52 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 04 - Arizona
Gehirn verzehren, bis Ihr wahnsinnig seid. Und selbst noch als Wahnsinniger werdet Ihr arbeiten müssen, getrieben vom Hunger, vom fürchterlichen, ungestillten Durst und von der Peitsche des Aufsehers.“
Roulin hatte jedenfalls eine solche Mitteilung gar nicht machen wollen; er hatte sich zu ihr nur hinreißen lassen, getrieben durch Wilkins Widerspruch.
„Ah! Ich danke Euch“, sagte dieser.
„Wofür? Für die Wohltaten dieser Hölle?“
„Nein. Für diese Mitteilung. Wir wissen ja nun, woran wir sind. Weiter brauchen wir nichts mehr zu wissen. Ihr könnt also gehen!“
„Mensch!“ fuhr Roulin auf. „Reize mich nicht!“
„Pah! Tut nicht so gefährlich! Ihr seid ein Schurke, sonst aber ein ganz gewöhnliches Subjekt, das man gar nicht zu fürchten braucht!“
„Soll ich dich zusammentreten?“ Roulin ging einen Schritt vorwärts und hob drohend den Fuß. Als er aber sah, daß Wilkins auch sein Bein anzog, um sich durch einen kräftigen Tritt zu wehren, zog er sich wieder zurück und sagte:
„Am besten ist es, man läßt den alten Sünder schimpfen. Er wird es bereuen. Ich habe ja hier einen viel interessanteren Gegenstand, mit dem ich mich beschäftigen kann. Wie steht es, Señorita Magda, habt ihr Euch vielleicht unterwegs mit Señor Zimmermann verlobt?“
„Señor“, antwortete diese, „ich sollte Euch gar keiner Antwort würdigen; aber ich will Euch dennoch ein paar Worte sagen.“
„Ah, schön! Ich hoffe, daß es Worte der Liebe sein werden.“
„Nichts weniger als das. Von dem, was Ihr schon früher gegen mich und meine Eltern verbrochen habt, will ich nicht sprechen, aber was Ihr heute wieder getan, das ist freilich höllisch teuflisch. Wenn Ihr glaubt, dadurch meine Zuneigung zu gewinnen, so irrt Ihr Euch außerordentlich!“
„Ist das alles, was Ihr mir zu sagen habt?“
„Alles. Nur füge ich die Warnung hinzu, daß Euch die Strafe ganz sicher ereilen wird.“
„Danke. Ich habe Geduld, die Strafe braucht nicht sogleich zu kommen, ich kann ja warten. Ihr sprecht davon, daß es mir nicht gelingen werde, Eure Zuneigung zu erwerben. Das glaube ich Euch gern. Ich bin einige Zeit lang der Meinung gewesen, daß Ihr noch verständig werden könntet, habe aber dieser Ansicht den Abschied gegeben. Was kann mir schließlich auch an Eurer Zuneigung liegen? Ihr befindet Euch ja in meiner Gewalt, und seid Ihr so dumm, bei Eurem bisherigen Verhalten zu bleiben, so lasse auch ich jede Rücksicht fallen.“
Da erklang von der Ecke her, in der Zimmermann lag, das leise, strenge Knirschen der Kette. Die Wut kochte förmlich in ihm; er stemmte sich mit aller Gewalt gegen die Wand, um seine Kette zu zersprengen und sich auf den frechen Menschen zu stürzen. Roulin bemerkte es nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf Magda gerichtet, die, bleich wie der Tod vor Aufregung über das, was sie hatte anhören müssen, hoch aufgerichtet vor ihm stand und am ganzen Körper zitterte.
Aus der Ecke glühten Zimmermanns Augen fast so hell wie glühende Kohlen. Er liebte dieses herrliche Wesen mit aller Gewalt seiner Seele, mit jedem seiner Gedanken, mit jeder Faser und Fiber seines Innern. Seine Liebe war unerwidert; er wußte, daß ihr Herz einem anderen gehörte; aber dennoch war es ihm, als habe ein jedes Wort und jede Drohung Roulins ihn selbst getroffen. Seine Muskeln waren ebenso zum Zerreißen angespannt wie die Kette. Noch eine weitere Beleidigung, und entweder mußte die Kette brechen, oder seine Lunge zerplatzte unter der fürchterlichen Anstrengung, mit der er loszukommen suchte, das fühlte er deutlich.
„Nun, Antwort!“ drängte Roulin.
„Ja, die sollt Ihr haben“, antwortete jetzt Magda.
„Gebt diejenige, die zu Eurem Heile dient.“
„Es gibt nur eine Antwort für Euch, und die ist folgende: Wäre ich ein Mann, so würde ich Euch jetzt in das Gesicht speien, da sich dies aber für eine Señorita nicht schickt, so nehmt an, daß es geschehen sei. Ihr seid das ekelhafteste Geschöpf, das es auf dem Erdboden geben kann, der Abschaum der allerschlechtesten unter den Gottlosen. Tut, was ihr wollt. Gott wird mir helfen!“
„Ah, so sprichst du, so? Ich werde dir sofort zeigen, was ich tue“, knirschte Roulin und streckte die Arme nach Magda aus. Sie aber wich zurück und rief, als er rasch weiter vortrat:
„Helft mir, Señor Zimmermann!“
Dann wollte sie schnell zu diesem hin, um sich so unter den Schutz seiner Fäuste zu begeben, wie vorhin Almy in denjenigen ihres Vaters; aber
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