1352 - Die schwarzen Schiffe
geschlechtsloser Android ... Gar nichts wußte sie.
Nerva-Than ließ mit zwei, drei Griffen den Translator aus seiner Halterung im Halskragen des SERUNS gleiten. Gewollt auffällig plazierte sie das Gerät direkt neben der Wasserkaraffe. „Wie geht es jetzt weiter?" wollte neben ihr Narktor wissen.
Nerva-Than schaute den Mann kurz an, wandte sich aber rasch wieder ab, als habe sie Angst, seinem Blick zu begegnen. „Nun - in erster Linie müssen wir wohl abwarten, bis er Durst bekommt. Aber ich kann noch etwas tun, um die Sache zu verdeutlichen."
Mit ein paar kehligen, gleichsam trillernden Lauten schickte sie den nächstbesten Kekkerek aus dem Haus. Ein paar Minuten später kehrte der affenähnliche, nur sechzig Zentimeter große Ureinwohner des Planeten mit einem kugelförmig eingerollten Blatt zurück. Nerva-Than bedankte sich und nahm die Kugel in Empfang.
Narktor zog fragend die Augenbrauen hoch. „Was soll das?" wollte er wissen.
Nerva-Than ließ aus dem Hohlraum der Kugel feinen Pudersand vor den Fremden rieseln. Das kleine Häufchen verteilte sie mit dem Handrücken zu einer dünnen, gleichmäßigen Fläche. „Siehst du, mein Lieber? Eine praktische Zeichentafel. Etwas Besseres gibt's hier im Urwald nicht."
Der Fremde folgte ihren Bewegungen mit starrem Blick. Feine Schweißperlen glitzerten auf seiner Lederhaut - jedenfalls dachte Nerva-Than, daß es Schweißperlen waren. Wenn es sich bei ihrem „Gast" tatsächlich um einen Wüstenbewohner handelte, wie bereits einmal vermutet, mußte dies nicht viel bedeuten. „Und jetzt?"
„Ganz einfach", antwortete sie, „ich zeichne ihm ein paar Wassermoleküle in den Sand."
Mit einem Zweigende zog sie dünne Linien und formte daraus die charakteristische Dipolstruktur des H2O-Moleküls. Überall im bekannten Universum war diese Struktur die gleiche, und wenn der Fremde über ein Minimum an chemischem Wissen verfügte, würde er den Hinweis verstehen.
Trotzdem vergingen vier Stunden, bis er endlich zu sprechen begann. Es handelte sich lediglich um ein paar Worte, vorgebracht in tiefer, sonorer Stimme, der Nerva-Than den Wassermangel jedoch anhörte.
Sie deutete erregt auf das H2O-Modell und winkte ein paarmal ungeduldig. Der Fremde sprach weiter, diesmal offenbar ganze Sätze, und als Belohnung flößte sie ihm einen Schöpflöffel voll warmer Flüssigkeit ein. „Na also!" sagte sie. „War das so schlimm? Nur weiter; dann mußt du keinen Durst leiden!"
Der Fremde schien ihre Worte zu verstehen, denn von nun an gab er in regelmäßigen Abständen ein paar Worte von sich. Noch war es zuwenig, um damit dem Translator ausreichende Daten einzuspeisen, aber es würde schon werden, dachte Nerva-Than.
Am Ende des Tages ließ sie die Kekkerek seine Fesseln ein wenig lockern. „Paßt die Nacht gut auf ihn auf", schärfte sie ihren Schützlingen ein. „Ich und der Große Mann müssen schlafen."
„Was meinst du, Nerva-Than, wirst du rechtzeitig mit ihm sprechen können?"
„Wir haben einen guten Anfang gemacht, denke ich... Wie es ausgeht, wissen bloß die toten Patriarchen."
Sie schlief ein, doch der starre Blick des Fremden verfolgte sie bis in den Traum.
Am nächsten Morgen weckten das Tageslicht und die brütende Hitze im Innern des Baumhauses sie zu gleichen Teilen. Narktor begann soeben, sich schlaftrunken aufzurappeln, und sie sah, daß der Mann aus irgendeinem Grund schlechte Laune hatte. Vielleicht ein Morgenmuffel, dachte sie. Irgendwie stimmte der Gedanke tröstlich - obwohl nur ein paar Kilometer von hier drei Schiffe voll feindlich gesinnter Fremder lagen, hatten die alltäglichen Dinge des Lebens doch Bestand.
Sie nahm ein kurzes Frühstück zu sich, das lediglich aus abgefiltertem Wasser und Konzentratwürfeln bestand. Mehr Zeit blieb nicht. Sie würde bis in die Nacht arbeiten können, aber dann begann unwiderruflich das Spähuntemehmen der beiden Männer. Nebenher arbeitete natürlich Kaekkata mit seinen Artgenossen daran, ihnen mit einem Ablenkungsmanöver die Sache zu erleichtern. Narktor und Wido Helfrich würden nicht schlecht staunen ... Zumindest, wenn alles nach Plan verlief. „Nun zu dir", wandte sich Nerva-Than an den Fremden. Auf seiner dunkelbraunen Haut standen bereits vereinzelt Schweißperlen. Sie erblickte darin ein Zeichen, daß er wieder Wassermangel litt. Einem spontanen Entschluß folgend, hielt ihm die Frau ohne Gegenleistung einen gefüllten Schöpflöffel voller Flüssigkeit vor den Mund. Sie mußte sein Vertrauen
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