52 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 04 - Arizona
beherrschte sich jedoch möglichst und meinte in scheinbar gleichgültigem Ton:
„Hoffentlich fallen wir diesem Herrn nicht zur Last.“
„Oh, nein. Er ist verreist.“
„Ah! Auf wie lange?“
„Auf unbestimmte Zeit.“
„Seine Familie ist aber doch zurückgeblieben?“
„Leider nicht. Er hat nur Miß Almy, und diese ist mit ihm fort.“
„Wie schade!“ stammelte Leflor verwirrt, „ich hätte die beiden gern begrüßt. Sind noch andere Personen aus jener Gegend da?“
„Keine einzige.“
„Das tut mir wirklich herzlich und aufrichtig leid. Lieber möchte ich da gleich wieder fort.“
„Oho! Wenn Ihr Master Wilkins kennt, so würdet Ihr ihm sicher willkommen sein. Darum ist es meine Pflicht, Euch ebenso willkommen zu heißen. Kommt also mit herauf zu uns. Eure Diener mögen sich dort an den Indianer wenden, der für sie sorgen wird.“
Leflor war außerordentlich erschrocken gewesen; jetzt aber freute er sich königlich, hier eingekehrt zu sein. Er hatte den Aufenthalt des so lange Gesuchten kennengelernt und hoffte, von dieser Entdeckung zu profitieren. Es kam nun, da er einmal seinen Namen und Wohnort genannt und beide unmöglich wieder ableugnen konnte, darauf an, daß sich niemand hier befand, der sein Verhältnis zu Wilkins genau kannte.
Er folgte dem Mann nach oben in die Stube, wo zwei Frauen und ein junger Bursche saßen, denen er von seinem Führer mit den Worten vorgestellt wurde:
„Ich bringe euch hier einen guten Freund von Master Wilkins, der gekommen ist, ihn zu besuchen.“
Dann wandte sich der Mann wieder zu ihm und sagte:
„Noch heute morgen, Herr Leflor, hättet Ihr Master Wilkins angetroffen. Das läßt sich aber nun nicht ändern. Ich selbst bin eigentlich Gast hier. Ich heiße Rothe und war Förster drüben in Deutschland. Hier ist mein Sohn, meine Frau und meine Schwägerin, die – ah, da fällt mir ein, daß Sam Barth ja doch in Wilkinsfield gewesen ist. Kennt Ihr ihn?“
„Ja“, antwortete Leflor erschrocken.
„Nun, das freut uns. Er ist nämlich der Bräutigam meiner Schwägerin.“
„Jedenfalls befindet er sich hier?“
„Nein. Er war hier, ist aber heute mit Master Wilkins, Jim, Tim und Steinbach fort.“
„Jim und Tim?“ rief Leflor.
„Ja. Kennt Ihr auch die?“
„Sehr gut. Nanntet Ihr da nicht auch einen Steinbach?“
„Ja. Er kam hierher, um einen gewissen Adler zu suchen, der in Wilkinsfield Oberaufseher gewesen ist. Vielleicht habt Ihr auch diesen gekannt?“
„Er war mein bester Freund.“
„Seht, seht! Wie sich das so trifft. Na, setzt Euch nieder und macht es Euch bequem. Wir werden den Abend recht gemütlich verplaudern.“
Leflor nahm Platz und fand nach einigen Fragen, daß er eine Entdeckung nicht zu fürchten habe. Es befand sich kein Mensch hier, der ihm hätte gefährlich werden können. Nun erst überkam ihn ein außerordentliches Wohlbehagen, und er kam sich vor wie ein Dieb, dem der Hausherr nicht nur alle Schätze zeigt, sondern auch den Ort, an dem sich die Schlüssel dazu befinden.
Die Frauen entfernten sich, um das Abendessen zu bereiten. Indessen ergingen die drei anderen sich in einem sehr animierten Gespräch, im Verlaufe dessen Leflor ganz unauffällig den Förster ausfragte und so die Erlebnisse desselben und die Ereignisse der letzten Tage erfuhr.
„Aber wo sind denn diese Leute alle hin, die heute abgereist sind?“ fragte er schließlich.
„Das weiß man nicht. Nur die beiden Häuptlinge, die voran sind, wissen die Richtung. Die jungen Damen sind nach Mohawk-Station, wo sie warten, bis die Männer zu ihnen stoßen. Diese aber sind eben jenem Roulin nach. Man hat mich nicht eingeweiht. Ich weiß nur das, was ich zufällig gehört habe. So viel aber ist sicher, daß sie einen jungen Wilkins und jenen Adler suchen.“
Jetzt wurde das Essen aufgetragen. Bei dieser Gelegenheit erkundigte sich der ehrliche Förster, ob auch das Essen für den Gefangenen fertig sei. Die Frage wurde bejahend beantwortet.
Für Leflor konnte jede Kleinigkeit von Nutzen werden. Ein Gefangener hier, das war sehr auffällig. Er fragte also so nebenbei: „Es gibt hier einen Gefangenen? Wohl ein Indianer?“
„Nein; es ist ein Weißer.“
„Hat er eine Strafe abzusitzen?“
„Was Sie meinen! Als ob wir einen Bezirksrichter oder so etwas hätten. Nein, nein; es ist eine Privatangelegenheit. Der Kerl wollte hier mit einbrechen und wurde mit den anderen festgehalten.“
„Ich denke, sie sind alle den Maricopas ausgeliefert
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