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12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

Titel: 12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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was wir gewonnen haben?“
    „Die Zehka, welche Abu-Seïf geraubt hat, gehört dem Scherif Emir.“
    „Dem Scherif Emir, der uns ausgestoßen hat? Selbst wenn das Geld ihm gehörte, würde er es nicht wieder erhalten. Aber glaubst du wirklich, daß es die Zehka war? Du bist belogen worden. Nur der Scherif hat das Recht, diese Steuer einzusammeln, und dies wird er niemals durch einen Türken tun lassen. Der Türke, welchen du für einen Zolleinnehmer gehalten hast, war entweder ein Schmuggler oder ein Zöllner des Pascha von Ägypten, den Allah erschlagen wolle!“
    „Du hassest ihn?“
    „Dies tut jeder freie Araber. Hast du nicht von den Greueltaten gehört, welche zur Zeit der Wachabiten hier geschahen? Mag das Geld dem Pascha gehören oder dem Scherif, es bleibt mein. Doch die Zeit der Fagr naht. Mache dich bereit, uns zu folgen. Wir können hier nicht länger bleiben.“
    „Wo wirst du dein Lager aufschlagen?“
    „Ich werde es an einem Ort errichten, von welchem aus ich die Straße zwischen Mekka und Dschidda beobachten kann. Abu-Seïf darf mir nicht entgehen.“
    „Hast du auch die Gefahren berechnet, welche dir drohen?“
    „Meinst du, daß ein Ateïbeh sich vor Gefahren fürchtet?“
    „Nein, aber selbst der mutigste Mann muß zugleich auch vorsichtig sein. Wenn dir Abu-Seïf in die Hände fällt und du ihn tötest, so mußt du dann augenblicklich diese Gegend verlassen. Du wirst dann vielleicht das Kind deiner Tochter verlieren, welches sich zu dieser Zeit mit Halef in Mekka befindet.“
    „Ich werde Halef sagen, wo er uns in diesem Falle zu suchen hat. Hanneh muß nach Mekka, ehe wir fortgehen. Sie ist unter uns die einzige Person, welche noch nicht in der heiligen Stadt war, und später ist es ihr vielleicht unmöglich, dahin zu kommen. Deshalb habe ich mich schon lange nach einem Delyl für sie umgesehen.“
    „Hast du dich entschieden, wohin du ziehen wirst?“
    „Wir ziehen in die Wüste El Nahman, nach Maskat zu, und dann senden wir vielleicht einen Boten nach El Frat (Euphrat) zu den Beni Schammar oder zu den Beni Obeïde, um uns in ihren Stamm aufnehmen zu lassen.“
    Der kurzen Dämmerung folgte der Tag. Die Sonne berührte den Horizont, und die Araber, welche noch nach dem vergossenen Blut rochen, knieten nieder zum Gebet. Bald darauf waren die Zelte abgebrochen, und der Zug setzte sich in Bewegung. Jetzt, da es vollständig hell war, sah ich erst, welche Menge von Gegenständen sich die Ateïbeh vom Schiff angeeignet hatten. Sie waren durch diesen Überfall mit einemmal zu wohlhabenden Leuten geworden. Aus diesem Grunde herrschte eine ungewöhnliche Munterkeit unter ihnen. Ich hielt mich etwas zurück. Ich war verstimmt, weil ich mich die unschuldige Ursache von dem Untergang der Dscheheïne nennen mußte. Ich konnte mir allerdings keinen Vorwurf machen, aber es galt doch immer, das Gewissen zu befragen, ob ich mich nicht vielleicht hätte anders verhalten können. Auch machte mir die Nähe Mekkas viel zu schaffen. Da lag sie, die ‚Heilige‘, die Verbotene! Sollte ich sie meiden, oder sollte ich es wagen, sie zu besuchen? Ich zuckte in allen Gliedern nach ihr hin, und dennoch mußte ich die Bedenklichkeiten, welche dagegen aufstiegen, ernstlich berücksichtigen. Was hatte ich davon, wenn der Besuch gelang? Ich konnte sagen, daß ich in Mekka gewesen sei – weiter nichts. Und wurde ich entdeckt, so war mein Tod unvermeidlich, und was für ein Tod! Aber hier konnte ein Überlegen und Abwägen der Gründe zu nichts führen, und ich beschloß, mich nach den eintretenden Verhältnissen zu richten. Ich hatte dies so oft getan und war immer glücklich dabei gewesen.
    Um so wenig wie möglich Begegnungen zu haben, machte der Scheik einen Umweg. Er erlaubte keine Ruhepause, bis der Abend hereinbrach. Wir befanden uns in einer engen Schlucht, welche von steilen Granitwänden eingefaßt war, zwischen denen wir eine Strecke weit fortschritten, bis wir in eine Art Talkessel gelangten, aus dem es keinen zweiten Ausweg zu geben schien. Hier stiegen wir ab. Die Zelte wurden errichtet, und die Frauen zündeten ein Feuer an. Heute gab es eine sehr reichliche und mannigfaltige Mahlzeit, die natürlich aus der Schiffsküche stammte. Dann kam der von allen ersehnte Augenblick der Beuteverteilung.
    Da ich damit nichts zu schaffen hatte, so verließ ich die anderen und machte die Runde um den Talkessel. An einer Stelle dünkte es mich, als ob man hier doch emporsteigen könne, und ich versuchte es. Die

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