52 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 04 - Arizona
wirklich nicht, was ich denken soll.“
„Zwillingsschwester? Herrgott! Weißt du, was mir da für ein Gedanke kommt?“
„Nun?“
„Es könnte wohl eine Schwester Tschitas sein.“
Hermann blickte dem Lord beinahe erschrocken in das Gesicht.
„Welch eine Vermutung!“ sagte er.
„Nun, ist sie etwa wahnsinnig, diese Vermutung?“
„Nein, gar nicht. Eine solche Ähnlichkeit kann zwischen sich fremden Personen fast gar nicht möglich sein.“
„Ganz richtig.“
„Aber ich habe ja keine weitere Schwester.“
„Nicht? Hm! Dann ist sie allerdings nicht eine Schwester von Tschita. Doch, hm!“ Der Lord sah Hermann nachdenklich ins Gesicht.
„Wie alt war Tschita, als damals das Unglück geschah?“
„Wenig über ein Jahr.“
„So! Nun, da wäre es doch möglich, daß –“
„Weiter!“
„Ja, es läßt sich schlecht über so etwas sprechen.“
„So rede doch nur!“
„Ich meine, es könnte damals doch bereits ein jüngeres Schwesterchen vorhanden gewesen sein.“
„Davon müßte ich doch wissen! Welcher Gedanke!“
„Ich meine, daß er gar nicht so dumm ist. Mag es sein, wie es will, ich interessiere mich ganz ungeheuer für dieses Mädchen.“
„Ich auch“, meinte Hermann, die Augen forschend auf das Bild heftend.
Es war ihm beim Anblick dieses Gesichtes in der Tat ganz eigentümlich zumute.
„Nun, wenn du dich ebenso für sie interessierst wie ich, so wirst du wohl nichts mehr dagegen haben, daß ich sie retten will.“
„Es ist mir allerdings so, als ob ich dir jetzt zustimmen müßte.“
„Nun gut! Also werden wir –“
Der Lord wurde unterbrechen. Die Tür ging auf, und es trat ein Mann herein, dessen Äußeres so auffallend war, daß dem Engländer das Wort im Munde steckenblieb.
SECHSTES KAPITEL
Bündnis mit den Papagos
Der in der Schenke am Gilafluß neu Angekommene war außerordentlich dick, fast hätte man sagen mögen, kugelrund. Seine nicht hohe Gestalt steckte in einem echten, richtigen Trapperanzug, und der Hutrand, unter dem seine kleinen Äuglein lustig und listig hervorblinzelten, war so breit wie ein Regenschirm.
„Guten Morgen Señores!“ grüßte er.
Die anderen dankten, nur der Lord nicht. Er hatte den Mund offen und blickte den Dicken mit einem Befremden an, das diesem auffallen mußte. Letzterer trat denn auch auf ihn zu, klopfte ihm auf die Schulter und sagte:
„Bruderherz, mach den Mund zu, sonst bekomme ich Angst, weil ich denke, du willst mich fressen.“
Das brachte den Lord zu sich. Er antwortete:
„Na, na, nur keine Bruderschaft, Mann!“
„Mir auch recht“, lachte dieser, indem er sich an einen anderen Tisch setzte. „Darf ich wissen, warum Ihr mich so anguckt?“
„Weil ich noch keinen so dicken Kerl gesehen habe, wie Ihr seid.“
„Und ich keinen so dürren wie Euch; dennoch aber bleibt mir das Maul nicht offen.“
„Pah! Die Dicke ist es nicht allein. Aber Ihr scheint Jäger zu sein?“
„Ja, Señor.“
„Wohl gar Präriejäger?“
„Das will ich meinen.“
„Also ein Waldläufer?“
„Natürlich.“
„Himmeldonnerwetter! Ich will auch einer werden!“
„Seid Ihr es nicht?“
„Leider nein.“
„Hm, konnte es mir denken. Ihr habt Euch zwar in die richtige Kleidung gesteckt, aber sie ist funkelnagelneu und hängt Euch von den Achseln, wie dem bekannten Esel die Löwenhaut.“
„Alle Wetter! Macht keine so dummen Vergleiche! Ich kann das nicht leiden.“
„Aber ich kann es leiden, und was ich gern leiden mag, das mache ich. Wirt, gebt mir einen Schnaps.“
Der Wirt folgte dieser Aufforderung. Der Dicke griff in den Gürtel und legte ihm einen Gegenstand als Bezahlung hin.
Kaum hatte der Lord diesen erblickt, so sprang er auf, ergriff ihn und sagte erstaunt: „Das ist ja ein Goldkorn, ein Nugget!“
„Allerdings.“
„Von wem habt Ihr es?“
„Von mir selbst.“
„Gefunden?“
„Gestohlen nicht!“
„So seid Ihr nicht nur Jäger, sondern auch Goldsucher?“
„Habt es erraten.“
„Sapperment! Kennt Ihr den Gila?“
„So ziemlich.“
„Gibt es in seiner Nähe auch Gold?“
„Ja, besonders für denjenigen, der es findet.“
„Ich dachte es mir. Ich habe ein Buch, in dem erzählt wird, daß in der Nähe des Gila Gold gefunden wird. Da ist ein Kerl erwähnt, der hat im Wasser einen Klumpen gesehen, der wohl so groß wie ein Kürbis war.“
„Wollt Ihr etwa auch Gold suchen?“
„Nein, ich habe es nicht nötig. Aber jagen will ich, durch die Urwälder laufen, Bären und
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