren Blick dorthin gerichtet, wo die Hände nach ihren Befehlen handelten, jetzt aber sah sie den Fremden heraneilen und drehte sich ihm zu.
Ihr Gesicht verzerrte sich. Die Stimme war kaum zu verstehen, denn sie glich mehr einem Fauchen.
»Hau ab!«
»Nein!«
Bill lief noch näher. »Nein, Sie werden bleiben! Und zwar bei mir!« Er griff nach ihrer Schulter, bekam sie auch zu fassen und wollte sie herumzerren.
Jessica kreischte auf, als sie das Knie hochriß und Bill dorthin trat, wo es besonders wehtat.
Der Reporter hatte das Gefühl, unterhalb des Bauchnabels auseinandergerissen zu werden. Die Welt um ihn herum wurde eine andere. Schmerzen zuckten wie Lanzenstiche durch seinen Körper und brachten ihn beinahe um den Verstand. Er ächzte und heulte zugleich, und es gelang ihm nicht, auf der Stelle stehen zu bleiben. Auch den Warnruf seiner herbeieilenden Frau hörte er nicht. Bill ging noch einen Schritt zurück und trat dabei bis dicht an die Grabkante heran.
Zu dicht…
Plötzlich rutschte er ab. Bill riß noch die Arme in die Höhe, aber da gab es keine Stange, an der er sich hätte festhalten können. Rücklings fiel er in das offene Grab hinein und hatte dabei Glück im Unglück, weil der Sarg schon mit Erde bedeckt war, die deshalb seinen Aufprall dämpfte.
Die letzten Vorgänge hatten sich innerhalb weniger Sekunden abgespielt, und Sheila Conolly hatte nicht eingreifen können, weil sie einfach zu weit davon entfernt gewesen war.
Als Bill in das Grab kippte, hatte sie die handlose Frau erreicht. Aus dem Lauf hervor sprang Sheila die Person an. Sie prallte gegen Jessica, die das Gleichgewicht verlor, aber nicht in das Grab kippte, sondern daneben.
Sheila hechtete ihr nach.
Das war ihr Fehler. Zudem war sie zu ungestüm vorgegangen, denn auf diese Aktion schien die andere nur gewartet zu haben. In ihrem Überschwang hatte Sheila die angezogenen Beine der Frau übersehen. Die schnellten genau im richtigen Augenblick nach vorn. Beide Füße wuchteten in Sheilas Leib, die durch den harten Tritt zurückflog, auf dem
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