1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)
hinauswollte. »Wenn Sie eine ehrliche Antwort wollen: Man gewöhnt sich nicht daran. Das ist ein Krieg, der durch die Nationen, die Völker, die Familien geht. Als Angehöriger der Kaiserlich-Russischen Armee kämpfe ich gegen die Truppen meines Onkels, des Königs von Württemberg, der als Regent eines Rheinbundstaates Napoleon Kontingente zu stellen hat. Ich hatte mit meinen Soldaten versucht, verwundete Landsleute zu retten. Aber Sie können selbst ermessen, wie gering die Chancen waren, sie am Leben zu erhalten. In Smolensk sah ich, wie einer unserer Gardeobristen unter den toten Feinden einen polnischen Vetter entdeckte. Es gibt Tausende solcher Schicksale. Wenn der Waffenstillstand abgelaufen ist und dieser Krieg weitergeht – und selbstverständlich wird er weitergehen –, werden Sie auch gegen Deutsche kämpfen. Und was es noch schwerer macht: Sie werden diesmal unter den Gegnern Männer vor sich haben, die Sie selbst ausgebildet haben, mit denen Sie an einem Tisch saßen.«
Er legte eine kurze Pause ein, bevor er weitersprach.
»Aber das haben Sie bei Ihrem Entschluss, zu den Alliierten überzutreten, gründlich abgewogen. Sie sind jetzt hier. Lassen Sie uns darauf trinken, dass sich Sachsen und Württemberg schnell entschließen, die Seiten zu wechseln!«
Schwungvoll goss er sich und Thielmann aus der halb vollen Flasche ein, die er immer noch in der Hand hielt, ohne auch nur einen Tropfen zu vergeuden.
»An meine Männer in Torgau appellierte ich vergeblich, mir zu folgen«, berichtete Thielmann mit finsterer Miene. »Und den Plan mit der Sächsischen Division, den der Zar billigte, kann ich hier auch nicht verwirklichen.«
»Ich wollte schon längst eine Deutsch-Russische Legion aufstellen, aber auch daraus wurde nichts«, entgegnete Prinz Eugen. »Der Zar gab den Auftrag an den Herzog von Oldenburg, aber der ist kein Militär, was die Sache kompliziert macht. Also habe ich um Urlaub nachgesucht, werde morgen zu meinen Eltern reisen und rechtzeitig zum Ablauf der Waffenruhe wieder hier sein. Was sind Ihre Pläne?«
»Ich bin es leid, hier nur zu warten und nichts zu tun. Ich würde gern eine Streifschar aus Freiwilligen aufstellen.«
»Während des Waffenstillstandes?«, fragte Prinz Eugen mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Der Waffenstillstand ist befristet auf sechs Wochen. So lange muss ich hinter der Demarkationslinie bleiben. Aber zusammenstellen und ausbilden könnte ich so ein Korps schon.«
»Sie sind ein tüchtiger Mann, Thielmann, und ein hervorragender Offizier«, meinte Prinz Eugen, den dieser Plan offensichtlich überraschte. »Tun Sie das, sprechen Sie mit dem Zaren darüber! Ich bin überzeugt, wenn die Waffenruhe erst abgelaufen ist, werden Sie den Feinden ordentlich zu schaffen machen.«
Gemeinsame Pläne
In einem Wald zwischen Schwabhausen und Magdala in Thüringen, 4 . Juni 1813
D er Rittmeister von Colomb übergab Leutnant Katte das Kommando für die Zeit seiner Abwesenheit und wählte drei Begleiter aus, um die Lützower aufzusuchen: Leutnant Eckardt sowie – zu deren Überraschung – Richard und Felix.
»Sie wollen doch sicher Ihren Kommilitonen einen Besuch abstatten?«, meinte er milde lächelnd.
Es war nur ein kurzer Marsch durch den Wald, bis sie das Lager erreichten, das deutlich größer war als ihres, aber nicht groß genug für dreitausend Mann. Offenbar hatte der Major von Lützow seine Truppen geteilt.
Der schwarz uniformierte Reiter führte sie geradewegs zu seinem Kommandeur, dem Anführer des berühmtesten deutschen Freiwilligenkorps.
Von Colomb salutierte.
»Herr Major, es ist mir eine Ehre, Sie zu sehen! Dies ist mein Adjutant Leutnant Eckardt, Justizrat aus Berlin. Haben Sie Neuigkeiten vom Kriegsverlauf? Wir sind seit Wochen ohne Kontakt zum Hauptquartier, und den Zeitungen darf man nicht glauben.«
Freiherr Ludwig Adolf Wilhelm von Lützow hieß sie willkommen. »Darf ich Ihnen meinen Chef der Kavallerie vorstellen, Rittmeister von Bornstaedt? Machen Sie es sich bequem!«
Die vier Offiziere begrüßten einander und ließen sich im dichten Waldgras nieder. Colomb erlaubte seinen etwas abseits wartenden Freiberger Bergstudenten, sich im Lager nach Bekannten umzuschauen.
Von Lützow stellte in Aussicht, dass das Essen gleich fertig sei, und lud die beiden Anführer des kleinen Streifkorps zur Mahlzeit ein.
»Meinen Glückwunsch zu Ihrem glanzvollen Erfolg in Zwickau!«, sagte er. »Alle Welt redet davon.«
Colomb und Eckardt bedankten sich und
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