2314 - Die Leben eines Seecharan
formte einen Greiflappen. Er schöpfte Wasser, blies die winzigen Tiere auf der Oberfläche davon und trank. Wie sehr hatte er diesen Geschmack an Bord des Shagin-Schleppers vermisst. Eigentlich, das wusste er, war es ein Glück, dass er noch lebte. Und das galt für die Truhen, die seinen Begleiter und ihn gerettet hatten, ebenso.
Die Sonne, vor zwei Stunden aufgegangen, stand als riesige purpurfarbene Scheibe dicht über dem Horizont. Das war die Stimmung, die Aidon mehr schätzte als alles andere - der neue Morgen, erfüllt von den Stimmen vielfältigen Lebens, machte das Leben lebenswert. Viele Truhen genossen um diese Zeit die Natur in ihrer Umgebung und ließen die Gedanken schweifen. So bereiteten sie sich auf den neuen Tag vor und die Aufgaben, die sie erwarteten.
Eigentlich, fand Aidon, war das Leben schön. Auch wenn es sich nur auf begrenztem Raum abspielte. Er wusste, dass es ein Außerhalb gab, eine Welt, die von Milliarden Sonnen geprägt wurde, die zu durchmessen selbst den schnellsten Shagin niemals möglich gewesen wäre. Mehr Sonnen als Asteroiden im System. Trosh Nofham Aidon erschauderte bei dem Gedanken daran, der viel zu unvorstellbar war, als dass er ihn weiterverfolgt hätte.
Es genügte ihm zu wissen, dass die Charonii und die Schutzherren von draußen kamen. Jeder hatte seine Welt, die ihm gehörte und in der er sich wohl fühlte.
Keine Truhe würde jemals daran rütteln.
Die Städte auf Rohalon waren immer Parklandschaften geblieben, egal, wie weit sie sich ausgedehnt hatten. Die Bevölkerung vermehrte sich zwar nur langsam, aber sie wuchs. Das war ein deutliches Anzeichen für den zunehmenden Wohlstand der Seecharan.
Trosh Nofham Aidon war stehen geblieben. Er schaute sich um.
Gärtner kappten mit neuen Gerätschaften, die erst vor wenigen Tagen aus dem Handelsdock angeliefert worden waren, den ärgsten Wildwuchs. Wo sie Bäume und Sträucher zurechtgestutzt hatten, waren mit einem Mal wieder Häuser zu sehen. Dass Shaden gar über zweihunderttausend Einwohner zählte, ließ sich dennoch nicht einmal erahnen.
Wie lange werde ich noch hier sein?, fragte Aidon in Gedanken. Auch das war wohl ein Grund, weshalb er schlecht schlief.
Er bewegte sich wieder schneller.
Von irgendwoher vernahm er das lyrische Epos der letzten Tage. Diese Verse mochten uralt sein, aber sie berührten die Seele seit jeher. In Gedanken sprach Aidon sie mit, nur schaffte er es nicht, die Worte so leicht zu intonieren wie der unbekannte Sprecher.
Die Stimme wurde lauter. Eine zweite mischte sich hinein, und dann sah Aidon die Wanderbühne. Einige hundert Zuhörer hatten sich bereits eingefunden, und aus allen Richtungen strömten weitere Truhen herbei.
„... Sternenflimmern, weißer Stein, die Welt ist alles - muss immer sein. Falsch ist die Zeit, nur Illusion. du siehst die Lüge, glaubst sie doch. Und wäre es dein letzter Tag, nur wer vergessen wird ... der ist verlor'n ..."
Trosh Nofham Aidon ging langsam an der Aufführung vorbei und bedachte die Künstler in ihren farbenprächtigen Kostümen immer wieder mit forschenden Blicken. Begierig sog er alle Eindrücke in sich auf. Dies war sein Abschied. Für wie lange, er wusste es nicht - für viele Monate, sehr wahrscheinlich etliche Jahre. In den nächsten Tagen, die Information hatte er gestern erst erhalten, würde ein Shagin ihn abholen und zu den Asteroidenfeldern hinausbringen. Dann begann die Zeit seiner Suche, bei der er sich bewähren musste, und ebenso der praktischen Arbeit. Er war gespannt darauf, ebenso wie auf das Erleben von Erfahrungen, die er bisher nur aus den Erinnerungen kannte.
Seine Ahn-Truhe der zweiten Generation war zweimal zwei Jahrzehnte draußen geblieben und hatte einige der großen Asteroiden markiert, ein Könner im Erspüren ergiebiger Fundorte. Seine Erinnerungen waren es die Trosh Nofham Aidon in ein Wechselbad der Gefühle stürzten. Er wusste. was ihn erwartete - und wusste es doch wieder nicht.
Zwiespalt ...
Neugierde ...
Die Lust am Leben, sagte er sich. Er würde mit den neuen Erfahrungen wachsen.
Mehrere Shagin brachen durch die lockere Wolkendecke. Sie setzten zur Landung auf dem Feld von Shadengar an.
Einer dieser Shagin wird mich mitnehmen, erkannte Aidon. Er spürte, dass er innerlich bebte; seine Sinne entwickelten sich. Und das würde draußen noch schneller gehen.
*
„Ich komme wieder", raunte Trosh Nofham Aidon, mehr im Selbstgespräch als für die anderen Truhen bestimmt, die mit ihm in der
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