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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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entfernt, von dem, was eigentlich seine Aufgabe war?
    Erst sacht, dann kraftvoller schlug er die ersten Töne des Liedes an, das gerade sein ganzes Denken ausfüllte. Obwohl er lange nicht mehr gespielt hatte, wusste er noch jede Note und vergaß bald alles um sich herum.
    Erst als der letzte Ton verklungen war, entdeckte er den Zuhörer an der Tür.
    »Ich wollte nicht stören. Von wem ist dieses Stück?«, fragte der junge Prinz Eugen von Württemberg. »Es kommt mir so vertraut vor, obwohl ich meine, es noch nie gehört zu haben.«
    Sofort erhob sich Thielmann. »Königliche Hoheit!«
    Doch Prinz Eugen bedeutete ihm mit einer Handbewegung, auf Formalitäten zu verzichten, und strich sich mit einer ruhigen Bewegung durch die braunen Locken.
    »Setzen Sie sich und tun Sie mir die Freude, es noch einmal zu spielen! Vielleicht erkenne ich es ja diesmal«, meinte er und zog einen der grazilen Stühle zu sich heran, um Thielmann von dem Dilemma zu erlösen, dass er nicht sitzen durfte, während ein Angehöriger eines Königshauses stand.
    »Das ist unwahrscheinlich, Hoheit. Die Komposition ist recht unbekannt; das Werk eines guten Freundes aus Dresden, Körner. Auf Schillers Ode
An die Freude.
«
    »Körner …
der
Körner, der Schiller bei sich in Sachsen aufnahm, als dieser in Nöten war?«, fragte Eugen von Württemberg sofort zurück. »Erzählen Sie das meinem Lehrer Wolzogen, und Sie bereiten ihm eine große Freude. Sein Bruder Wilhelm war Schillers Kamerad auf der Stuttgarter Militärakademie, später wurde er sein Schwager. Jetzt weiß ich auch, warum mir das Stück so bekannt vorkam. Es war der Geist, nicht die Noten!«
    Thielmann kannte diese Verbindung, und er schätzte den Oberst Ludwig von Wolzogen – nicht nur wegen der Vermittlung nach seiner Ankunft im Hauptquartier der Alliierten, sondern auch für seinen außerordentlichen militärischen Sachverstand.
    »Mein Freund Körner betrachtet diese Komposition eher als Provisorium«, erklärte er, nachdem er das Stück noch einmal gespielt hatte. »Er komponiert nur aus Liebhaberei …«
    »Oh, das tat ich auch, als ich jung war«, gestand Prinz Eugen lächelnd. »In einer Nacht habe ich etwas zusammengeschrieben und nannte es auch noch dreist Oper. Aber ich hatte einen wirklich begabten Musiklehrer, kaum älter als ich damals: Carl Maria Weber. Er ist jetzt in Prag, wie ich glaube, und nennt sich
von
Weber …«
    »Körner und ich hoffen immer noch, dass sich einer der großen Komponisten Schillers Ode annimmt«, fuhr Thielmann fort. »Gerüchteweise soll Beethoven daran arbeiten. Es könnte ein Hymnus für ganz Europa werden.«
    Mit einer entschlossenen Bewegung klappte er den Klavierdeckel zu. »Aber nicht jetzt. Unter den Waffen schweigen nicht nur die Gesetze, sondern auch die Musen.«
    »Wolzogen erzählte mir, dass Ihr erster Empfang durch den Fürsten Wolkonsky recht kühl ausfiel«, meinte Eugen von Württemberg mit ironischem Blick. »Machen Sie sich nichts daraus! Wie Sie sehen, ist beinahe die Hälfte der Generalität deutscher Herkunft. Und die Russen legen verständlicherweise großen Wert darauf, vor allem die Leistungen der russischen Feldherren zu würdigen.«
    Er ging zur Tür und befahl seiner draußen wartenden Ordonnanz, Sekt und Gläser zu bringen.
    »Wie Sie den Rückzug des Heeres von Bautzen deckten, war eine Glanzleistung«, sagte Thielmann mit ehrlicher Anerkennung. »Vielleicht nehmen Sie dieses aufrichtige Lob von einem dienstälteren Deutschen entgegen, wenn es Ihnen der Zar nicht zugestehen will.«
    Prinz Eugen lächelte verhalten. »Ich bin dem Zaren, meinem Cousin, treu ergeben. Nur fällt es ihm schwer, das zu glauben, da mich sein Vater einst über alle Maßen auszeichnete. Dem Vater unseres Zaren gefiel es, mich mit acht Jahren zum Oberst und mit zehn Jahren zum Generalmajor seiner Armee zu befördern. Damit tat er mir trotz aller Ehre keinen Gefallen, denn ein General von zehn Jahren ist natürlich ein äußerst lächerlicher Anblick. Deshalb fühle ich mich verpflichtet, mir diesen Rang erst auch wirklich zu verdienen.«
    »Das haben Sie spätestens in Smolensk!«
    »Smolensk … war aus taktischer Sicht eigentlich nichts anderes als unlängst bei Bautzen«, erwiderte Eugen und füllte schwungvoll die Gläser, ohne die Flasche danach abzustellen. »Wir sind zu dieser Schlacht nur angetreten, um der Welt noch einmal zu zeigen, dass wir kampfbereit und von den Gegnern zu fürchten sind, bevor wir uns geordnet zurückzogen.

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