14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
welche die Stadt der Ommijaden in einen bösen Ruf gebracht haben.
Das Quartier der Christen liegt im Osten der Stadt und beginnt beim Thomastor am Ausgangspunkt des Palmyraner Karawanenweges. Es ist ebensowenig schön wie die übrigen Stadtteile und enthält eine Menge von Ruinen, welche aufzuräumen der Moslem gar nicht für nötig hält. Hier steht in der Nähe des Lazaristenklosters das Gebäude, in dem im Jahre 1869 der Kronprinz von Preußen sein Quartier aufschlug.
Südlich davon, jenseits der ‚geraden Straße‘ befindet sich das Quartier der Juden, während die Westhälfte der Stadt den Moslemin gehört. Hier sieht man die schönsten Bauwerke der Stadt: Die Zitadelle, die prächtigen Bazarhallen, den großen Han Assad Pascha und vor allen Dingen die Moschee der Ommijaden, in welche leider kein Christ den Fuß setzen darf.
Sie ist 550 Fuß lang und 150 Fuß breit und steht an der Stelle eines heidnischen Tempels, welchen Kaiser Theodosius zerstörte. Arkadius erbaute an demselben Ort eine christliche, dem heiligen Johannes geweihte Kirche. In ihr befand sich der Schrein, in welchem das abgeschlagene Haupt Johannes des Täufers aufbewahrt wurde und das von Chalid, dem Eroberer von Damaskus, noch vorgefunden worden sein soll.
Dieser Chalid, welchen die Moslemin ‚das Schwert Gottes‘ nennen, machte die Hälfte der Johanneskirche zur Moschee, eine Seltsamkeit, welche ihren besonderen Grund hatte. Die Belagerungsarmee bildete nämlich zwei Heerhaufen; der eine lag unter Chalid selbst vor dem Osttor und der andere unter dem milden Abu Obeïda vor dem Westtor. Über die Länge der Belagerung von Zorn entbrannt, schwur Chalid, keinen einzigen Einwohner zu schonen. Er drang endlich siegreich durch das Osttor ein und ließ das Würgen beginnen. Da beeilte sich der westliche Stadtteil, einen Vertrag mit Abu Obeïda abzuschließen und ihm das Tor unter der Bedingung freiwillig zu öffnen, daß er die Menschen schonen werde. Er ging darauf ein. Beide Heerhaufen bewegten sich nun auf der ‚geraden Straße‘ von entgegengesetzten Richtungen aufeinander zu und stießen bei und in der Johanneskirche zusammen. Auf Abu Obeïdas Vorstellung hielt Chalid mit Morden ein und bewilligte, daß den Christen die eine Hälfte der Kirche verbleiben solle.
So beteten ungefähr 150 Jahre lang Christen und Mohammedaner in demselben Tempel, bis es Welid dem Ersten einfiel, das Bauwerk ganz für seine Glaubensgenossen in Anspruch zu nehmen. Er bot zwar anderweitigen Ersatz für den Verlust, welchen die Christen dadurch erlitten, aber diese trauten seinem Versprechen nicht und traten seinem Vorschlag entgegen. Es gab eine Weissagung, daß derjenige, welcher an diesen Tempel Gottes die Hand legen werde, unrettbar dem Wahnsinn verfallen sei, und man glaubte, daß der Kalif sich durch diese Prophezeiung abschrecken lassen würde. Dies geschah aber nicht; vielmehr war er der erste, welcher den Hammer ergriff, um das herrliche Altarbild zu zertrümmern. Dann wurde der Eingang der Christen vermauert. Die Kirche – nun völlig Moschee – erhielt geschlossene Hallen aus korinthischen Säulen und ward mit Mosaik und sechshundert massiv goldenen Ampeln ausgeschmückt. Zu ihrer Neugestaltung wurden gegen zwölfhundert griechische Baumeister und Künstler herbeigerufen; man schleppte die schönsten Säulen Syriens nach Damaskus, und die Überlieferung berichtet, daß achtzehn Lasttiere an den Rechnungen zu tragen hatten, als der Kalif dieselben berichtigen wollte. Welid bezahlte und ließ dann die Rechnungen verbrennen, um den Betrag der riesigen Kosten zu einem ewigen Geheimnis zu machen.
Mokaddy, ein arabischer Schriftsteller, erzählt, daß die Wände der Moschee bis zu einer Höhe von zwölf Fuß mit Marmor bekleidet und dann bis zur Decke mit Mosaiken von Glas in Gold und Farben geschmückt seien. Auch die Deckengewölbe der Seitenhallen, welche von schwarzen Säulen mit goldenen Kapitalen getragen wurden, und die Zinnen nach außen und über dem Hofe, die auf weißen Marmorsäulen ruhten, waren mit reichem Mosaik ausgestattet. Auf dem Kubbet en Nisr (Kuppel des Geiers) ruhte eine goldene Zitrone und auf ihr eine eben solche Granate. Die drei Minarehs der Moschee stammen aus verschiedenen Zeiten. Das ‚Brautminareh‘ im Norden wurde als einfacher Turm mit kegelartigem Aufsatz von Welid erbaut; El Gharbije aber zeigt ägyptisch-arabischen Stil, nämlich ein zierliches Achteck, welches von Galerie zu Galerie sich verjüngt und in
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