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56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Einzelheiten dem Beobachter entgingen.
    Jetzt warf Königsau sich auf das Bett, um eine Zeit verstreichen zu lassen. Er mußte sich sagen, die die Belauschung der Angekommenen ihm jetzt noch keinen Nutzen bringen könnte. Erst nachdem eine geraume Weile vergangen war, stieg er wieder auf das Dach hinauf. Er begab sich zu dem Ventilator, welcher der Treppenöffnung am nächsten lag. Das Loch desselben war, wie bereits erwähnt, mit einer Art Spund verschlossen, den man von oben leicht entfernen konnte.
    Er zog denselben vorsichtig heraus und blickte dann durch die Öffnung hinab. Was er da erblickte, erregte seine vollste Teilnahme.
    Er sah das Schlafgemach der Geliebten unter sich. Sie lag bleich und angegriffen auf dem Bett, und ihre Mutter befand sich bei ihr. Ein Militärarzt, welcher zum Hauptquartier des Generals Drouet gehörte und auf dem Gut anwesend war, hatte auf Napoleons speziellen Befehl sich zu der Patientin begeben müssen. Er hatte die Wunde untersucht und kunstgerecht behandelt. Jetzt stand er im Begriff, sich zu entfernen.
    „Es ist nicht die mindeste Gefahr vorhanden, Madame“, sagte er in beruhigendem Ton zu Frau Richemonte. „Mademoiselle wird baldigst genesen.“
    „Ich danke Ihnen, mein Herr“, antwortete die Angeredete. „Ihre Worte gewähren mir die Beruhigung, deren wir nach der Aufregung dieses Abends so sehr bedürfen.“
    „Ja, Ruhe ist das Beste, was ich Ihnen für Mademoiselle empfehlen kann. Meiden Sie jede Aufregung. Die Verletzung ist keineswegs eine schlimme; aber bei einer Dame hat das Wundfieber immer mehr zu bedeuten, als bei einem Mann.“
    Er ging, und nun nahm die Mutter die Hand ihrer Tochter in die ihrige.
    „Mein armes Kind“, sagte sie liebevoll. „Ich bin ganz glücklich, daß die Verletzung eine so wenig gefährliche ist: die Kugel konnte dich ja sehr leicht töten; aber dennoch befinde ich mich in nichts weniger als einer ruhigen Stimmung.“
    „Meinetwegen, Mama?“ fragte Margot.
    „Ja! Natürlich!“
    „Oh, da darfst du keine Sorge haben. Du hast ja gehört, was der Arzt sagte. Meine Befürchtungen sind ganz andere.“
    „Du hast Befürchtungen? Welche denn, liebes Kind?“
    „Hugo –“, antwortete das schöne Mädchen.
    „Oh, die Baronin hat uns ja versichert, daß ihm nichts geschehen kann. Er ist so gut versteckt, daß kein Franzose ihn finden wird.“
    „Das ist es nicht, was ich meine. Aber stelle dir die unglücklichen Gedanken vor, welche ihn peinigen werden.“
    „Du meinst, er hat Angst, entdeckt zu werden?“
    Obgleich Margot sich sehr angegriffen fühlte, leuchteten ihre Augen stolz auf.
    „Angst?“ sagte sie. „Ich glaube nicht, daß Hugo jemals Angst empfinden kann. Er hat dies uns oft genug bewiesen. Er wird an den Kaiser denken.“
    „Du willst sagen, daß ihn das Interesse, welches der Kaiser für dich gezeigt hat, beunruhigen werde?“
    „Gewiß, liebe Mama. Dieses Interesse ist ein so auffälliges gewesen, daß es meine größte Besorgnis erweckt.“
    „Eine plötzliche Gefühlsaufwallung, mein Kind. Weiter nichts.“
    „Glaube dies nicht! Hugo war der Retter des Kaisers und der Marschälle. Einem Lebensretter dankt man einer momentanen Aufwallung wegen nicht in der Weise, wie es heute von seiten Napoleons gesehen ist.“
    „Mein Gott, man soll doch nicht etwa glauben, daß die Teilnahme des Kaisers eine mehr als vorübergehende, eine ernstliche ist?“
    „Ich möchte das nicht hoffen, bin aber überzeugt, daß Hugo diese Ansicht hegen wird. Und doch kann er von meiner Liebe und Treue so fest überzeugt sein.“
    Frau Richemonte blickte nachdenklich vor sich hin. Die Mutter einer schönen Tochter ist zu entschuldigen, wenn es für sie einmal einen Augenblick gibt, in welchem sie geneigt ist, auf der Grundlage dieser Schönheit ein kleines Luftschloß zu errichten.
    „Du liebst ihn also wirklich so treu und innig?“ fragte sie.
    „Ja, Mama.“
    „So, daß nichts dich in deiner Liebe beirren könnte?“
    „Gar nichts.“
    „Auch nicht der Gedanke an die Zukunft?“
    „Gerade der Gedanke an die Zukunft ist es ja, welcher meine Liebe mir als das größte Glück der Erde erscheinen läßt. Oh, Mama, dein Kind wird sehr, sehr glücklich sein.“
    Sie zog die Hand der Mutter an die Brust, welche sich bei dem Gedanken an den Geliebten wonnig hob und senkte.
    „Aber, man darf auch einmal weniger phantastisch sein, Margot“, sagte Frau Richemonte. „Das Leben ist ernst; die Prosa desselben ist weit mächtiger als die

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