Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
jäh ab.
    Mit strafendem Blick sah die Frau des Meisters, die im Gegensatz zu ihrem aufgeputzten Mann ein schlichtes dunkles Kleid und eine Brille trug, auf die unkonzentrierten Schüler. Das hier war doch kein Spaß, sondern ein wichtiger Teil standesgemäßen Auftretens! Nur wer im Tanzsaal Eleganz zeigte und jedes Element souverän beherrschte, konnte in der Gesellschaft bestehen und Eindruck hinterlassen. Verstanden diese jungen Gänse denn nicht, dass sie wohl kaum eine gute Partie machen würden, sofern sie nicht
sehr, sehr
reich waren, wenn sie nicht bei ihrem ersten Ball durch Grazie die Blicke der Herren auf sich zogen? Und das setzte perfekte Beherrschung der Schrittfolgen voraus.
    Auch der Tanzmeister zeigte sich ungehalten und ließ seine Schüler so lange üben, bis alle die Hecke beherrschten. »Jetzt den Tanz im Ganzen, aber bitte fehlerfrei!«
    Ordentlich stellten sich die Paare gegenüber auf; jeweils Mädchen und Jungs in einer Reihe. Jette hatte das Glück, den einzigen Tanzpartner zu bekommen, der etwas älter war als sie: Sebastian, ein Großneffe des Oberberghauptmanns von Trebra, ein hübscher Bursche mit Locken fast in der gleichen Farbe wie ihr Haar, der bereits so gut tanzen konnte, dass er eigentlich gar nicht hierhergehörte.
    Die anderen Jungs – unter ihnen auch Eduard in neuer Hose und neuer Jacke – waren höchstens fünfzehn und noch halbe Kinder.
    Nach einem eifersüchtigen Blick auf Sebastian von Trebra schaffte es Eduard, die schöne Magda für sich als Tanzpartnerin zu gewinnen, die Tochter eines der Ratsherren.
    Die Burschen verneigten sich, die Mädchen knicksten, und wieder hämmerte die Frau des Maître die Melodie ins Klavier. Diesmal schafften es alle acht, den Tanz in voller Länge im Einklang zu absolvieren.
    Erleichtert strahlte Jette Sebastian an, der lächelte zurück – er lächelte sie sowieso die ganze Zeit an – und meinte: »So macht es Spaß, nicht wahr, Fräulein Henriette?«
    »Ja«, sagte sie aus ganzem Herzen. Wenn alles harmonierte, die Bewegungen fließend ineinander übergingen, sie den Rock ihres neuen Kleides schwingen lassen konnte und Sebastians Lächeln ihr das Herz wärmte – ja, dann war das Tanzen wunderbar.
    »Très bien«, konstatierte der Tanzlehrer. »Repetieren Sie die Schrittfolgen zu Hause, memorieren Sie! Beim nächsten Mal werden Sie das auf Anhieb beherrschen; ich möchte keine Zeit mehr damit vergeuden! Nun beginnen wir auf ausdrückliche Weisung eines Kenners der Tanzkunst etwas anderes, die neueste Mode von den großen Höfen. Einen Walzer!«
    Diese Ankündigung weckte große Neugier auf den Gesichtern der Tanzschüler.
    »Ich muss erst meine Mutter fragen, ob ich das darf«, wandte Magda schüchtern ein.
    »Sie dürfen, es ist mit Ihrer Frau Mutter abgesprochen«, erklärte der Maître blasiert, und nun strahlte Magda so wie die anderen. Walzer – das war neu, modern … und wohl auch ein bisschen frivol, wenn man den Gerüchten glauben durfte. Zumindest gewagt.
    Nur Jette verzog keine Miene. Die verstörende körperliche Nähe des Majors bei jenem Tanz im Gerlachschen Salon war ihr noch immer gegenwärtig. Sie fragte sich, ob sie solche Berührungen wohl von dem netten Sebastian ertragen könnte, der gerade sehr zufrieden wirkte. Denn wie er ihr nun zuflüsterte, hatte er sich nur wegen des Walzers für diese Stunden angemeldet.
    »Natürlich werden Sie noch nicht paarweise tanzen; dazu braucht es einige Übung«, stellte der Maître klar. »Aber es gibt auch Tänze im Dreivierteltakt, die fast wie ein Kontratanz beginnen.«
    Er führte ihnen die Schrittfolge des Walzers vor, ließ sie das üben, dann die Mühle im Dreivierteltakt.
    »Sehr schön, so bekommen Sie schon einmal ein Gefühl für den neuen Rhythmus«, lobte der Maître. »Attention!«
    Wieder stellten sich die Paare in zwei Reihen gegenüber auf; die jungen Herren verbeugten sich, die Mädchen knicksten.
    Die Frau des Maître begann, eine neue Melodie zu spielen, während die Tanzschüler den Anweisungen ihres Mannes folgten.
    »Der Herr ergreift die rechte Hand der Dame, Sie gehen elegant aufeinander zu – un, deux, trois –, wieder zurück – un, deux, trois, wieder aufeinander zu … und jetzt drehen sich die jungen Damen unter dem Arm der Herren hindurch auf die andere Seite …«
    Der erste Versuch gelang nur Jette und Sebastian, was Jette staunen und Sebastian lachen ließ, denn alle anderen hatten sich verheddert und starrten sie nun bewundernd an. Sie

Weitere Kostenlose Bücher