52 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 04 - Arizona
keiner großen Tafeleien. Also, wie lange bleibst du?“
„Bis ich sie finde.“
„Sie und wieder sie.“
„Das ist einmal mein jetziges Schicksal. Ich sehe schon, daß ich dir wenigstens eine Erklärung geben muß. Weißt du, ich war bereits schon einmal nahe daran, mein altes Herz überrumpeln zu lassen. Du hast allerdings nichts geahnt, obgleich du dabei warst.“
„Wann?“
„Kannst du dich noch jenes Malers Normann erinnern?“
„Sehr gut.“
„Du stelltest ihn mir vor. Ich besuchte ihn.“
„Ich war mit dir.“
„Der Kerl war prächtig, aber er hatte einen Fehler, den ich ihm nicht verzeihen konnte.“
„Da bin ich neugierig.“
„Er hatte eine Verlobte, das war sein Fehler.“
„Ah!“
„Ja. Sie hieß eigentlich wohl anders, aber er nannte sie mit dem türkischen Namen Tschita. Ich will sie nicht beschreiben, du kennst sie ja. Mir schien es sogar, als hättest du bei diesen beiden ein wenig Vorsehung gespielt; wenigstens brachten sie dir eine sehr auffällige Zuneigung entgegen. Ich war Feuer und Flamme für diese wunderbare Tschita, durfte es mir aber nicht merken lassen, sie hatte ja einen Verlobten, und, was für mich noch weit schlimmer war – sie liebte ihn.“
„Und sogar von ganzem Herzen.“
„Das sah ich. Ich fühlte mich elend, so elend wie eine ganze Welt voll Katzenjammer. Es gefiel mir nichts mehr, es schmeckte mir nichts mehr, und es gelang mir nichts mehr. Das mußte anders werden; ich wäre sonst zugrunde gegangen. Daher ließ ich mir Urlaub geben und ging auf Reisen, wohin, das war gleich. Zunächst aber dampfte ich nach Amerika.“
Steinbach schüttelte sehr ernst den Kopf und meinte:
„Also deshalb die damalige Störung deines sonst so heiteren, selbstbewußten Wesens. Hm!“
„Ja, der von den Frauen umsonst umworbene Rittmeister Günther von Langendorff war verliebt, war liebeskrank! Lächerlich, brutal lächerlich! Na, ich glaubte, die Reise solle mich zerstreuen, hatte mich aber bedeutend geirrt. Die Liebe ist ein ganz eigenartiges Ding und nebenbei die dümmste Seelenerregung, die es nur geben kann. Ich hinkte und jammerte und klagte weiter und weiter, bis ich nach San Franzisco kam. Ich ließ mich nach dem Unionhotel fahren. Als ich die Treppe hinanstieg, kam eine die Treppe herab – Tschita.“
„Unmöglich.“
„Das sage ich mir jetzt auch. Damals aber hielt ich sie für Tschita. Eine größere und wunderbarere Ähnlichkeit habe ich noch nie gesehen. Du kannst dir denken, was passierte. ‚Diese und keine andere‘! So heißt's in Romanen und auf der Bühne, und so hieß es auch bei mir. Lache mich aus.“
„Fällt mir nicht ein.“
„Schön, so lache mich nicht aus, sondern weine um mich.“
„Auch das tue ich nicht.“
„So laß beides bleiben und tue ganz nach deinem Wohlgefallen.“
„Wie wurde es weiter?“
„Trist und immer trister. Ich begegnete ihr am Abend im Treppenzug. Es war mir, als ob ihr Auge auf mir ruhe. Ich redete sie an. Sie errötete, antwortete aber nicht. Am nächsten Morgen war sie weg.“
„Fatal.“
„Ich fand ihre Spur und reiste ihr bis Sacramento nach. Dort sah ich sie. Alle Teufel! Am nächsten Tag war sie abermals fort. Aber die Liebe ist beinahe allwissend. Ich kam noch einmal auf ihre Fährte und traf sie dann in Carson-City. Da haben wir nebeneinander im Hotel gespeist. Ein Kerl saß bei ihr, der sie bewachte, wie der Teufel die Seele. Am allerliebsten hätte ich ihn ausgehauen, aber nicht in Marmor, sondern mit der Reitpeitsche. Es gelang mir nur, heimlich um ihren Namen zu bitten.“
„Erfuhrst du ihn?“
„Ja. Sie flüsterte ihn mir zu, errötend, so lieblich, so unschuldig verlegen. Aber was half es? Am anderen Morgen war sie abermals fort!“
„Das ist Pech!“
„Dieser verdammte Kerl hat Lunte gerochen.“
„Möglich. Du hast dir doch den Namen gemerkt?“
„Besser wie meinen eigenen. Es war nur ein einfacher, bürgerlicher Name, aber er wird mir in den Ohren klingen, solange ich lebe: Magda Hauser.“
Steinbach machte eine schnelle Bewegung.
„Was hast du?“ fragte Günther.
„Nichts weiter. Ich wundere mich nur, daß es ein deutscher Name ist.“
„Das gab und gibt auch mir zu denken. Jene Tschita war auch eine Deutsche. Ich habe mich gefragt, ob es Schwestern sind. Doch das nützt ja nichts. Sie ist fort, verschwunden.“
„Hast du keine Spur gefunden?“
„Zwei für eine. Beide führten nach Süden. Da ich mich aber nicht teilen konnte, so engagierte ich einen
Weitere Kostenlose Bücher