AC/DC - Maximum Rock N Roll
backstage gerade in eine Flasche, als der elegante Atlantic-Chef eintrat.
Es war jedoch Angus’ brillantes Gitarrenspiel, das Erteguns Aufmerksamkeit erregte. Angus berichtete später, dass der Boss ihn viele Jahre lang immer wieder darauf ansprach, ob er nicht ein Blues-Soloalbum aufnehmen wolle.
Damals hatte Browning allerdings immer noch den Eindruck, dass Atlantic überhaupt keine Ahnung hatte, was sie mit AC/DC anstellen sollten.
»Ehrlich gesagt, ich glaube, die Amis begriffen gar nicht, welches Potenzial in AC/DC steckte. Lediglich Phil Carson in London glaubte an sie. Er setzte sich sehr für die Band ein.«
Welche Einstellung bei den Marketingmeetings von Atlantic auch vorherrschten, AC/DC reisten in dem Wissen wieder ab, dass sie in New York großen Eindruck hinterlassen hatten. Sie waren fest entschlossen, sich in dem Markt durchzusetzen, der von Softrockern wie den Eagles, Fleetwood Mac und auch von ihren australischen Kollegen von der Little River Band beherrscht wurde.
Auch abseits der Musik taten sie alles, um dafür zu sorgen, dass sie niemand mit Bands dieser Art in Verbindung brachte. Bei einem Gig erhielten sie mehrere tausend Dollar extra, nur damit Angus seine Hosen anbehielt und Bon keine Kraftausdrücke benutzte.
Als Nächstes stand Los Angeles auf dem Programm. Angus stellte erneut entsetzt fest, dass es immer noch Leute gab, die seine endlose Energie auf der Bühne auf den Gebrauch von Drogen zurückführten.
Damals war auch Bob Daisley in der Stadt. Er kannte Bon aus der Zeit, als sie beide in den Sechzigern und frühen Siebzigern durch Australien getourt waren. In der Zwischenzeit war er bei Ritchie Blackmore als Bassist von Rainbow eingestiegen.
Bob Daisley: »Ich übernachtete im Sunset Marquis in West Hollywood. Wir saßen am Pool, es war ziemlich warm, und Bon meinte, er hätte Lust auf ein Bier. Ich gab ihm die Schlüssel zu meinem Zimmer und sagte, er solle sich eins holen. Ein bisschen später kam er mit einer kalten Dose zurück und sah gleich viel entspannter aus. Als ich später wieder auf mein Zimmer ging, lachte ich mich fast kaputt. Er hatte oben auf die Minibar einen Dollar gelegt! So war er eben – sehr höflich und nett.«
Ab dem 29. August hatten AC/DC ein dreitägiges Engagement im Whiskey auf dem Sunset Strip in West Hollywood. Ähnlich wie das Londoner Marquee war auch das Whiskey ein legendärer Rockclub, in dem bereits die Doors, Byrds und Velvet Underground, aber auch britische Legenden wie die Stones, The Who oder Kinks aufgetreten waren.
Drei Tage waren eine ziemliche Herausforderung, insbesondere, weil die Radiosender in LA sich bis dato nicht besonders für die Band interessiert hatten. Auch wenn die Gigs nicht sonderlich gut besucht waren – einer Schätzung zufolge verirrten sich am ersten Abend gerade mal achtzig Zuschauer in den Club -, waren trotzdem viele hochkarätige Rockstars unter den Gästen, wie etwa Iggy Pop oder Steven Tyler von Aerosmith. Hinsichtlich der geschäftlichen Entwicklung war besonders die Anwesenheit von Gene Simmons von Kiss interessant. Simmons war von dem, was er sah, höchst beeindruckt.
Gene Simmons: »Es war so, als ob man eine Armee von Soldaten über den Kamm eines Hügels kommen sieht. Nichts ruft weniger Angst hervor, als wenn diese Soldaten in Reih und Glied marschieren und in ihren Gesichtern keine Gefühlsregung zu lesen ist. Aber wenn man Soldaten sieht, die nicht geordnet vorrücken, sondern die ausflippen, sich wie Barbaren auf die Brust trommeln und den Abhang hinunterstürmen – dann läuft es einem kalt über den Rücken. Dann denkt man: ›Ach du Scheiße, die machen Ernst!‹ Wenn man diese Barbaren sieht, dann denkt man nur: ›Au weia! Weg hier!‹«
Simmons kam nach dem Konzert hinter die Bühne und lud Angus in ein 24-Stunden-Restaurant von Denny’s ein.
»Wir saßen da und redeten. Ich erklärte: ›Ihr werdet es schaffen, eure Band wird durchstarten, und ich möchte daran beteiligt sein. Was hältst du davon, wenn wir euch mit auf Tour nehmen.‹«
Nachdem sie die Show von Kiss im Vorjahr im Hammersmith Odeon in London erlebt hatten, wussten AC/DC genau, was das Angebot von Simmons bedeutete: Ein riesiges, enthusiastisches Publikum, das auf laute, harte Musik abfährt – und das alles in Amerika.
Backstage im Whiskey: Bon bewundert Iggy Pops bemalten Körper – Los Angeles, 1977.
Im Whiskey benutzte Bon erstmals ein drahtloses Mikrofon. Sein Erfinder Kenny Shaffer war ebenfalls beim
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