21 - Die achte Flotte
konnten.
Als der Handelsbund Rembrandt schließlich zu uns kam, hatten wir das begriffen, und eine unserer Bedingungen für Geschäfte mit uns war, dass sie im eigenen Haus aufräumten, was Leute wie die Van Scheldts betraf − ihnen mussten wenigstens Grenzen gesetzt werden, damit sie sich nicht mehr alles erlauben konnten. Und wir haben es wohl Mr. Van Dort zu verdanken, dass der Handelsbund genau das getan hat. Natürlich war das Ausmaß der Grenzen, die er festlegen konnte, durch den Einfluss der eigenen Oligarchen begrenzt, die bereits auf Dresden investiert hatten, aber trotzdem konnte er vieles durchsetzen. Das ist wahrscheinlich einer der Gründe, weshalb Van Scheldt es derart auf mich abgesehen hat, denn seine Familie hat am meisten eingebüßt − weil sie es vorher am schlimmsten getrieben hat. Aber selbst mit Van Dort auf unserer Seite − und ich glaube, das ist er wirklich« − sie klang fast, als wünschte sie, das Gegenteil wäre wahr, fand Gervais − »sind wir noch weit von unserem Ziel entfernt. Es ist schwer, auf eigenen Beinen zu stehen, wenn der Teppich jemand anderem gehört und er ihn einem dauernd unter den Füßen wegzieht.«
Der Hintergrundlärm des Festes wirkte fern wie das Geräusch der Brandung an einem weit abgelegenen Strand. Er war kein Teil von Gervais’ Welt mehr − oder Helgas, begriff er. Das Lärmen war nur ein Rahmen, etwas, das ihr intensives Gespräch einschloss und mit seiner im schroffen Gegensatz stehenden Banalität die ungeschminkte Aufrichtigkeit von Helgas Stimme unterstrich.
»Das ist etwas, das nie wieder geschehen wird«, sagte er leise. »Nicht solange wir hier sind. Ihre Majestät lässt so etwas nicht zu − nicht einmal einen Herzschlag lang.«
»Ich hoffe, Sie verzeihen mir, wenn ich sage, dass Dresden auch dieses Versprechen mit Vorsicht genießt, Lieutenant.« Ihre Stimme klang tonloser, zwar nicht weniger leidenschaftlich, aber geprägt von etwas, das schlimmer war als Zorn: Sie war tonlos von der Bitterkeit der Erfahrung, von einer Desillusionierung, die so tief ging und so stark war, dass sie sich nicht dem Risiko des Optimismus entblößen konnte − es nicht zu tun wagte.
Er spürte einen Stich raschen, grimmigen eigenen Zorns − Zorn, der sich auf Helga richtete, weil sie es wagte, das Sternenkönigreich von Manticore vorschnell zu verurteilen. Weil sie es wagte, ihn vorschnell zu verurteilen, nur weil er das Glück gehabt hatte, auf einer reicheren, weniger gequälten Welt geboren worden zu sein als sie. Wer war sie denn, dass sie ihm mit solchem Misstrauen begegnete? Solcher Verbitterung und Wut, die Folgen der Taten anderer waren? Er hatte ihr nichts als die einfache Wahrheit gesagt, und sie hatte sie zurückgewiesen. Es war, als hätte sie ihm ins Gesicht gesagt, dass er lüge.
Doch im gleichen Moment, in dem er das dachte, und selbst, als der Zorn in ihm auffuhr, wusste er, dass seine Reaktion mindestens genauso irrational − und unfair − war wie alles, was sie vielleicht empfand.
»Offensichtlich habe ich sogar noch mehr über den Talbott-Quadranten zu lernen, als ich dachte«, sagte er schließlich. »Ja, im Augenblick komme ich mir sogar ziemlich dumm vor, weil mir nicht klar gewesen ist, dass es so sein würde.« Er schüttelte den Kopf. »Mal so eben rasch sechzehn bewohnte Sonnensysteme umkrempeln zu wollen, muss sich eigentlich als Übung in Vergeblichkeit entpuppen, oder? Wahrscheinlich ist niemand ganz immun gegen die Vorstellung, dass alle anderen genauso sind wie man selbst, auch wenn man es eigentlich besser wissen müsste.«
Sie sah ihn mit leichter Verwirrung an, und er grinste schief.
»Ich verspreche, dass ich mir ab sofort bei meinen Hausaufgaben mehr Mühe geben werde, Ms. Boltitz. Ich weiß, dass Lady Gold Peak das Gleiche tun wird, und ohne Zweifel arbeitet Baronin Medusa schon die ganze Zeit, seit sie hierhergekommen ist, daran. Doch während ich das tue, wollen Sie nicht ein paar Hausaufgaben über das Sternenkönigreich machen? Ich will gar nicht behaupten, dass Manticore nicht seine eigenen Warzen hätte, denn das ist nun einmal so. Und ich nehme es Ihnen überhaupt nicht übel, wenn Sie die Versprechen des Sternenkönigreichs mit … wie sagten Sie es? − mit Vorsicht genießen? … aber wenn Königin Elisabeth jemandem ihr Wort gibt, dann hält sie es. Wir halten es für sie.«
»Das klingt gut. Und ich möchte es wirklich glauben«, erwiderte sie. »Ich bezweifle, dass Sie sich vorstellen können, wie
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