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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Emery, indem er uns erstaunt anblickte.
    „Jawohl! Nimm schnell die Decke, und reib dein Pferd, besonders die Brust!“
    „Damit es nicht erfriert?“
    „Ja, ja doch!“
    „Unsinn! In dieser Glut und Hitze!“
    „Warte es ab! Hier hast du Ruten von mir.“
    Er nahm sie, indem er mich ganz verwundert anblickte, und sagte dann:
    „Warum reitet Ihr so weit ins Gebüsch hinein? Konntet ihr nicht dort am Bach halten? Wasser ist doch das, was wir am notwendigsten brauchen!“
    „Das wirst du bald sehen. Tue jetzt nur schnell das, was wir tun!“
    Ich rieb mein Pferd aus Leibeskräften, der Apache das seinige auch. Obgleich der Englishman uns nicht begreifen konnte, folgte er unserem Beispiel.
    Und da – da brach es los! Es klang wie ein Posaunen- oder Tubaton über uns durch die Lüfte; dann erschallten hundert und tausend pfeifende, heulende, zischende und schrillende Stimmen. Es erfaßte uns eine furchtbare Glut, und darauf folgte ganz plötzlich eine Kälte, die nur dem Nordpol entstammen konnte. Die Kälte kannte ich; in ihr lag die Gefahr für unsere Tiere. Ich peitschte mein Pferd mit den Ruten, natürlich nicht, um ihm Schmerz zu bereiten, sondern um sein Blut an der Oberfläche des Körpers zurückzuhalten. Winnetou tat desgleichen, und Emery, welcher nun wußte, um was es sich handelte, blieb nicht zurück.
    Die Kälte hielt höchstens eine Minute an, aber sie war so scharf, so stechend, daß die eine Minute unseren Pferden nach den Anstrengungen, welche sie hinter sich hatten, und bei dem erhitzten Zustand, in welchem sie sich befanden, unbedingt das Leben gekostet hätte. Das Schlagen und Reiben ließ auch uns die Kälte weniger empfinden.
    Dann wurde es plötzlich ebenso heiß wie vorher; der Posaunenton und die tausend Stimmen in der Luft waren verschwunden; dafür gab es ein gewaltiges Rauschen in derselben; sie war undurchsichtig geworden. Ich konnte Winnetou und Emery kaum sehen, und obgleich ich wußte, daß sie es nicht hören konnten, rief ich ihnen zu:
    „Werft euch nieder, mit dem Kopf nach Norden! Haltet euch an, sonst reißt euch der Sturm mit sich fort!“
    Ja, die Vorboten waren vorüber, und nun kam der Hurrikan selbst. Die Luft war mit Sand gefüllt, der in jede Öffnung drang; ich hatte binnen einigen Sekunden die Augen, Ohren und die Nase voll, trotzdem ich das Gesicht in die Decke gesteckt hatte. Man konnte nur mit größter Mühe atmen; es war fast zum Ersticken.
    Das währte ungefähr drei Minuten; dann war es vorüber. Auf uns lag eine acht bis zehn Zoll hohe Sanddecke; aber die Luft war plötzlich rein und klar; wir erhoben uns, um sie mit Wonne einzuatmen.
    Da sahen wir vor uns im Süden ein eigentümliches Bild. Trotz der Reinheit und Klarheit der Luft erblickten wir nämlich dort keinen Himmel, sondern wo dieser sein sollte, gab es eine weite Sandebene, an deren äußerstem Rand ein hoher, dürrer, fast astloser Baum stand.
    „Eine Fata Morgana!“ rief Emery.
    „Ja, das ist das trügerische Bild des Llano estacado, welches dem Sturm oft vorangeht oder ihm nachfolgt“, sagte der Apache.
    „Der Baum, an welchem wir vorhin vorübergekommen sind, steht verkehrt am Himmel!“
    „Das ganze Bild ist ein Deckenbild mit verkehrten Gegenständen. Wir erblicken die Gegend, welche südlich von uns liegt. Gäbe es Menschen, welche sich geradeso entfernt im Norden von uns befänden, so würden diese jetzt uns sehen, oder sie hätten uns vielleicht schon vor dem Sturm kommen sehen. Die Mirage entsteht durch zwei Luftschichten von verschiedener Wärme und Dichtheit und malt ihre Gemälde in sehr verschiedener Weise. Aber seht nicht nach diesem Bild, welches gleich verschwinden wird, sondern nach den Pferden. Die Erschöpfung, Erhitzung, dann die Kälte, der Sturm, die darauf folgende abermalige Hitze – wir müssen sie noch längere Zeit tüchtig reiben und dann versuchen, ob sie erst stehen und dann laufen können.“
    Dies geschah. Nach einer Viertelstunde hatten wir die armen Tiere soweit, daß sie standen. Wir stiegen auf und ritten sie wohl zehn Minuten lang in der Nähe herum; sonst wären sie wohl steif geblieben; aber trinken durften sie noch nicht. Wir befreiten einen Rasenstreifen von dem darauf gewehten Sand und ließen sie einstweilen fressen.
    Nun erst konnten wir an uns denken. Wir säuberten uns und alle unsere Sachen von dem Sand. Während dieser Arbeit hatten wir uns niedergesetzt und unterhielten uns.
    „Ihr kanntet den Baum und auch den Hügel da drüben“, meinte

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