Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
Vom Netzwerk:
schäbig. Eine rustikale, dunkelbraun gebeizte Tür mit Kassettenmuster. Es hätte der Eingang zu einem Rancho sein können. Hinter der Tür ein patio mit einem alten Brunnen, umrahmt von Hibiskusblüten. Dann eine Treppe hinauf, Hank voran. Im ersten Stock ein langer Korridor, fünf Türen links, fünf rechts. Die letzte auf der rechten Seite war es. Hank öffnete, ließ Katharina eintreten. Es war ein sehr kleines Zimmer.
Hank trat dicht vor Katharina hin. »Willst du mein Musikinstrument sehen?«
Da mußte sie lachen und sagte: »Ja.«
Er zog sich aus. »Warte einen Moment!« sagte er dann und ging hinaus, ließ die Tür angelehnt.
Sie dachte: Das muß ja ein sehr tolerantes Hotel sein, wenn man hier nackt über den Flur gehen kann! Sie setzte sich aufs Bett. Es war frisch bezogen. Sie hörte eine Dusche.
Nach wenigen Minuten kehrte er zurück, noch ein bißchen naß, und es erregte sie, die Wassertropfen über den braunen Leib perlen zu sehen. Auf was lasse ich mich da ein? fragte sie sich, aber die Freude und die Erregung überwogen, so daß sie alle Bedenken verwarf. Sie stand auf, schlüpfte aus ihrem lila Gewand, und dann streckte sie beide Arme aus nach dem dunklen Mann.

6.
    Der zwölfte Tag. Die Ramme hämmerte den zehnten Pfeiler in die Erde.
    Golombek stand in der Reithalle, neben sich, auf dem Boden, den Frühstückskorb, den Laura ihm mitgegeben hatte. »Die paar Leute essen ja wie eine ganze Kompanie Soldaten!« hatte sie gesagt.
    Es war jetzt wenige Minuten vor neun Uhr, also kurz vor der ersten Pause. Mit den Arbeitszeiten hielten sie es so, wie es in der Baubranche üblich war.
    Auf der Presse saß Rüdiger, und wieder beobachtete Golombek fasziniert, wie ein Rohrstück Zentimeter für Zentimeter verschwand. Das grauglänzende Metall ragte noch etwa einen halben Meter heraus.
    Sein Erlebnis mit Nadine fiel ihm ein. Welch ein Platz für die Zärtlichkeit! dachte er. Wenn ich in irgendeinem verrückten Quiz ein Dutzend Plätze für die Liebe hätte nennen sollen, dann wäre ich wahrscheinlich auf den Heuschober gekommen, auf das Kornfeld, aufs Eisenbahnabteil, aufs Auto und womöglich auf den Hochsitz, aber ich bin absolut sicher: Der Manövrierschacht für solch eine klotzige Maschine wäre nicht dabeigewesen!
    Eine plötzliche Unruhe in der Grube schreckte ihn auf. Pierre und Fred, die dort unten mit ihren Schweißgeräten bereitstanden, versuchten, sich durch Handzeichen mit Rüdiger zu verständigen. Der aber schüttelte mehrmals den Kopf, tippte mit der Rechten aufs Manometer, schaltete schließlich das Aggregat aus und stieg vom Sitz. Wenige Minuten später waren die drei Männer oben.
    »Verfluchter Mist!« Rüdiger schlug seine Fäuste gegeneinander.
»Was ist passiert?« fragte Golombek. Wegen der Ramme mußten sie sehr laut sprechen.
»Da vorn ist irgendwas faul. Das Manometer zeigt den vollen Druck an, aber das Rohr bewegt sich nicht mehr, geht keinen Millimeter weiter rein.«
Nun kam auch Igor, der am Kieshaufen gearbeitet hatte, hinzu. »Was ist los?« fragte er.
»Wir sitzen fest«, sagte Pierre.
»Aber die Schnecke hat sich doch weitergedreht«, sagte Golombek, »sie kam erst zum Stillstand, als Sie die Maschine stoppten.«
»Sie hat sich im Leeren gedreht«, antwortete Rüdiger.
»Was da vorn als erstes in den Boden eindringt, ist ja nicht die Schneckenspitze, sondern das Rohr. Es schiebt sich vorwärts, und in seinem Inneren folgt, etwa eine Handbreit dahinter, die Schnecke. Also ist das Rohr auf irgendwas gestoßen, und so läppisch kann das nicht sein, wenn es dem Druck von zweihundert atü standhält.«
»Und worauf tippen Sie?« fragte Golombek.
»Möglich, daß wir einen Findling erwischt haben. Ist sogar am wahrscheinlichsten, und dann stellt sich natürlich die Frage: Wie groß ist der? Bis jetzt hatten wir ja Glück.«
Rüdiger zeigte auf den frischen Aushub. Der Kies, den Pierre und Fred mit ihren langstieligen Schaufeln auf den Grubenrand geworfen hatten und der von Igor mit einer Schubkarre weiterbefördert worden war, enthielt zahllose kleine Steine, aber es gab auch ein paar faustgroße Brokken darunter. »Uns bleibt wohl nichts anderes übrig als nachzusehen.«
»Müssen wir dazu die Schnecke rausholen?« fragte Golombek.
»Leider ja. Das einfachste wäre natürlich, mit dem Bagger über Ihre Wiese zu fahren, genau bis zu der Stelle, an der wir festsitzen, und da den Boden aufzumachen. Nur, dann hätten wir zwei Minuten später unliebsamen Besuch. Also muß die Schnecke

Weitere Kostenlose Bücher