1412 - Die Hellseherin
getan, indem er sich an diese Hellseherin wandte. Sie wusste tatsächlich Bescheid.« Er schüttelte den Kopf.
»Überrascht es dich?«
»Tja, ich weiß nicht, Dagmar, wie ich das alles unter ein Dach bekommen soll. Es ist schon ungewöhnlich, dass eine Frau so gut informiert ist, die mit dem Fall persönlich nichts zu tun hat. Auf der anderen Seite sollten gerade wir zu den Menschen gehören, die so etwas akzeptieren.«
»Eben, Harry.«
»Aber interessant ist es schon.«
»Das stimmt.« Dagmar schenkte sich auch eine Tasse ein. »Wie ich dich einschätze, würdest du sie gern persönlich kennen lernen – oder?«
»Ja. Sie würde mich wirklich interessieren.«
»Dann versuch, ihre Nummer herauszufinden. Sie hat dich angerufen.«
Stahl lächelte. »Ich glaubte, das werde ich. Die Frau ist eine interessante Persönlichkeit. Ich kann mir vorstellen, dass sie so etwas wie ein zweites Gesicht hat. Sie wusste sehr genau, wo ich suchen musste, und ich glaube nicht, dass sie mit der Entführung etwas zu tun gehabt hatte. Damit kann ich mir Zeit lassen. Heute wird in dieser Richtung nichts mehr passieren.«
Dagmar lächelte. »Soll ich uns noch etwas zu essen machen?«
»Nein, ich habe keinen Hunger. Ich möchte erst die Bilder aus dem Kopf bekommen.«
»Verstehe.«
Harry griff zur Kanne, um sich erneut die Tasse zu füllen, als das Telefon anschlug. Zwei Apparate waren in der Wohnung verteilt.
Einer davon stand in der Küche, und Harry meldete sich.
»Ah, Sie sind wieder in Ihrer Wohnung!«
»Ja, das bin ich.« Er hatte die Stimme sofort erkannt. Sie gehörte Anna Lebrun.
»Ich dachte es mir.«
Harry bewegte seine Lippen. Er formulierte lautlos den Namen der Anruferin. Dagmar Hansen nickte zum Zeichen, dass sie verstanden hatte. Ansonsten hielt sie sich zurück, konnte allerdings zuhören, weil der Apparat mit einem Lautsprecher ausgestattet war.
»Ich gratuliere Ihnen, Herr Stahl.«
»Ach nein, das war…«
»Doch, doch. Sie sollten Ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen. Es war schon recht gut, was Sie da geleistet haben. Das hätte nicht jeder geschafft.«
»Nun ja, so etwas gehört zu meinen Aufgaben. Das eigentliche Lob gebührt Ihnen, denn Sie sind es gewesen, die mich auf die Spur gebracht hat.«
»Ich tat, was getan werden musste. Ich konnte Herrn von Hausberg ja nicht im Stich lassen. Ich besitze eben eine besondere Gabe und setze Sie ein.«
Anna Lebrun lachte heftig. Danach sprach sie wieder. Jetzt allerdings klang ihre Stimme kälter, was Harry schon verwunderte.
»Sie werden das Lob und die Meriten ernten, aber ich werde dabei im Hintergrund bleiben.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Ich denke an eine gewisse Dankbarkeit, Herr Stahl. Ja, eine Dankbarkeit, wenn Sie verstehen, was ich damit sagen will.«
»Nein, im Moment habe ich damit meine Probleme.«
»Sie sind mir etwas schuldig!«
Dieser Satz war knallhart gesprochen worden. Auch Dagmar hatte ihn gehört, und sie bekam für den Moment große Augen. Ein ungute Gefühl stieg in ihr hoch.
»Ich weiß nicht so richtig, worauf Sie hinauswollen, Frau Lebrun«, erklärte Harry.
»Ich habe Ihnen geholfen, Herr Stahl. Aber auch mir hat jemand geholfen, wenn Sie verstehen.«
»Nein, nicht direkt.«
»Dann will ich es Ihnen sagen. Mir hat ein Mächtiger, ein sehr Mächtiger geholfen. Er hat einen Namen, der wirklich international bekannt ist…«
»Und wir heißt Ihr Helfer?«
»Es ist der Teufel!«
Auch diese Antwort war so laut gesprochen worden, dass Dagmar sie ebenfalls verstanden hatte. Auch sie war sprachlos. Ebenso wie Harry.
»Wieso sagen Sie nichts, Herr Stahl?«
Harry musste sich räuspern. »Nun ja, ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe.«
»Das haben Sie bestimmt. Ich sprach vom Teufel. Ihm bin ich dankbar. Er hat mich geprägt. Ich bin dem Teufel schon immer etwas schuldig gewesen. Ab jetzt sind Sie es auch, Herr Stahl. Sie sind mir und dem Teufel was schuldig.«
»Aber ich…«
»Denken Sie daran, Herr Stahl. Vergessen Sie es nicht. Sie sind dem Teufel etwas schuldig…« Ein scharfes Lachen erreichte die Ohren der Zuhörer.
Dann legte die Anruferin einfach auf…
***
Dagmar Hansen und Harry Stahl schauten sich an. Beide wussten zunächst nicht zu sagen. Sie blieben am Tisch sitzen, und Harry spürte, wie ihm das Blut in den Kopf stieg. Er schluckte einige Male.
Seine Partnerin Dagmar Hansen schüttelte schließlich den Kopf und sagte mit leiser Stimme: »Wer ist diese Frau? Wie kann sie so
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