12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem
Habe ich es erraten?“
„Du kannst denken, aber du sollst mich nicht fragen.“
Er hatte ganz richtig geraten und schwieg. Wir ritten weiter. Nach einiger Zeit zeigten sich zwei kleine Punkte am Horizont, gerade in der Richtung auf Dschidda zu. Wie es schien, kamen sie uns nicht entgegen, sondern verfolgten eine Richtung, welche sie nach der soeben erwähnten Bucht bringen mußte. Es waren Fußgänger, wie ich durch das Fernrohr erkannte. Das mußte hier in der Wüste auffallen, und es lag der Gedanke nahe, daß sie zu den Leuten von Abu-Seïf gehörten. Es war sehr zu vermuten, daß mein Wächter dem Kapitän unsere Flucht hatte melden lassen, und in diesem Falle konnten diese beiden Männer die jetzt zurückkehrenden Boten sein.
Auch Malek hatte sie erkannt und beobachtete sie scharf. Dann wandte er sich zu seinen Leuten und flüsterte ihnen eine Weisung zu. Sofort wandten sich drei von ihnen in der Richtung zurück, aus welcher wir gekommen waren. Ich durchschaute die Absicht. Malek vermutete ganz dasselbe wie ich und wollte die Männer in seine Gewalt bekommen. Um dies zu bewirken, mußte er ihnen den Weg nach der Bucht abschneiden, aber so, daß sie es nicht merkten. Daher schob er seine Männer nicht schräg vor, sondern er ließ sie scheinbar zurückkehren und dann, sobald sie aus dem Gesichtskreise der Betreffenden verschwunden waren, einen Bogen schlagen. Während wir anderen unseren Weg fortsetzten, fragte er:
„Effendi, willst du ein wenig auf uns warten, oder reitest du nach der Stadt, wo du uns dann am Tore finden wirst?“
„Du willst diese Männer sprechen, und ich werde bei dir bleiben, bis du mit ihnen geredet hast.“
„Es sind vielleicht Dscheheïne!“
„Ich denke es auch. Deine drei Männer schneiden sie vom Schiffe ab; reite du hier schief hinüber, und ich will mit Halef unsere bisherige Richtung fortsetzen, damit es ihnen nicht einfällt, nach Dschidda zurückzufliehen.“
„Dein Rat ist gut; ich folge ihm.“
Er bog ab, und ich gab Albani einen Wink, sich ihm anzuschließen. Dieser hatte es so leichter, da ich mit Halef den schärfsten Galopp einschlagen mußte. Wir zwei flogen wie im Sturm dahin und lenkten, als wir in gleicher Linie mit den Verfolgten waren, hinter ihren Rücken ein. Sie merkten erst jetzt unsere Absicht und zögerten. Hinter sich hatten sie mich mit Halef, seitwärts von ihnen kam Malek auf sie zu, und nur der Weg vor ihnen schien noch frei zu sein. Sie legten ihn mit verdoppelter Eile fort, waren aber noch nicht weit gekommen, als die drei Ateïbeh vor ihnen auftauchten. Trotzdem es ihnen in dieser Entfernung nicht möglich gewesen war, einen von uns zu erkennen, mußten sie doch Feinde in uns vermuten und versuchten, uns im schnellsten Lauf zu entkommen. Es gab eine Möglichkeit dazu. Sie waren bewaffnet. Wenn sie sich teilten, so mußten wir dies auch tun, und dann war es einem sicher zielenden, kaltblütigen Fußgänger nicht ganz unmöglich, es mit zwei und auch drei Kamelreitern aufzunehmen. Sie aber kamen auf diesen Gedanken entweder nicht, oder es fehlte ihnen an Mut, denselben auszuführen. Sie blieben beisammen und wurden von uns zu ganz gleicher Zeit umringt. Ich erkannte sie auf der Stelle; es waren wirklich zwei von den Schiffsleuten.
„Woher kommt Ihr?“ fragte sie der Scheik.
„Von Dschidda“, antwortete der eine.
„Wohin wollt ihr?“
„In die Wüste, um Trüffel zu suchen.“
„Trüffel suchen? Ihr habt weder Tiere noch Körbe bei euch!“
„Wir wollen nur erst sehen, ob diese Schwämme hier wachsen; dann holen wir die Körbe.“
„Von welchem Stamm seid ihr?“
„Wir wohnen in der Stadt.“
Das war nun allerdings sehr frech gelogen, denn diese Männer mußten ja wissen, daß ich sie kannte. Auch Halef ärgerte sich über ihre Dreistigkeit. Er lockerte seine Peitsche und meinte:
„Glaubt ihr etwa, daß dieser Effendi und ich blind geworden sind? Ihr seid Schurken und Lügner! Ihr seid Dscheheïne und gehört zu Abu-Seïf. Wenn ihr es nicht gesteht, wird euch meine Peitsche sprechen lehren!“
„Was geht es euch an, wer wir sind?“
Ich sprang vom Kamele, ohne es niederknien zu lassen, und nahm die Peitsche aus Halefs Hand.
„Laßt euch nicht verlachen, ihr Männer! Hört, was ich euch sage! Was diese Krieger vom Stamme der Ateïbeh mit euch haben und von euch wollen, das geht mich nichts an; mir aber sollt ihr Antwort geben auf einige Fragen. Tut ihr es, so habt ihr von mir nichts weiter zu befürchten; tut ihr es
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