1132 - Hexenfalle Bamberg
worden, doch mit dem Wissen würde sie nichts anfangen können, da sie ebenfalls auf der Todesliste stand.
Vielleicht hätte sie etwas versucht, wenn nicht diese Ausgeburt der Hölle in der Nähe gehockt und gelauert hätte. Wenn sie diese Kreatur anschaute, dann war ihr klar, daß es die Hölle einfach geben mußte, egal in welcher Form oder Art und Weise.
Loretta Lugner war mit ihrer Erklärung noch nicht am Ende. »Ich werde dich holen, aber du bist nicht die einzige aus deiner Familie. Ich hatte vorgehabt, deinen Vater zu töten. Er nahm mich fest. Ich werde es noch tun. Nur hat sich die Reihenfolge verändert. Erst hole ich dich, danach deinen Vater.«
Es war das Todesurteil. Monika nickte sogar, als wäre sie damit einverstanden. Sie schaute auf ihre Freundin Ulrike, die wie erstarrt auf dem Dach stand und nicht einmal mit ihrem kleinen Finger zuckte. Es war nicht einmal sicher, ob sie all die Erklärungen überhaupt gehört hatte.
Die Hölle, der Teufel, Dämonen als Helfer, auch Hexen, all das kannte Monika. Früher hatten sie sich gruselige Geschichten erzählt, und auch in der Kirche war immer vom Teufel gesprochen worden. Als Kind war sie davon stark beeindruckt worden und sie hatte sich auch vor dem Teufel gefürchtet, obwohl sie ihn nie mit den eigenen Augen hatte sehen können. Später hatte sie all diese Erzählungen vergessen, und nun kehrte es zurück, wie es grausamer und stärker nicht sein konnte. Es gab den Teufel, wenn auch indirekt.
Mit einer gleitenden Bewegung stand die Hexe auf. Auf ihrem schönen Gesicht erschien ein böses Lächeln. Sie ließ den Mantel auch offen, so daß ihre Brüste nur zur Hälfte bedeckt waren. Sicherlich sollte auch diese Kleidung etwas versinnbildlichen, denn damals waren die Frauen nicht nur getötet und gefoltert werden, man hatte sie vor diesen Leiden auch als Lustobjekte angesehen und vergewaltigt. Daran hatten sich alle beteiligt. Die Ankläger, die Folterer und auch die Henker. Die Frauen waren immer nackt oder nur spärlich bekleidet gewesen, das wußte die Welt auch aus den Unterlagen, denn das gesamte Grauen war fein säuberlich aufgeschrieben und protokolliert worden.
Monika Hinz war klar, daß sie etwas unternehmen mußte. Nur hatte sie den Überblick verloren. Sie wollte sich um Ulrike kümmern, aber auch um sich, und auf zwei Hochzeiten zu tanzen, ist unmöglich.
Loretta Lugner hatte sich breitbeinig vor Ulrike Feind aufgebaut. Sie winkte ihr zu, und Monika sah, daß ein Ruck durch die Gestalt ihrer Freundin ging.
Ulrike hatte das Zeichen verstanden. Es gab die Verbindung zwischen der Schlafwandlerin und der Hexe.
Sie wollte auch gehen…
»Nein!« schrie Monika mit lauter Stimme. »Nein, nicht! tu es nicht, Ulrike!«
Sie hätte nicht rufen sollen, denn ihr Schreien war zugleich das Startsignal für das kleine Monster.
Es breitete seine Schwingen aus, stellte sie hoch und flog auf Monika Hinz zu…
***
Ulrike Feind wohnte in einem kleinen Haus, das in einer sehr schmalen Gasse lag, die nur spärlich beleuchtet war. Man hatte sie zur Einbahnstraße gemacht. Es gab dort kleine Geschäfte, auch zwei Kneipen und natürlich Wohnhäuser, die allesamt unter Denkmalschutz standen.
Es war zu schmal, um in der Gasse zu parken. Darum kümmerte sich der Kommissar nicht. Er bremste im Schein einer Laterne, die vor dem Haus ihren Platz gefunden hatte.
Elke Hinz sprang aus dem Fond des Wagens. Uwe und ich sprangen vorn heraus. Der Kommissar war gefahren und hatte auch als erster die Haustür erreicht.
Elke und ich blieben hinter ihm stehen. Wir schauten an der Fassade zum Dach hin hoch, auf dem sich zwei Gauben abzeichneten. In ihrer Umgebung war alles ruhig, und ich fragte Elke: »Wohnt Ulrike nach vorn hinaus?«
»Nein, nach hinten.«
Die Bewohner waren zu Hause, denn hinter den meisten Fenstern brannte Licht. Uwe Hinz hatte geschellt. Eine Frau schaute aus dem Parterrefenster und wollte etwas sagen, aber der Kommissar war schneller. »Öffnen Sie - Polizei!«
Sie zog sich zurück, rief nach ihrem Mann, und Elke und ich standen wie auf heißen Kohlen, denn wir verloren durch diese Aktion wertvolle Sekunden.
Endlich wurde die Haustür geöffnet. Uwe hatte kaum das Summen gehört, da stürmte er auch schon los. Ich folgte ihm auf dem Fuß, Elke blieb hinter mir. Ich huschte vorbei an den erschreckten Gesichtern eines Paars, das in Parterre wohnte und in der offenen Tür stand. An der Treppe hatte ich Uwe Hinz bereits eingeholt. Ich drängte mich
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