9 Stunden Angst
die Drohung ausgesprochen, dass der Zug in die Luft gejagt wird, wenn jemand ihn zu stürmen versucht.«
»Falls der Zugriff durch eine Sondereinsatztruppe tatsächlich nicht möglich ist, müssen wir erwägen, mithilfe einer Sprengung Wasser aus dem Tunnel zu leiten.«
Howards einzige Chance, heil aus der Sache herauszukommen, bestand darin, den Kopf einzuziehen, sich streng an die Vorschriften zu halten und alles abzustreiten, wenn ihm jemand vorwarf, er habe Kenntnis von dem Angriff gehabt.
»Eine kontrollierte Sprengung ist sogar noch unwahrscheinlicher als ein Sturm auf den Zug, Ed.«
»Sie haben Tommy Dennings Internetansprache doch gehört. Er stellt keine Forderungen. Sein einziges Ziel besteht darin, zu sterben und Hunderte von Menschen mit sich in den Tod zu reißen. Selbst wenn wir noch Funkkontakt zum Zug herstellen könnten, würde es uns nicht gelingen, ihm die Sache auszureden. Daher bleibt uns gar nichts anderes übrig, als ein Loch in die Tunnelwand zu sprengen. Ich habe hier einen Experten sitzen, der das für möglich hält.«
»Ich weiß, Ed. Serina Boise hat mir davon erzählt. Dafür bekommen wir nie grünes Licht.«
»Was sollen wir sonst tun? Wollen Sie mir weismachen, dass wir über dreihundertfünfzig Menschen in diesem Zug vor die Hunde gehen lassen? Ist das Ihre Aussage?«
»Ich will Ihnen überhaupt nichts weismachen, Ed. Wir müssen weiterhin nach alternativen Lösungen suchen. Sie haben mir eine konkrete Frage gestellt, und ich muss Ihnen leider antworten, dass ein Zugriff derzeit nicht möglich ist – Sprengstoff hin oder her.« Howard wusste, dass er frustriert klang, aber es war ihm egal. Frust war in einer solchen Situation schließlich nichts Ungewöhnliches. Daraus konnte ihm Mallory keinen Strick drehen. »Hören Sie, Ed. Ich tue, was ich kann, ja? Vertrauen Sie mir. Es ist bereits eine weitere Sitzung des Krisenkomitees anberaumt, und ich werde die Angelegenheit mit allen besprechen.«
»Tun Sie das. Ach, eins noch: Wer ist Simeon Fisher?«
Die Frage war ein Schlag in die Magengrube, was sich Berriman jedoch nicht anmerken lassen durfte.
»Simon Fisher?«
»Simeon.«
»Sagt mir nichts. Warum?«
»Denning hat ihn erwähnt. ›Einer von euch‹, hat er gesagt. Was auch immer das heißen soll.«
»Nie von diesem Namen gehört. Wir reden später, Ed.«
Er beendete das Telefonat, bevor ihn Mallory in eine Diskussion über Simeon Fisher verwickeln konnte. Der Anruf hatte ihn davon abgehalten, die Tabletten mit einem Schluck Wasser hinunterzuspülen. Jetzt spürte er, wie sie langsam und schmerzhaft seine Speiseröhre hinunterrutschten. Auf seinem Schreibtisch stand eine Tasse Kaffee, die ihm sein Assistent Yates vor einer Weile gebracht hatte und die inzwischen kalt geworden war. Er nahm einen großen Schluck aus der Tasse, doch die Tabletten rührten sich nicht. Der Tag wurde immer schlimmer.
13.11 Uhr
U-Bahn-Leitstelle, St. James’s
Ed gab Mark Hooper sein Mobiltelefon zurück und berührte dabei versehentlich dessen Handgelenk. Es war feucht und zitterte. Das penetrante Aftershave des jungen Geheimdienstmitarbeiters verflüchtigte sich allmählich und machte einem leichten Schweißgeruch Platz.
»Ed, wir haben Conor Joyce gefunden«, verkündete Calvert. »Er lebt in einem Hausboot auf dem Regent’s Canal in Camden.«
Ein Teil von Ed hatte beinahe gehofft, dass sie Joyce nicht finden würden, weil er inzwischen verstorben oder nach Australien ausgewandert war. Aber nein, er wohnte keine acht Kilometer entfernt in Camden. Ed konnte diese Information entweder für seine Zwecke nutzen oder das einzig Richtige tun und sich seine verrückte Idee aus dem Kopf schlagen. Andererseits blickten unter den Straßen Londons über dreihundert Menschen dem Tod ins Auge. Wenn es eine Möglichkeit gab, sie zu retten – und sei sie noch so riskant –, war es dann nicht seine Pflicht, sie zumindest zu prüfen? Je höher das Wasser im Tunnel stieg, desto dramatischer wurde die Situation. Howard Berrimans Worte hallten in seinem Kopf nach: Weder die Stürmung des Zugs noch eine Tunnelsprengung kam für die Behörden in Frage.
Ed hatte nicht gewusst, dass Laura Massey noch im Zimmer war. Als sie nun das Wort ergriff, merkte er, dass sie ihn offenbar durchschaut hatte.
»Ed, Sie müssen jetzt abschalten und sich ein wenig entspannen. Machen Sie sich mit den anderen auf den Weg zum Leicester Square. Die Dienstwagen stehen bereits vor der Tür.«
Es brachte nichts, ihr zu
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