52 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 04 - Arizona
Steinbach hinhaltend, fort:
„Seht hier eine Probe, Señor. Was ist das?“
Der Gefragte kam in die allergrößte Verlegenheit. Zum Glück fiel sein Blick auf ihren Tisch, und als er bemerkte, daß sie modelliert haben müsse, und den gezeichneten Kopf dabei liegen sah, wagte er die Antwort:
„Ein feiner Kopf von scharfer, geistreicher, seltener Zeichnung. Die Rundung noch etwas zarter und das Profil ein wenig ausgearbeiteter, dann wird es ein bewundernswertes Meisterstück sein.“
„Seht, seht, wie recht Ihr habt“, jauchzte sie förmlich auf. „Endlich, endlich finde ich einen Mann, der mich versteht! Einen gab es, einen, der mich ebenso verstand. Der kann aber nie wieder zu mir, denn er leidet an der Bauchwassersucht.“
Steinbach hätte laut auflachen mögen, dennoch sagte er ernsthaft:
„Der Arme!“
„O nein! Nennt ihn nicht arm! Er ist von der Natur überschüttet mit Vorzügen des Geistes und des Körpers. Er ist mein Freund, mein Einziger, mein Ewiger! O Heulmeier, Heulmeier!“
Sie drückte den Kloß an ihre Lippen.
„Heulmeier?“ fragte Steinbach verwundert.
„Ja. Heulmeier! Er war Euch so ähnlich an Talent. Wundert Euch nicht, daß es Euch schwerfällt, diesen Namen auszusprechen! Heulmeier war ein Deutscher, und alle diese Deutschen sind berühmte Zoologen.“
„Dann bin ich auch ein Zoologe. Ich bin Deutscher.“
„Ihr, auch Ihr? Ist's möglich? Welch ein Tag! Ihr seid heute bereits der dritte Deutsche, den ich bei mir sehe. Wie ist Euer Name?“
„Steinbach.“
„Ein schöner Name, aber doch noch nicht so wohlklingend wie Heulmeier. Seid Ihr in Deutschland bekannt?“
„So ziemlich.“
„Kennt Ihr die dortigen Residenzen?“
„Alle.“
„So kennt Ihr auch wohl Her – Her – Her – oh, ich besinne mich nicht gleich. Die letzte Silbe war ‚grün‘.“
Jetzt ging Steinbach ein Licht auf. Hier hatte jedenfalls der lustige Sam die Hand im Spiel.
„Herlasgrün etwa?“ fragte er.
„Ja. Es ist die größte Haupt- und Residenzstadt, nicht wahr, Señor?“
„Ja.“
„Und hat eine Universität?“
„Hm! Ja.“
„Dort ist – aber wart Ihr dort?“
„Sehr oft.“
„So müßt Ihr auch Heulmeier gesehen haben.“
Steinbach setzte sich den Fall zusammen – Zoologe, Universität – und war so kühn, zu fragen:
„Ihr meint den berühmten Heulmeier, Professor der Zoologie?“
„Ja, und Rektor der Universität. Señor Professor Barth kennt ihn auch. Welch ein glücklicher Tag heute! Werdet Ihr einige Zeit in Prescott bleiben?“
„Vielleicht.“
„Wollt Ihr nicht bei mir logieren?“
„Habt Ihr Platz?“
„Für Euch gewiß. Ich habe zwar bereits einen Deutschen da, einen armen Goldsucher, der Günther heißt, aber für Euch ist auch noch Raum vorhanden.“
„Ich werde es mir überlegen. Wo befindet sich der Professor Barth, von dem Ihr spracht?“
„Er ist im Hof und sucht nach einem Reiter, der vorhin bei mir eingekehrt war.“
„Ist dieser Reiter noch da?“
„Nein. Er ist zu Señor Robin, meinem Freund, geritten.“
„Dieser Señor ist Euer Freund?“
„Ja, ich bin ihm sehr verbunden.“
„Darf ich erfahren, warum?“
„Wegen einer Señorita, einer nahen Verwandten von mir. Sie war ihren Eltern davongegangen, kam nach San Franzisco, dann nach Cincinnati und gar nach New York. Sie wurde bei ihrer Rückkehr verstoßen und fand ein Asyl bei mir. Dann nahm Señor Robin sie zu sich. Er hat ihr eine Existenz geboten. Darum schulde ich ihm großen Dank.“
„So ist sie seine Frau?“
„Nein, er heiratet nicht. Aber sie ist die Direktrice seines Hauswesens. Sie ist eine große Schönheit und hat mehrere Male Gelegenheit gehabt, eine ausgezeichnete Partie zu machen; aber sie liebt die Freiheit. Sie hat mir viele Sorgen gemacht, diese gute Doña Miranda; aber ich habe sie dennoch sehr lieb. Wenn Ihr bei mir bleibt, werdet Ihr sie wohl auch noch kennenlernen.“
„Wißt Ihr vielleicht, ob Señor Robin heute in seinem Haus ist?“
„Ich glaube es. Er war gestern hier und hat von einer Reise nichts erwähnt. Wollt Ihr zu ihm?“
„Vielleicht. Kann man einen Führer finden?“
„Ihr braucht keinen. Ihr reitet die Straße fort, bis ein Weg rechts abgeht. Der Weg führt ganz untrüglich in die Berge und bis an Robins Haus. Hoffentlich aber bleibt Ihr heute hier und reitet erst morgen zu ihm hinaus.“
Jetzt kam noch ein vierter an, nämlich Wilkins. Damit die Wirtin nicht auch diesen ins Examen nehmen möge, erklärte
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