1511 - Der letzte Engel
Hexen hatten ihrer ebenfalls schwarzmagischen Kraft nichts entgegenzusetzen gehabt. Zuletzt hatte Suko damit sogar den riesenhaften Aibon-Drachen vernichtet.
Hier sah einiges anders aus. Die Hexen waren nicht vernichtet. Es sah so aus, als ob die Riemen der Dämonenpeitsche sie kampfunfähig geschlagen hatten.
Keine stand mehr auf den Beinen. Nur die Blonde kniete. Ihre Freundinnen lagen oder wälzten sich auf dem Boden, und sie hatten noch jetzt unter den Treffern zu leiden. Es gab keine unter ihnen, die nicht jammerte. Die Schmerzen peinigten ihre Körper. Das war für Suko ein Beweis, dass er sie nicht zu den normalen Menschen zählen konnte.
Ihnen hätten die Schläge zwar auch wehgetan, aber sie hätten nicht diese Auswirkungen gehabt. Überall dort, wo die Riemen getroffen hatten, da hatten sie auch ihre Spuren hinterlassen.
Wunden an den Armen und an den Gesichtern oder in den Nacken.
Selbst die Kleidung hatte die Wirkung der Peitsche nicht abschwächen können.
Es war für Suko gut zu sehen, denn in ihrer Panik hatten sich die Frauen die Gewänder aufgerissen. Darunter waren sie nackt, und dort hatte die Peitsche auch ihre Spuren hinterlassen und Wunden geschlagen. Aber es waren Wunden, aus denen Blut floss. Wären sie voll und ganz dämonische Wesen, hätte es anders ausgesehen. Dann wären sie gestorben, einfach elendig vergangen. Die Macht des Teufels hatte sie nicht völlig übernehmen können. So waren sie noch irgendwie Menschen geblieben, wenn jetzt auch mit schweren und tiefen Wunden, die so leicht nicht heilen würden, wenn überhaupt.
Suko ging zu der Blonden hin. Sie konnte und wollte noch immer nichts sehen, denn nach wie vor verdeckte die Person ihr Gesicht mit den Händen. Suko zerrte sie nach unten, denn er hatte gesehen, dass auch ihr Gesicht erwischt worden war.
Das stimmte.
Es sah schlimm aus.
Der Riemen hatte sie diagonal getroffen und seine Spuren hinterlassen.
Unter dem Auge war die Haut ebenso gerissen wie an den Wangen. Die Augen waren nicht direkt in Mitleidenschaft gezogen worden, aber es reichte Suko auch so, was er sah.
Hier konnte man von einem Stigma sprechen, das diese blonde Hexe nie mehr loswerden würde, es sein denn, sie erhielt eine Hauttransplantation.
Aus der langen schrägen Wunde sickerte das Blut. Es war nicht mehr so rot und so dick, weil es sich mit einer anderen Flüssigkeit vermischt hatte. Man konnte schon von einer grünlichen Brühe sprechen, die aus den Wunden der Hexe lief.
Suko sah sich bestätigt, dass sie nicht zu den Dämonen gehörten. Sie waren vom Teufel infiziert worden, und er hatte es auch geschafft, sie auf ihre Seite zu ziehen, ihnen aber den Rest des normalen Menschseins noch gelassen.
Da die Augen nicht in Mitleidenschaft gezogen worden waren, schaffte es die Blonde, Suko anzuschauen. Er las in diesem Blick keinen Hass mehr, wie es zuvor der Fall gewesen war. Jetzt sah er nichts als Verzweiflung darin.
Sie tat ihm leid. Er wusste auch nicht, mit welchen Worten er sie trösten sollte.
Mit fahrigen Bewegungen wischte sie die Tränen aus ihren Augen. »Was war das?«
Suko hob die Schultern. »Was soll ich Ihnen sagen? Ich kann nur erklären, dass Sie den falschen Weg gegangen sind. Sie hätten sich nicht dem Teufel verschreiben sollen.«
»Er ist so mächtig. Er hat uns alles versprochen. Schauen Sie uns doch an, woher wir kommen. Hier sagen sich Hase und Fuchs gute Nacht. Das ist eine Gegend ohne Chancen. Besonders für Frauen. Und so haben wir uns zusammengeschlossen, um etwas auf die Beine zu stellen. Wir wollten etwas Neues.«
Suko nickte. »Das verstehe ich sogar. Und das Neue musste außergewöhnlich sein - oder?«
»So ist es. Wir wollten endlich einmal Power.«
»Es war die falsche Kraft oder Macht.«
»Wir haben gelesen. Wir haben nachgeforscht, und es kam uns irgendwie vor, als hätte uns eine bestimmte Kraft zu diesem Hexenbrunnen geführt. Sein Name tauchte immer wieder auf. Nicht nur in unseren Gesprächen, auch in unseren Träumen, und so wollten wir herausfinden, was tatsächlich mit ihm geschehen ist. Wie es damals war. Über Hexen und Hexenproben. Genau das hat uns fasziniert. Es war für uns so, als hätte sich uns eine völlig neue Welt geöffnet. Und das war auch so.«
»Und wie kam es dazu?«
»Wozu?«
»Dass ihr euch so verändert habt.«
Sie lächelte. »Es war immer der Teufel. Er war stets in unserer Nähe. Wir erlebten seine Kraft. Er braucht ja seine Diener und Dienerinnen. Hexen waren sehon in
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