Abgründe (German Edition)
in den Wohnwagen.
»Was?«
Ethan knallte die Tür zu und lehnte sich dagegen. »Ich kann da jetzt nicht raus.«
»Natürlich kannst du!« Sie wollte die Tür aufreißen, aber Ethan lehnte zu schwer dagegen.
»Du verstehst nicht. Da draußen sind zwei meiner Kollegen. Wenn die mich hier sehen, dann kriegen sie uns beide dran.«
Talisha blinzelte verwirrt, dann verstand sie und eilte zum Fenster, um durch die vergilbten Gardinen nach draußen zu spähen.
»Die beide Kerle in schwarz?«
»Nein, die in den halterlosen Strümpfen und den Miniröcken daneben.« Ethan trat neben sie. »Die beiden Kerle in den dunklen Klamotten sind Polizisten, okay? Ich weiß nicht, warum sie hier sind, aber wenn sie uns erwischen, dann-«
»Kriegen wir beide einen dran, ich weiß , Ethan. Dann bleibst du eben noch.« Sie schien unbeeindruckt. Es war keine Seltenheit, dass Polizeibeamte die Mädchen hier besuchten. Beruflich oder privat.
Talisha schlenderte zum Bett und begann, das Chaos zu beseitigen. Ethan blieb weiter am Fenster und hoffte, dass Dewey und Mason ihn aus dem Winkel, in dem sie zum Wohnwagen standen, nicht sehen konnten und er seinen Wagen weit genug von hier geparkt hatte, als dass sie daran vorbei kommen würden. Er fragte sich, was sie hier zu suchen hatten. Zu dumm, dass er nicht einfach raus laufen und sie zur Rede stellen konnte. Eins stand jedoch fest: Die beiden schienen es auf ein Mädchen besonders abgesehen zu haben und das war ausgerechnet Cara-Mia. Sie hatte die fliederfarbene Perücke gegen eine schwarze getauscht, doch er erkannte sie. Sie schien sich furchtbar aufzuregen. Mason hatte alle Mühe, ihre dünnen Arme festzuhalten, mit denen sie immer wieder gegen seine Brust schlagen wollte. Sie kreischte unverständliche Worte und fühlte sich scheinbar ungerecht behandelt. So kannte Ethan sie gar nicht.
»Cara.« Ethan hatte gar nicht bemerkt, dass Talisha hinter ihn getreten war. »Sicher hat sie wieder Mist gebaut. Dauernd kommen irgendwelche Bullen wegen ihr her. Sie nehmen sie mit und bringen sie eine Stunde später wieder zurück. Scheinbar hat sie so ihre Mittel, sich mit euch Cops zu einigen.« Neid schwang in ihrer Stimme mit und Ethan erinnerte sich daran, dass Cara-Mia ihm einst von dem harten Konkurrenzkampf unter den Mädchen erzählt hatte.
»Wie schade für die Kleine.« Der Spott in Talishas Stimme war beißend. »Deine zwei Freunde kassieren sie ein.«
-42-
Ethan hatte sich beeilt, zurück zum Revier zu kommen. Irgendetwas musste geschehen sein, während er mit Talisha beschäftigt gewesen war. Dewey und Mason hatten mehrfach versucht, ihn auf seinem Handy zu erreichen, doch er hatte den Ton ausgeschaltet, bevor er den Wohnwagen betreten hatte. Er hastete durch den Flur in Richtung seines Büros, wo Mason schon auf ihn wartete. Er lehnte im Türrahmen und trank Wasser aus einem trichterförmigen Pappbecher. Über seine linke Wange verlief eine tiefe, rote Kratzspur, die zweifelsfrei von Cara-Mias langen Krallen stammen musste. Ethan öffnete den obersten Hemdknopf und verlangsamte seine Schritte ein wenig.
»Hayes«, stellte Mason fest und löste sich träge aus dem Türrahmen. Um die Achseln herum zeichneten sich auf seinem grauen Hemd dunkle Schweißflecken ab.
»Was gibt’s?« Ethan tat sein Bestes, um nicht wie ein Cop herüberzukommen, der von seinen Kollegen beinahe bei illegalem Sex erwischt worden wäre.
»Donovan hat nach dem Ergebnis der Exhumierung ein wenig im Leben der Jaidens gestöbert. Die Nachbarin konnte ihm sagen, dass Mister Jaiden wohl ein kleine Schwäche hatte.«
»Ach ja?« Ethan tat, als sei er ahnungslos. Er hoffte, dass er nicht errötete.
»Ja. Er hat seine Frau regelmäßig mit Prostituierten betrogen. Die rüstige Lady ist ihm eines Abends zum Poker spielen gefolgt und hat es herausgefunden. Zumindest hat sie ihrer Nachbarin die Geschichte so erzählt.« Mason zog eine Tüte Skittles aus der Hosentasche und ließ sich ein paar davon in die Hand fallen. »Und dann hat sie ihm augenscheinlich verziehen.«
»Und unaugenscheinlich hat sie ihn mit Arsen vergiftet.«
»Ganz genau.«
»Damit haben wir ein Motiv für einen Mord, der nicht mehr bestraft werden kann.«
»Korrekt. Aber jetzt wird es erst richtig interessant: Auch Sean Johnsonn stattet Jaidens Lieblingsprostituierter regelmäßig einen Besuch ab.«
Ethan sah überrascht auf. Offensichtlich hatte er Sean Johnsonn falsch eingeschätzt – nämlich treu. Auf eine gewisse Weise
Weitere Kostenlose Bücher