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12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

Titel: 12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mahles ein kleineres für die beiden Diener aufgeschlagen, und im Vorübergehen bemerkte ich, daß man auch sie mit Speise und Trank bedacht hatte. Außerhalb des Zeltkreises standen die Pferde des Scheik angebunden; zu ihnen führte er mich. Sie waren alle ausgezeichnet, zwei aber entzückten mich förmlich. Eines war eine junge Schimmelstute, das schönste Geschöpf, welches ich jemals gesehen hatte. Seine Ohren waren lang, dünn und durchscheinend, die Nasenlöcher hoch, aufgeblasen und tief rot, Mähne und Schweif wie Seide.
    „Herrlich!“ rief ich unwillkürlich.
    „Sage: Maschallah!“ bat mich der Scheik.
    Der Araber ist nämlich in Beziehung auf das sogenannte ‚Beschreien‘ sehr abergläubig. Wem irgend etwas sehr gefällt, der hat ‚Maschallah‘ zu sagen, wenn er nicht sehr anstoßen will.
    „Maschallah!“ antwortete ich.
    „Glaubst du, daß ich auf dieser Stute den wilden Esel des Sindschar müde gejagt habe, bis er zusammenbrach?“
    „Unmöglich!“
    „Bei Allah, es ist wahr! Ihr könnt es bezeugen!“
    „Wir bezeugen es!“ riefen die Araber wie aus einemMunde.
    „Diese Stute geht nur mit meinem Leben von mir“, erklärte der Scheik. „Welches Pferd gefällt dir noch?“
    „Dieser Hengst. Siehe diese Gliederung, diese Symmetrie, diesen Adel und diese wunderseltene Färbung, ein Schwarz, welches in das Blau übergeht!“
    „Das ist noch nicht alles. Der Hengst hat die drei höchsten Tugenden eines guten Pferdes.“
    „Welche?“
    „Schnellfüßigkeit, Mut und einen langen Atem.“
    „An welchen Zeichen erkennst du dies?“
    „Die Haare wirbeln sich an der Croupe: das zeigt, daß er schnellfüßig ist; sie wirbeln sich am Beginn der Mähne: das zeigt, daß er einen langen Atem hat, und sie wirbeln sich ihm in der Mitte der Stirn: das zeigt, daß er einen feurigen, stolzen Mut besitzt. Er läßt seinen Reiter nie im Stich und trägt ihn durch tausend Feinde. Hast du einmal ein solches Pferd besessen?“
    „Ja.“
    „Ah! So bist du ein sehr reicher Mann.“
    „Es kostete mich nichts – es war ein Mustang.“
    „Was ist ein Mustang?“
    „Ein wildes Pferd, welches man sich erst einfangen und zähmen muß.“
    „Würdest du diesen Rappenhengst kaufen, wenn ich wollte und wenn du könntest?“
    „Ich würde ihn auf der Stelle kaufen.“
    „Du kann ihn dir verdienen!“
    „Ah! Unmöglich!“
    „Ja. Du kannst ihn zum Geschenk erhalten.“
    „Unter welcher Bedingung?“
    „Wenn du uns sichere Kundschaft bringt, wo die Obeïde, Abu Hammed und Dschowari sich vereinigen werden.“
    Beinahe hätte ich ein ‚Juchhei!‘ hinausgejubelt. Der Preis war hoch, aber das Roß war noch mehr wert. Ich besann mich nicht lange und fragte:
    „Bis wann verlangst du diese Nachricht?“
    „Bis du sie bringen kannst.“
    „Und wann erhalte ich das Pferd?“
    „Wenn du zurückgekehrt bist.“
    „Du hast recht; ich kann es nicht eher verlangen; aber dann kann ich deinen Auftrag auch nicht ausführen.“
    „Warum?“
    „Weil vielleicht alles darauf ankommt, daß ich ein Pferd reite, auf welches ich mich in jeder Beziehung verlassen kann.“
    Er blickte zu Boden.
    „Weißt du, daß bei einem solchen Vorhaben der Hengst sehr leicht verloren gehen kann?“
    „Ich weiß es; es kommt auch auf den Reiter an. Aber wenn ich ein solches Pferd unter mir habe, so wüßte ich keinen Menschen, der mich oder das Tier fangen könnte.“
    „Reitest du so gut?“
    „Ich reite nicht so wie ihr; ich müßte das Pferd eines Schammar erst an mich gewöhnen.“
    „So sind wir dir überlegen!“
    „Überlegen? Seid ihr gute Schützen?“
    „Wir schießen im Galopp die Taube vom Zelt.“
    „Gut. Leihe mir den Hengst und schicke zehn Krieger hinter mir her. Ich werde mich nicht auf tausend Lanzenlängen von deinem Lager entfernen und gebe ihnen die Erlaubnis, auf mich zu schießen, so oft es ihnen beliebt. Sie werden mich nicht fangen und mich auch nicht treffen.“
    „Du sprichst im Scherz, Emir!“
    „Ich rede im Ernst.“
    „Und wenn ich dich beim Wort nehme?“
    „Gut!“
    Die Augen der Araber leuchteten vor Vergnügen. Gewiß war ein jeder von ihnen ein vortrefflicher Reiter; sie brannten vor Verlangen, daß der Scheik auf mein Anerbieten eingehen werde.
    Dieser aber blickte sehr unschlüssig vor sich nieder.
    „Ich weiß, welcher Gedanke dein Herz bewegt, o Scheik“, sagte ich ihm. „Sieh mich an! Trennt ein Mann sich von solchen Waffen, wie ich sie trage?“
    „Nie!“
    Ich entledigte mich

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