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266 - Das Todesschiff

266 - Das Todesschiff

Titel: 266 - Das Todesschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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der Regel nur einen Koffer mitnehmen. Bei Privilegierten drückte man vielleicht auch mal ein Auge zu, aber mehr als zwei gestattete man auch ihnen nicht. Hasso dachte an die Gemälde im Rittersaal, die Bibliothek mit den teuren Erstausgaben, die persischen Teppiche, den altgriechischen Vasenkram im Roten Salon, die klassischen Musikinstrumente, die sich seit Jahrhunderten im Familienbesitz befanden - und an das Schachspiel mit den Elfenbeinfiguren.
    »Unter wessen Kommando stehen die Leute?«
    »Hauptsturmführer Holtz.«
    »Was ist er für einer?«
    Leonie schaute ihn an. »Was meinst du damit?«
    Hasso gestikulierte fahrig. Er fragte es sich gerade selbst. »Na, ob er…« Er hätte gern gewusst, ob Herr Holtz einer jener großmäuligen Schreihälse war, die der Nationalsozialismus zu Tausenden aus dem Dreck an die Spitze gespült hatte: jene Typen, die den Menschen ständig zeigen mussten, wie hoch sie standen. Aber wenn er Leonie schon mit der Wahl seiner Worte zu verstehen gab, wie sehr er alles verachtete, was sie wertschätzte, würde er bestimmt keine brauchbare Antwort von ihr erhalten. Die wichtigsten Dinge, die ein NSDAP-Funktionär ausstrahlte, waren Großkotzigkeit, Lautstärke und die Ausübung roher Macht. Führer befiehl, wir folgen - und wenn die Welt in Scherben fällt; wie gerade in diesem Moment.
    »Ich möchte nur wissen, ob man mit ihm reden kann«, sagte er. »Könnte ja sein, dass er nicht aus eigennützigen Gründen hier ist, sondern um die Kunstschätze der Travens für Führer, Volk und Vaterland zu sichern, damit sie dem Iwan nicht in die Hände fallen.«
    Leonies Mundwinkel zuckten. Diesmal hatte Hasso den Eindruck, dass sie ein Schmunzeln unterdrückte. Dass die SS in besetzten Ländern alles nicht Niet- und Nagelfeste von Wert zusammengerafft und ins Reich verbracht hatte, war in höheren Offizierskreisen kein Geheimnis. In afrikanischen Kolonien der Tommys und Franzmänner hatten Herrn Himmlers Halunken sogar Banken ausgeraubt.
    »Kann man.« Leonies Blick wanderte zu Friedrichsen hinüber. Er war aus dem Kübelwagen gestiegen, lehnte nun rauchend an einem Kotflügel. »Seinen Leuten gegenüber verhält er sich korrekt.«
    »Danke.« Hasso musterte den Bootsmann. Er stieß graue Rauchkringel aus. »Ich weiß nicht, ob wir uns noch mal sehen, Leonie…« Er räusperte sich. »Falls nicht, wünsche ich dir… für die Zukunft alles Gute.« Obwohl er geplant hatte, nicht vertraulich zu werden, streckte er die Hand aus.
    »Danke.« Leonie nahm die Hand und schüttelte sie. Sie war eiskalt. »Das wünsche ich dir auch.« Sie schluckte, und als sie ihn anschaute, fragte er sich, ob er seine Einstellung noch mal überdenken sollte. »Vermutlich werden wir uns aber wiedersehen, denn ich muss warten, bis das Kommando zurückkehrt.« Sie räusperte sich. »Falls vorher nicht die Hölle einfriert.«
    »Umso besser«, hörte Hasso sich sagen. Er ließ die kalte Hand los, nickte Leonie zu und kehrte zu Friedrichsen zurück. Der Bootsmann begutachtete seine halb gerauchte Zigarette, und Hasso sagte: »Qualmen Sie ruhig weiter…« Friedrichsen schüttelte den Kopf und warf den Glimmstängel in den Schnee.
    Beide Männer stiegen ein. Als der Motor schnurrte, entnahm Hasso seiner Tabaksdose den letzten Zigarillo und steckte ihn in Brand.
    Sie fuhren los und nahmen den Weg, der durch den Tannenwald zu Hassos Elternhaus führte. Nach der ersten Biegung waren Leonie und Tante Ju nicht mehr zu sehen, und nach der zweiten sagte Friedrichsen: »Das war aber ein hübscher Pilot.«
    Hasso nickte. »Ja.«
    »Ich hatte den Eindruck, dass Sie ihn kannten.«
    Hasso musste sich ein Lachen verbeißen. »Das kann man wohl sagen.«
    »Er hat Sie schmachtend angeschaut, Herr Leutnant.«
    »Was?« Hasso zuckte zusammen. »Falls es Ihnen nicht aufgefallen ist, Friedrichsen: Der Pilot war eine Frau!«
    »Ach, wirklich?« Friedrichsen klang leicht ironisch.
    »Sie heißt Leonie von Dönhoff.« Hasso deutete auf die verschneite Umgebung. »Ihrer Familie gehört hier oben die halbe Welt.« Er räusperte sich. »Na, sagen wir ein Viertel. Aber ich nehme an, all das wird bald dem Genossen Stalin gehören.«
    »Höre ich aus Ihren Worten möglicherweise Defätismus heraus?« Friedrichsen klang weiterhin ironisch.
    Hasso deutete nach vorn. Vor ihnen endete der Wald. Eine weiß verschneite, kreisrunde Lichtung tat sich vor ihnen auf. Das vierstöckige Gebäude stand genau in der Mitte. Vom Park, der dazu gehörte, sah man nicht

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