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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein.“
    „Ohne dich nie!“
    „Wer fordert denn von dir, daß du ohne mich leben sollst, Martha?“
    „Die Gerechtigkeit.“
    „Liebes Kind, ich glaube, du hast dich in eine ganz falsche Anschauung hineingelebt.“
    „Nein. Ich habe viel gelitten und viel gerungen, ehe ich zur Klarheit gelangt bin. Ich werde einsam durch das Leben gehen, nicht abgeschieden zwar von andern, nicht im Kloster; Arbeit ist auch ein Gebet, und ich werde arbeiten, um – zu vergessen.“
    „Das wirst du nie können!“
    Sie senkte den Kopf. Sie gab ihm recht.
    Da ergriff er ihre Hand, hob dieselbe empor, deutete auf den Haarring und fragte:
    „Wer hat das geflochten?“
    „Ich selbst“, antwortete sie leise.
    Sie erglühte dabei im ganzen Gesicht.
    „Mit dieser Perle.“
    „Oh, die ist kostbar.“
    „Wieso?“
    „Ehe ich heimlich aus der Heimat fortging, besuchte ich die Feuerbalzerin. Sie besserte sich eine alte Haube aus, und einige Perlen fielen herab. Ich bat sie, mir eine zu schenken: Sie gab mir diese hier.“
    Er verstand sie. Seine Augen füllten sich von neuem. Von der Frau, die sie so oft durch ihren Stolz gekränkt hatte, hatte sie sich eine armselige Perle erbettelt. Das war Demut, das war Beugung des früheren Stolzes. Sie hatte in die weite Welt gehen wollen, um sich zu verbergen, und als Andenken an die Heimat eine wertlose Perle von ihrer Feindin erbettelt!
    „Wie mag sich die Feuerbalzerin gewundert haben, was du mit der Perle willst!“ sagte er.
    Sie antwortete nicht. Ihre Fingerchen aber zuckten wie hektisch gegeneinander.
    „Und das Haar, von wem ist es?“
    „Kennst du es nicht?“
    „Nein.“
    Aber er ahnte, daß es von ihm sei.
    „Es ist von der Locke, die du dir in Regensburg abschnittest“, erklärte sie.
    „Die hast du doch fortgeworfen!“
    „Nein.“
    „Ich sah es!“
    „Ich warf nur das Papier fort. Du solltest nicht denken, daß ich dich gar so lieb hätte. Das gab mein Stolz nicht zu. Aber das Haar hätte ich um keinen Preis mit weggeworfen.“
    „Du Gute!“
    Er zog sie inniger an sich.
    „Oh, wie wenig gut war ich!“ seufzte sie.
    „Du warst doch immer gut; aber die Güte durfte nicht gesehen werden. Daran warst nicht du schuld, sondern die Erziehung. Jetzt aber hat das harte Leben den Edelstein in Schliff gehabt, und nun glänzt er so hell und so rein, daß ich ihn festhalten werde, weil ich ihn keinem anderen gönne.“
    „Wirklich?“
    „Ja, um keinen Preis!“
    „Es wird ihn auch kein anderer haben, diesen Edelstein, der ganz und gar nicht echt ist.“
    „Martha!“
    „Er wird niemandem gehören. Er ist herabgefallen auf die Erde, und da mag er liegen bleiben. Einem Stein tut es doch nicht weh!“
    Ihr Köpfchen neigte sich fast bis auf die Brust herab, und er sah, daß eine Träne aus ihrem Auge in den Schoß fiel.
    „Martha, wirf diese Verzagtheit fort!“ bat er in dringendem Ton.
    „Es ist keine Verzagtheit. Es ist die kalte Beurteilung der Verhältnisse.“
    „Nein. Es ist Verzagtheit. Hat denn die Silbermartha allen Mut verloren?“
    „Max, nicht diesen Namen, ja nicht! Es tut mir so weh, wenn ich ihn höre. Nein, den Mut habe ich nicht verloren.“
    „Es scheint aber so!“
    „Grad zum Entsagen gehört der größte Mut.“
    „Aber wenn man etwas aufgibt, welches man erlangen kann, so ist das feig.“
    „Wenn man es erlangen kann, ohne daß es andern schadet, ja.“
    „Nun, wem schadet es, wenn wir uns lieben und uns dann auch gehören?“
    „Dir.“
    „Mir? O nein!“
    „O doch! Wie kann die Tochter des Zuchthäuslers dir gehören, dir, dem Reinen, dem –“
    „Martha, nicht so!“ bat er, indem er aufsprang und einige Male im Zimmer auf und ab ging. „Wenn wir uns deshalb nicht gehören können, weißt du, wer allein die Schuld daran trägt?“
    „Nun?“
    „Ich.“
    „Du? Das ist ja gar nicht möglich.“
    „Oh, es ist wirklich so.“
    „Das könntest du wohl nicht beweisen.“
    „Es ist eben so traurig, daß ich es so sehr leicht beweisen kann. Ich bin es ja, der deinen Vater auf das Zuchthaus gebracht hat.“
    „Du?“
    „Ja. Hast du denn nicht bemerkt oder erfahren, daß ich es war, der alles entdeckte, eins nach dem andern?“
    „Ja, das weiß ich.“
    „Nun, ich hatte, seit ich deinen Bruder und deinen Vater zum ersten Mal traf und von ihnen beleidigt wurde, mir vorgenommen, sie zu bestrafen. Ich bin ihnen nachgegangen auf Schritt und Tritt. Ich habe Wort gehalten und dich aber unendlich unglücklich gemacht.“
    „Ja, sehr,

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