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12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

Titel: 12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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oberhalb Tekrit den Tigris erreichte; dann traf ich sicher auf den gesuchten Stamm.
    Mit Proviant war ich reichlich versehen; Wasser brauchte ich für mein Pferd nicht, da der Pflanzenwuchs im vollen Safte stand. Und so hatte ich weiter keine Sorge, als die Richtung beizubehalten und jede feindliche Begegnung zu vermeiden. Für das erstere hatte ich den Ortssinn, die Sonne und den Kompaß, und für das letztere das Fernrohr, mit dessen Hilfe ich alles erkennen konnte, bevor ich selbst gesehen wurde.
    Der Tag verging ohne irgend ein Abenteuer, und am Abend legte ich mich hinter einem einsamen Felsen zur Ruhe. Bevor ich einschlief, kam mir der Gedanke, ob es nicht vielleicht besser sei, ganz bis Tekrit zu reiten, da ich dort ja ohne Aufsehen vieles erfahren konnte, was mir zu wissen notwendig war. Es war dies ein sehr überflüssiges Überlegen, wie ich am andern Morgen sehen sollte. Ich hatte nämlich sehr fest geschlafen und erwachte durch das warnende Schnauben meines Pferdes. Als ich aufblickte, sah ich fünf Reiter von Norden her grade auf die Stelle zukommen, an welcher ich mich befand. Sie waren so nahe, daß sie mich bereits gesehen hatten. Flucht lag nicht in meinem Sinne, obgleich mich der Rappe wohl schnell davon getragen hätte. Ich erhob mich also, saß auf, um für alles gerüstet zu sein, und nahm den Stutzen nachlässig zur Hand.
    Sie kamen im Galopp herbei und parierten ihre Pferde einige Schritte vor mir. Da in ihren Mienen nicht die geringste Feindseligkeit zu finden war, konnte ich mich einstweilen beruhigen.
    „Sallam aaleïkum!“ grüßte mich der eine.
    „Aaleïkum!“ antwortete ich.
    „Du hast hier diese Nacht geschlafen?“
    „So ist es.“
    „Hast du kein Zelt, unter welchem du dein Haupt zur Ruhe legen könntest?“
    „Nein. Allah hat seine Gaben verschieden ausgeteilt. Dem einen gibt er ein Dach von Filz und dem andern den Himmel zur Decke.“
    „Du aber könntest ein Zelt besitzen; hast du doch ein Pferd, welches mehr wert ist, als hundert Zelte.“
    „Es ist mein einziges Besitztum.“
    „Verkaufst du es?“
    „Nein.“
    „Du mußt zu einem Stamme gehören, der nicht weit von hier sein Lager hat.“
    „Warum?“
    „Dein Hengst ist frisch.“
    „Und dennoch wohnt mein Stamm viele, viele Tagereisen von hier, weit, weit noch hinter den heiligen Städten im Westen.“
    „Wie heißt den Stamm?“
    „Uëlad German.“
    „Ja, da drüben im Moghreb sagt man meist Uëlad statt Beni oder Abu. Warum entfernst du dich so weit von deinem Land?“
    „Ich habe Mekka gesehen und will nun auch noch die Duars und Städte sehen, welche gegen Persien liegen, damit ich den Meinen viel erzählen kann, wenn ich heimkehre.“
    „Wohin geht zunächst dein Weg?“
    „Immer nach Aufgang der Sonne, wohin mich Allah führt.“
    „So kannst du mit uns reiten.“
    „Wo ist euer Ziel?“
    „Oberhalb der Kernina-Klippen, wo unsere Herden am Ufer und auf den Inseln des Tigris weiden.“
    Hm! Sollten diese Leute etwa gar Dschowari sein? Sie hatten mich gefragt: es war also nicht unhöflich, wenn auch ich mich erkundigte.
    „Welchem Stamm gehören diese Herden?“
    „Dem Stamme Abu Mohammed.“
    „Sind noch andere Stämme in der Nähe?“
    „Ja. Abwärts die Alabeïden, welche dem Scheik von Kernina Tribut bezahlen, und aufwärts die Dschowari.“
    „Wem bezahlen diese den Tribut?“
    „Man hört es, daß du aus fernen Landen kommst. Die Dschowari zahlen nicht, sondern sie nehmen sich Tribut. Es sind Diebe und Räuber, vor denen unsere Herden keinen Augenblick sicher sind. Komm mit uns, wenn du gegen sie kämpfen willst!“
    „Ihr kämpft mit ihnen?“
    „Ja. Wir haben uns mit den Alabeïden verbunden. Willst du Taten tun, so kannst du es bei uns lernen. Aber warum schläfst du hier am Hügel des Löwen?“
    „Ich kenne diesen Ort nicht. Ich war müde und habe mich zur Ruhe gelegt.“
    „Allah kerihm, Gott ist gnädig; du bist ein Liebling Allahs, sonst hätte dich der Würger der Herden zerrissen. Kein Araber möchte hier eine Stunde ruhen, denn an diesem Felsen halten die Löwen ihre Zusammenkünfte.“
    „Es gibt hier am Tigris Löwen?“
    „Ja, am unteren Lauf des Stromes; weiter oben aber findest du nur den Leopard. Willst du mit uns reiten?“
    „Wenn ich euer Gast sein soll.“
    „Du bist es. Nimm unsere Hand und laß uns Datteln tauschen!“
    Wir legten die flachen Hände ineinander, und dann bekam ich von jedem eine Dattel, die ich aß, während ich fünf andere dafür gab,

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