AC/DC - Maximum Rock N Roll
ebenso wie über die Dokumentation, die Russell Mulcahy während der Giant Dose -Tour gedreht hatte. Beide Projekte wurden verworfen.
Am 21. März, als die Großbritannien-Tour gerade zu Ende ging, erschienen in Australien das Album Let There Be Rock und die Single »Dog Eat Dog«, mit der B-Seite »Carry Me Home«, Bons erschütternder Vision von einem Selbstmord durch Alkohol, die während der Vineyard-Sessions entstanden war. Das Album verkaufte sich nicht ganz so gut wie TNT oder Dirty Deeds , aber darauf kam es auch nicht an.
Wichtig war vielmehr, dass das Album die völlige Runderneuerung AC/DCs und eine entscheidende Weiterentwicklung ihres Sounds darstellte. Man konnte die durchschmorenden Röhren in den Verstärkern geradezu riechen. Das grobkörnige Schwarz-weiß-Cover war wie ein Verweis auf das weiße Marshall-Logo auf der schwarzen Lautsprecherverkleidung.
Für Angus war das Album das gitarrenlastige Äquivalent zu den wilden Aufnahmen, die Little Richard in den 1950er-Jahren für das Speciality-Label abgeliefert hatte. Auf der ganzen Platte spielte er so, dass man seine Technik wohl am ehesten mit dem Begriff »Klangflächen« beschreiben konnte, die Saxophon-Legende John Coltrane geprägt hatte. Er verwischte viele Noten durch die hohe Geschwindigkeit, mit der er spielte.
Zum ersten Mal wurden Frauen aus der Realität in Bons Texten namentlich erwähnt. Zum Beispiel Ruby, die eigentlich Wendy hieß, aber von Ted Mulry den Spitznamen »Ruby Lips« bekommen hatte. Sie tauchte in den Anfangszeilen von »Go Down« auf. Die Band hatte 1976 nach ihrem Auftritt beim Moomba Festival in Melbourne ihre Bekanntschaft gemacht.
Dann war da noch die legendäre rothaarige Tasmanierin Rosie. Bon erzählte von ihrer Eroberung in »Whole Lotta Rosie«, das stark von »Sixteen Tons« von Tennessee Ernie Ford beeinflusst war.
Angus: »Malcolm hatte ein Gitarrenriff und George meinte: ›Wieso probieren wir nicht mal – so als kleines Experiment -, diese Breaks vorn in den Song einzubauen?‹ Malcolm und Bon mochten den alten Elvis-Song immer schon – diesen Blues, den er ganz zu Anfang seiner Karriere einspielte, ›Misery‹ oder so was.«
Malcolm: »Wir waren große Fans des frühen Rock’n’Roll, von Elvis’ ›Heartbreak Hotel‹ zum Beispiel. Wir standen auf Songs mit plötzlichen Pausen. Bei ›Whole Lotta Rosie‹ waren wir auf der Suche nach einem Feeling, wie Little Richard es hatte: beinharter Rock’n’ Roll, den wir mit fetten Gitarren versehen wollten. Der Song entwickelte sich in diese Richtung. Wir wollten diesen aufregenden Vibe, der den Sachen entsprach, die wir hörten. Der Song hat eine ganz einfache Struktur. Aber gerade deshalb ist er heute noch ein Klassiker.«
Glücklicherweise tauchte kein echter Name in dem blueslastigen »Crabsody In Blue« auf, dessen Titel mit einem Wortspiel auf ähnliche Krankheitserreger Bezug nahm wie »The Jack«. Die »crabs« in »Crabsody« waren kleine Filzläuse, die für das fiese Jucken im Schambereich verantwortlich und damals weit verbreitet waren, da viele Bands sich von ein und derselben Gruppe von Ladys auf ihren Reisen über Heimweh hinweghelfen ließen.
Dass sich die Stimmung in Australien für die Band noch immer nicht geändert hatte, bewies die Sydneyer Zeitung The Sun , die Let There Be Rock die Schulnote D – »ausreichend« – verpasste und die Rezension mit »Furchtbar langweilig« überschrieb.
Aber die Platte verlieh AC/DC auf alle Fälle den Status einer Albumband, zu denen man ansonsten Gruppen wie die Stones, The Who oder Led Zeppelin zählte. Die Comicbilder mit Blitzen und Explosionen, die den Bandnamen zuvor illustriert hatten, waren nun Geschichte. Ebenso die überdeutlichen Verweise auf Angus’ Schuljungenimage. Stattdessen fuhr man eine neue Strategie. Die Livefotos im Innencover zeigten Angus entweder mit nackter Brust oder in einem gestreiften T-Shirt.
Chris Gilbey: »Nach dem ersten und zweiten Album wollten wir von dieser Comicnummer weg und uns zu einer ernsthaften Band entwickeln. Auch wenn ich es damals bestimmt nicht so ausgedrückt hätte.«
Wie schon bei Dirty Deeds war die Band in Übersee, als Let There Be Rock erschien. So musste das Coverdesign in ihrer Abwesenheit erstellt werden. Daher schlug die Stunde des Engländers Chris Turner, der damals gelegentlich bei Rose Tattoo spielte. In den 1960ern hatte er sich des Öfteren Bühne und Ausrüstung mit Steve Marriott und einem gewissen David Jones geteilt,
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