Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig
verdient, denn auf sein Betreiben war vorher der Kopf des Markgrafen Burchard gefallen. Ja, so geht es … Herzöge, Markgrafen … Kopf ab – so wird man sie los, wenn sie lästig werden. Ich kenne Odda und versichere Euch, dass er nicht lange zögern und es ebenso machen wird. Ihr tut mir aufrichtig leid, Herzog.“
Heinrich nahm eine Kanne vom Boden auf und goss Wein in einen Becher.
„Eine kleine Stärkung gefällig? Ihr habt sie nötig.“
Herzog Eberhard wehrte ab, ergriff dann aber doch den Becher und trank.
„Ihr redet daher“, sagte er, „als hättet Ihr nichts mehr zu befürchten. Ihr verkennt Eure und meine Lage …“
„Meine Lage ist unangenehm – Eure ist hoffnungslos“, fiel ihm der Jüngling gleich ins Wort. „Und Ihr seid Euch dessen bewusst. Weshalb erzählt Ihr mir solchen Unsinn? Ihr hättet mich retten wollen, mich schützen? Mich packt schon wieder die Lachlust. Ihr |162| hattet anderes im Sinn. Was hätte es euch schon genützt, wenn ihr Odda beseitigt hättet – und ich wäre frei gewesen? Nichts. Tammo hätte sich in Sachsen nicht durchsetzen können – und Ihr nicht im Reich. Schlecht für euch, gut für mich. Ihr hättet zwar nicht eure Ziele erreicht, aber trotzdem etwas Gutes getan: dass der Richtige auf den Thron kam. Doch das Gute wolltet ihr nicht.“
„Wir wollten …“
„Ihr langweilt mich.“
„Unser Ziel war …“
„Sprechen wir lieber darüber, was jetzt Euer Ziel ist. Ihr seid doch nur hier heraufgekommen und habt so lieblich geflötet, weil Ihr mich günstig stimmen wollt. Wofür?“
„Nun, ich habe die Absicht“, sagte Herzog Eberhard, den die frechen Reden des jungen Mannes immer unsicherer machten, „Euch, wie ich schon sagte, zu entlassen und … und in Ehren zu Euerm Bruder, dem König, zurückzuschicken … doch unter einer Bedingung …“
„Lasst hören! Lasst hören! Die Bedingung?“
„Dass Ihr Euerm Bruder die Wahrheit sagt.“
„Ihr habt Euch versprochen. Ihr meint die Unwahrheit.“
„So lasst mich doch ausreden!“, fuhr Herzog Eberhard auf. „Ich erlaube Euch heute noch zu gehen, doch müsst Ihr mir schwören …“
„Euch als Fürsprech bei meinem Bruder, dem König, herauszuhauen?“
„Wenn … wenn Ihr es so nennen wollt …“
„
Ein
Fürsprech genügt Euch also nicht.“
„Wie meint Ihr das?“
„Ihr habt doch schon einen. Den Erzbischof Friedrich.“
„Ihr wisst …?“
„Dass er heute hier ankam? Ich hörte davon.“
„Auch das hat man Euch … War das der Wächter, der …?“
„Die Kleine war es, die mir das Essen brachte und Euch noch den Anblick ihres netten Hinterteils gönnte. Sie sagte, da sei ein alter Griesgram gekommen, glatzköpfig, mit einem goldenen Kreuz auf der Brust. Den traf ich schon oft bei meiner Mutter.“
„Nun, der ehrwürdige Vater ist der Meinung …“
„Dass wir zweistimmig singen sollten … zu Eurer Rettung? Das könnte ein misstönender Gesang werden.“
|163| „Wie meint Ihr das?“
„Weil wir Odda mit falschen Tönen betören müssten. Mit einem Lied, in dem Eure Untaten, Eure Lügen, Euer Verrat nicht vorkommen. Erzbischof Friedrich mag das nicht schwerfallen. Er würde belohnt für solchen Gesang. Würde Euch als Herzog von Franken behalten und Euch künftig fest in der Hand haben. Was aber hätte ich davon?“
„Ich werde mich meine Dankbarkeit etwas kosten lassen“, sagte Herzog Eberhard mit Überwindung, da er einsah, dass seine windigen Rechtfertigungen nicht verfingen und es nun ans Bezahlen ging. „Meine Schatzkammer steht Euch offen.“
„Zu großmütig!“, rief Heinrich. „Und was werde ich dort finden? Vielleicht meine eigenen Schätze, die ihr mir in Belecke gestohlen habt?“
„Damit hatte ich nichts zu schaffen!“, rief der Herzog entrüstet. „Das waren nur Thankmars Leute, nicht meine!“
„Dann haben die Männer auf Eurer Burg Laer nur Spaß gemacht, als sie mir höhnisch ihre in Belecke geraubten Schwerter und Dolche zeigten. Aber machen wir endlich Ernst, Herzog. Und nichts von Gold und Silber, damit könnt Ihr Eure Verbrechen und Eure Schande nicht wiedergutmachen. Wenn Eure Bedingung ist, dass ich für Euch bei meinem Bruder den Fürsprecher mache, so bin ich dazu bereit. Doch ich stelle dazu nicht eine, sondern zwei Bedingungen.“
Der Herzog holte tief Luft, um noch einmal gegen die beleidigenden Anschuldigungen aufzubegehren. Doch er sah ein, dass es sinnlos war.
„Und welches sind Eure zwei Bedingungen?“
„Die erste:
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